NBA-Finals:Ein Basketballspiel wie ein Boxkampf

NBA Finals Golden State Toronto

Torontos Kyle Lowry (l.) beim Pass, neben Golden-State-Profi Klay Thompson.

(Foto: USA TODAY Sports)
  • Die Golden State Warriors gewinnen das fünfte Duell in den NBA-Finals gegen Toronto und verkürzen damit auf 2:3 nach Partien.
  • Der zuletzt verletzt fehlende Kevin Durant spielt wieder mit - muss dann aber mit einer Verletzung an der Achillessehne vom Feld.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Kevin Durant spielte, er war im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte - allerdings nur bis zur dritten Minute des zweiten Viertels, dann musste der Flügelspieler der Golden State Warriors die fünfte Partie der NBA-Finalserie gegen die Toronto Raptors verlassen. Zuletzt hatte ihn die rechte Wade neun Spiele lang zum Zuschauer werden lassen. Der Zustand dieser Wade wurde zuletzt so intensiv debattiert wie die Defensiv-Schachzüge von Raptors-Trainer Nick Nurse oder das Geschimpfe von Warriors-Spieler Draymond Green über Entscheidungen der Schiedsrichter. Nun plagte Durant eine Verletzung an der rechten Achillessehne, an diesem Dienstag soll eine MRT-Untersuchung erfolgen.

Es lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass diese Partie mit Durant auf dem Parkett nicht so verlaufen wäre, wie sie verlaufen ist. Die Warriors gewannen 106:105, doch war dieses Spiel noch packender und spannender, als es das Ergebnis schon vermuten lässt. Es war eine Schlacht epischen Ausmaßes, mit Comebacks beider Mannschaften, und natürlich wurde sie erst in letzter Sekunde entschieden: Die Raptors hatten noch einen Angriff, und sie hatten mehr als 15 Sekunden Zeit. Fred van Fleet passte zu Kawhi Leonard, zurück zu van Fleet, der in der Ecke den von Marc Gasol herrlich freigesperrten Scharfschützen Kyle Lowry fand. Besser kann man den, von dem man sich einen Versuch in letzter Sekunde wünscht, nicht offen spielen. Doch Lowry - so sah es zunächst aus - warf geradezu grotesk weit daneben. In Wahrheit berührte Warriors-Spieler Draymond Green den Ball bei seinem Block noch minimal mit dem Fingerspitzen und lenkte ihn entscheidend ab.

"Ich bin gerade ziemlich aufgewühlt", sagte Steph Curry, der andere Top-Spieler der Warriors, danach: "Das war nicht besonders schön in der zweiten Halbzeit, aber wir haben irgendwie eine Lösung gefunden." Er hatte 31 Punkte erzielt und mal wieder eine Laufstrecke in Nähe der Marathondistanz hingelegt, sein Blick nach der Partie verriet, dass er mittlerweile schon auf den Kieferknochen geht, weil kein Zahnfleisch mehr übrig ist: "Ich muss jetzt zusehen, dass ich meine Beine bis zum nächsten Spiel wieder einigermaßen hinbekomme - aber es hilft ja nichts: Das wird nun ein Duell mit offenem Visier." Die sechste Partie findet am Donnerstag in Oakland statt - sollten die Warriors gewinnen, kommt es zum Entscheidungsspiel am Sonntag.

Jeder Versuch, diese fünfte Partie taktisch zu analysieren, muss wohl scheitern - weil jede Erklärung mit weniger Seiten als eine Doktorarbeit unzureichend wäre. Zum Beispiel die letzten beiden Minuten in einem Hätte-wäre-könnte-Szenario, wenn also dieser letzte Wurf von Lowry in den Korb geplumpst wäre: Man müsste debattieren über das Goaltending und das unnötige Foul von Warriors-Center DeMarcus Cousins sowie den grotesken Ballverlust von Green. Nun, weil der Ball am Korb vorbeigesegelt ist, könnte man über den schrecklichen Pass von Lowry reden, oder die herrlichen Spielzüge vor den beiden erfolgreichen Drei-Punkte-Würfen von Curry und Klay Thompson.

Noch einmal: Das sind nur Situationen aus den letzten beiden der 48 Minuten, die diese Partie gedauert hat.

In den Finals stehen sich zwei Mannschaften gegenüber, die aufgrund detaillierter Analyse so gut wie alles übereinander wissen. Die meisten Akteure sind nach einer Saison mit mehr als 100 Spielen ausgelaugt, niemand läuft ohne Bandage, Tape oder Pflaster übers Parkett. Die zweite Halbzeit dieser fünften Partie wirkte weniger wie ein filigranes Basketballspiel denn wie ein Boxkampf, bei dem die angeschlagenen Kontrahenten keine Kraft mehr haben für Beinarbeit, Balance oder Deckung - und deshalb wild aufeinander einprügeln in der Hoffnung, dass der andere doch bitteschön eher umfallen möge als man selbst.

Diese Serie hätte mit diesem einen Wurf am Ende der fünften Partie beendet sein können - nun ist zu sagen: Sie hat gerade erst begonnen.

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