Sie hatten eine Heidenangst gehabt bei den Dallas Mavericks vor Beginn der Playoffs. Ja, schon auch wegen dieser Verletzung von Luca Doncic, aber eben auch wegen der Wurfkrise von Kollege Maxi Kleber, die Ausmaße einer biblischen Plage angenommen hatte. Der eine fehlte, der andere warf dauernd daneben - sie fürchteten das Schlimmste im US-Bundesstaat Texas: das Aus in der ersten Runde gegen Utah Jazz. Was seitdem passiert, würde man in der Bibel wohl als göttliche Fügung bezeichnen: Kleber traf plötzlich wieder, statt 32 Prozent versenkte er die Hälfte seiner Drei-Punkt-Versuche, statt sieben schaffte er 11,5 Punkte pro Partie.
Die Mavericks räumten, auch wegen der Rückkehr des starken Doncic, Utah aus dem Weg, und seitdem gestalteten sie die Serie gegen die Phoenix Suns, das erfolgreichste Team der regulären Saison und der große Titelfavorit, ausgeglichen. Nach vier Spielen stand es 2:2 - vor allem wegen Kleber, weil Doncic für seine Spielweise treffsichere Kollegen braucht.

Der typische Mavericks-Spielzug sieht so aus: Doncic überwacht die Offensive wie der Kapitän eines Segelschiffs, der auf perfekten Wind wartet. Es ist oft Kleber, der ihm den Weg freiblockt und sich dann in Position bringt. Wissen die Gegner, dass Kleber ja sowieso nicht treffen wird, können sie Doncic doppeln, bisweilen gar mit drei Gegenspielern bearbeiten. Trifft Kleber, müssen sie auf diesen Typen aufpassen, der an der Drei-Punkte-Linie auf ein Zuspiel von Doncic lauert.
Kleber sorgt für Angst in Dallas, weil er in Spiel 5 nicht verlässlich trifft
Das bedeutet: Die Leistung von Kleber lässt sich nicht unbedingt immer in Statistiken beurteilen, man muss eine Partie sehen, um es zu verstehen, weil so viele Faktoren eine Rolle spielen: Kann Doncic wegen Kleber selbst viele Punkte erzielen? Treffen andere Leute, die er freisperrt? Schnappt er sich viele Rebounds bei den Fehlwürfen der Kollegen? Am Dienstag bei der Partie in Phoenix passierte das, was bei den Leuten in Dallas für Angst sorgt: Kleber traf zu Beginn nur einen von vier Drei-Punkte-Würfen, eine einfache Chance aus kurzer Distanz legte er neben den Korb; er wirkte verunsichert und warf danach gar nicht mehr.
Weil auch die Kollegen Reggie Bullock (null von drei Versuchen), Spencer Dinwiddie (null von zwei) und Frank Ntilikina (null von drei) nicht trafen, konnten sich die Suns recht schnell auf Doncic konzentrieren. Der schaffte zwar immer noch 28 Punkte, konnte die deutliche 80:110-Niederlage aber nicht verhindern.
"Das ist okay, solche Abende gibt es", beruhigte Dallas-Trainer Jason Kidd danach. Er hatte als Spieler einst, 2011, mit Dirk Nowitzki den einzigen Mavericks-Titel gewonnen und kennt diese schwierigen Momente in den Playoffs: "Jetzt fahren wir heim und versuchen, eine entscheidende siebte Partie zu erzwingen." Spiel sechs findet in der Nacht auf Freitag statt, und in Dallas haben sie keine sonderlich große Angst davor.