Süddeutsche Zeitung

Dennis Schröder in den NBA-Playoffs:Gescheitert am Rauschebart

Lesezeit: 2 min

Dennis Schröder und Oklahoma City Thunder verlieren in einem Thriller das entscheidende Spiel der Erstrundenserie gegen Houston - und blicken auf eine aufwühlende Saison zurück.

Von Jonas Beckenkamp

Mit dem Wörtchen "ausgerechnet" gebührt sich Sparsamkeit, aber wie soll man es anders beschreiben, was sich in den NBA-Playoffs in dieser Nacht in Disneyworld zutrug? James Harden, der personifizierte Rauschebart des Basketballs, verpasste dem alles entscheidenden Spiel sieben der Erstrundenserie seiner Houston Rockets mit den Oklahoma City Thunder die finale Wendung. Der Mann, der offensiv alles kann, den Gegnern hinten aber gerne Freifahrt gewährt, trat diesmal als Abwehrkrake in Erscheinung. Er blockte einen Dreierversuch von Oklahomas Lu Dort in den letzten Sekunden, so dass Houston ein 104:102 ins Ziel rettete.

Harden als Matchwinner mit einer Defensivaktion, diese Pointe besiegelte das Aus für Dennis Schröder und seine Thunder, die zuvor mehrere Chancen liegen gelassen hatten, das Duell in ihre Richtung zu kippen. Es war der Schlussakt einer hektischen Aufführung beider Teams, bei der auch Schröder seine Schwierigkeiten hatte. Zwölf Punkte, sechs Rebounds und fünf Zuspiele konnte er verbuchen, aber seine Würfe segelten zu oft daneben. Der Braunschweiger hatte insbesondere in der Mitte der Serie große Momente, aber diesmal raubte Oklahomas wilder Angriff auch seinem Spiel die Präzision.

"Wir haben hart gekämpft das ganze Jahr. Viele Leute hatten Zweifel, aber wir haben an uns geglaubt. Das ist eine ganz bittere Pleite", sagte Thunder-Regisseur Chris Paul, mit einem Triple Double (19 Zähler, 11 Rebounds, 12 Assists) erneut bestimmender Akteur. Tatsächlich hatte vor der Saison kaum jemand mit den neu zusammengewürfelten Thunder gerechnet. Die schlauen Analysten von ESPN etwa räumten ihnen weniger als 0,2 Prozent Playoff-Chancen ein.

Schröder von der Bank ein Gewinn

Ein Team mit Talent, aber ohne klare Struktur, so der Eindruck - doch angeführt vom Altmeister Paul fanden die vielen Neuen immer besser zusammen. Unter dem Korb wühlte wie eh und je der neuseeländische Kleiderschrank Steven Adams, auf dem Flügel entwickelte sich mit Shai Gilgeous-Alexander ein junger Kanadier prächtig und mit Danilo Gallinari blieb ein oft Verletzter weitgehend gesund. Dennis Schröder, der fast durchweg überzeugen konnte, freundete sich sogar mit der Rolle als Bankspieler an. Zurecht gilt er als ernsthafter Anwärter auf den Titel des besten sechsten Mannes der NBA.

Doch die Partien gegen Houston lenkten den Blick auch auf die Schwachpunkte der Thunder. Der Kader besteht größtenteils aus Kämpfern und Improvisationskünstlern, es hapert aber bei Wurfauswahl und Zielsicherheit. Außer Paul, Gallinari und Überraschungsmann Lu Dort (30 Punkte in der letzten Partie) trifft kaum ein Profi verlässlich aus der Distanz, was die Offensive arg limitiert. Zudem leistete man sich speziell als es drauf ankam ungewohnte 22 Ballverluste. "Das nehme ich auf meine Kappe", erklärte Paul, der sonst ein umsichtiger Taktgeber ist. Doch auch er blieb eben diesmal nicht frei von Fehlern, als er in der Schlussphase schluderte.

So endete für Oklahoma eine aufwühlende Saison mit dem Gefühl, dass mehr drin war gegen den Favoriten aus Houston. "Es tut natürlich weh, dass es jetzt so abrupt vorbei geht", fand Trainer Billy Donovan, der aber auch Positives sah: "Alle meine Spieler haben sich hier voll reingehängt. Es war eine Freude, diese unglaublich gute Mannschaft zu coachen." Und auch für Schröder gibt es Trost: Er kann nun endlich zu seinem neugeborenen Sohn. Ihn hatte er bisher nur kurz nach der Geburt gesehen, als er die coronabedingte NBA-Bubble in Florida für einige Tage verlassen hatte.

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