NBA:Zurück im La La Land

Golden State Warriors at Los Angeles Lakers

Trotz der Niederlage gegen ein aktuelles Topteam: Die L.A. Lakers mit Timofey Mozgov (Nr. 20), hier gegen Golden States' Kevin Durant, sind auf dem Weg zurück zu alter Stärke.

(Foto: Paul Buck/dpa)

Die Erfolglosigkeit der Lakers scheint nach dem Karriereende von Bryant langsam zu schwinden.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es ist ganz schön was los an diesem Freitagabend im Stadtzentrum von Los Angeles. Matthew McConaughey, Reese Witherspoon und Scarlett Johansson sind zur Vorführung des Films Sing gekommen, ein paar Meter weiter nördlich gibt es eine Party mit Lauren Graham, Alexis Bledel anlässlich der Neuauflage der Fernsehserie Gilmore Girls. Und im Staples Center treten Stephen Curry, Kevin Durant und Klay Thompson auf. Die sind Mitglieder des derzeit spektakulärsten Basketballvereins der Welt, sie spielen bei den Golden State Warriors. Der Gegner an diesem Abend: die Los Angeles Lakers, der spektakulärste Basketballverein der Geschichte.

Auf dem Star Plaza vor dieser Arena, die sie in Los Angeles ganz unbescheiden "Sports and Entertainment Capital of the World" nennen, sind bronzene Abbilder von ehemaligen Lakers-Spielern zu bestaunen, die jeder Basketballfan anhand des Vor- oder Spitznamens identifizieren kann: Magic, Kareem und Jerry. Es kommen bald zwei hinzu, bei denen ebenfalls kein Nachname nötig ist: Shaq und Kobe. Die Lakers verkörpern wie kaum ein anderer Verein die Verbindung von Sport and Spektakel, es ist bestimmt kein Zufall, dass die Spieler-Umkleide gegenüber von der Kabine der Laker Girls liegt - jenen Tänzerinnen, die nicht nur aufgrund einer eigenen Fernsehserie ein fester Bestandteil der amerikanischen Popkultur und Träumereien sind. Nicht umsonst wird das nahe liegende Hollywood gerne La La Land genannt.

Eine Ahnengalerie, die erdrückt

Wer vor dem Spiel ein wenig durch diese Arena spaziert, der bemerkt recht schnell, dass die Geschichte einen hier erdrückt. Überall hängen Fotos weiterer grandioser Lakers-Spieler (James Worthy, Wilt Chamberlain, Jerry Buss, Elgin Baylor), unter dem Hallendach erinnern 16 Flaggen an jede einzelne Meisterschaft, bei der Vorstellung der Spieler betont der Stadionsprecher noch einmal, dass es sich hier um den Verein mit den meisten Siegen in der Geschichte der nordamerikanischen Basketballliga NBA handelt. Der Stadtrivale Clippers, der seine Heimspiele ebenfalls in dieser Halle austrägt, wird auch deshalb belächelt, weil es noch immer kein Meisterschaftsbanner gibt.

Genau das war in den vergangenen fünf Jahren jedoch das Problem der Lakers: Sie sind keine Attraktion mehr. In New York, da gehen die Fans der Knicks auch zum Hassgucken in den Madison Square Garden und beschweren sich danach, wie schlimm das mal wieder gewesen ist. Kein Angeleno würde sich über die Lakers beschweren, er macht etwas viel Schlimmeres: Er interessiert sich nicht mehr für diesen Verein. Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, das Gegenteil von Liebe ist Gleichgültigkeit.

Es gibt ja tatsächlich andere Dinge zu tun in dieser Stadt, es müssen noch nicht mal Premieren oder Partys sein. Es gibt die Clippers, die Kings und die Ducks (Eishockey), die Dodgers und die Angels (Baseball), einen Profi-Footballverein (Rams) haben sie seit dieser Saison auch wieder, die Spiele der Colleges USC (im Memorial Colosseum) und UCLA (im Rose Bowl) sind seit Jahrzehnten ausverkauft. Die wichtigste Regel in dieser Stadt an der Westküste: Wer nicht auffällt, der wird ignoriert.

Ein interessantes Team, ein noch interessanterer Trainer

Das Staples Center ist ausverkauft an diesem Freitagabend. Das liegt natürlich auch an den Warriors, es liegt aber auch an den Lakers. Die haben in der ersten Spielzeit nach dem Karriereende von Kobe Bryant - der aufgrund eines aufgeblähten Vertrages und eines noch aufgeblähteren Egos die Verpflichtung anderer talentierter Spieler wie Carmelo Anthony oder LaMarcus Aldrige verhindert hat - einen interessanten Kader mit zahlreichen jungen Akteuren wie Julius Randle, D'Angelo Russell, Jordan Clarkson und Brandon Ingram zusammengestellt, dem ein noch interessanterer Trainer voransteht.

"Die Geschichte dieses Vereins ist omnipräsent", sagt Luke Walton vor dem Spiel am Freitag: "Selbst in der Trainingshalle hängen die Bilder all dieser großartigen Akteure, die mal hier aktiv waren." Walton hat selbst neun Jahre lang bei den Lakers gespielt und dabei zwei Mal den Titel (2009, 2010) gewonnen. Vor zwei Jahren wurde er als Co-Trainer mit den Warriors Meister, in der vergangenen Saison vertrat er Cheftrainer Steve Kerr und schaffte eine Bilanz von 39:4. Nun soll er die Lakers wieder interessant werden lassen für die Menschen in Los Angeles: "Das geht nicht von heute auf morgen", sagt er, "aber die Spieler merken, dass wir ihnen vertrauen."

Auch Denzel Washington ist angetan

Die jungen Lakers sind natürlich kein Titelkandidat, die junge Mannschaft jedoch präsentiert einen schnellen und teilweise auch spektakulären Basketball, es gab in dieser Saison bereits Siege gegen die Warriors, Oklahoma City Thunder oder die Atlanta Hawks. Vor der Partie am Freitagabend war die Bilanz (8:8) ausgeglichen, was derzeit für einen Platz in den Playoffs reichen würde. Es gibt bereits Gerüchte, dass sich der Verein noch in dieser Spielzeit um prägende Akteure bemühen könnte, doch Walton sagt: "Es geht nicht darum, auf Teufel komm raus besser zu werden, sondern tatsächlich etwas aufzubauen."

Das bedeutet: Der selbst erst 36 Jahre alte Walton führt die jungen Spieler an eine NBA-Karriere und an eine Laufbahn bei den Lakers heran, in den kommenden drei Sommerpausen, in denen die Gehaltsobergrenze aufgrund neuer Fernsehverträge erneut steigen wird, dürfte sich der Verein um weitere Akteure für eine neue Showtime-Ära bemühen. Es heißt, dass die in Los Angeles geborenen Akteure Kevin Love (derzeit Cleveland Cavaliers), Russell Westbrook (Oklahoma City Thunder) und Klay Thompson (Warriors) einem Wechsel zumindest nicht abgeneigt wären. Die Lakers scheinen wieder ein attraktiver Verein für die Superstars dieser Liga zu werden.

Die Lakers verloren am Freitagabend übrigens mit 85:109 - auch deshalb, weil die drei Stammspieler Randle, Young und Russell verletzt fehlten. Trotzdem war es eine muntere Partie. Auch der Schauspieler Denzel Washington, der anders als etwa Jack Nicholson kein Hardcore-Fan ist, war angetan. "Mir gefällt, wie sich die Mannschaft entwickelt." Die Zuschauer fühlen sich bei den Partien der Lakers wieder bestens unterhalten - und nichts anderes zählt in dieser Stadt.

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