NBA:Mit ein bisschen Hilfe von seinen Freunden

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Fliegender König: LeBron James (Nr. 23) präsentiert sich derzeit in Final-Form. (Foto: Kevin C. Cox/AFP)

LeBron James beweist beim Sieg der Cleveland Cavaliers bei den Atlanta Hawks, warum er der derzeit beste Basketballspieler der Welt ist.

Von Jürgen Schmieder, Cleveland/Los Angeles

Die Cleveland Cavaliers heißen, ein Blick auf die Internetseite des Vereins genügt als Beweis, noch immer Cleveland Cavaliers. Bei der Partie gegen die Atlanta Hawks war auch die Kurzform Cavs in weinroten Lettern auf das dunkelblaue Trikot gedruckt. Das verwundert ein bisschen, denn eigentlich könnte sich der Verein angesichts der Auftritte des prägenden Spielers auch umbenennen. Cleveland LeBrons, das klänge doch ganz ordentlich, vielleicht noch mit dem Zusatz aus einem Beatles-Song: LeBron — mit ein bisschen Hilfe von seinen Freunden.

94:82 gewannen die Cavaliers am Freitagabend auch die zweite Partie in Atlanta, in der Best-of-seven-Serie im Finale der Eastern Conference führen sie 2:0 - die nächsten beiden Partien finden in Cleveland statt. Dieser Zwischenstand ist erstaunlich, fehlen den Cavaliers derzeit Kevin Love (Schulter / komplette Saison) und Kyrie Irving (Knie / könnte am Sonntag spielen), weshalb die Hawks durchaus als favorisiert galten. Doch die ersten beiden Partien wurden zu beeindruckenden Vorstellungen von James.

Der typische Spielzug der Cavaliers geht derzeit so: James bekommt den Ball, seine Mitspieler verdrücken sich nach außen und öffnen mehrere Schneisen zum Korb. James pflügt dann mit der Energie einer Ein-Mann-Naturgewalt nach vorne, er zieht mehrere Gegenspieler auf sich und wirkt dabei bisweilen wie eine Comicfigur, die sich auch dann nach vorne bewegt, obwohl sich drei Feinde an den Beinen festklammern. Wenn er nicht selbst abschließt oder gefoult wird, dann legt er den Ball nach außen auf seine Mitspieler, die sich eben nicht vedrückt, sondern in Position für einen Drei-Punkte-Wurf bewegt haben.

Am Freitag erzielte James so 30 Punkte, neun seiner elf Zuspiele führten zu erfolgreichen Dreiern — das bedeutet rein statistisch: James war an 61 von 94 Punkten seiner Mannschaft direkt beteiligt. Dazu kamen noch neun Rebounds und der Vermerk, dass die Cavaliers mit James auf dem Parkett 20 Punkte mehr erzielten als der Gegner. In Cleveland brauchen sie gerade keine drei so genannten Superstars, sie brauchen auch keinen ausgeglichenen Kader wie die Hawks. Sie brauchen LeBron — mit ein bisschen Hilfe von seinen Freunden.

"Ich habe schon als kleiner Junge gelernt, dass die Mannschaft wichtiger ist als der einzelne Spieler. Mein Trainer hat damals nach einer Saison ohne Niederlage jeden Spieler zum wertvollsten Akteur gewählt. Das habe ich nun, mit 30 Jahren, noch immer verinnerlicht", sagte James nach der Partie mit dem ihm eigenen Pathos. Er gab jedoch in den vergangenen Tagen zu, dass er seine Rolle als Anführer in Cleveland erst habe lernen müssen — Geduld gehört davor nämlich nicht zu seinen Tugenden: "Es war wie bei der Geburt meines ersten Kindes. Ich musste lernen, dass nicht alles gleich so funktioniert, wie ich das gerne hätte."

Natürlich lässt er sich nach erfolgreichen Spielzügen noch immer so feiern wie einst in Miami, wo er Dwyane Wade und Chris Bosh an seiner Seite gehabt hatte — mittlerweile jedoch dirigiert er auch, deutet Spielzüge an und spricht auf der Ersatzbank mit seinen Mitspielern. "Ich habe gelernt, dass ich mehr sprechen muss", sagt er: "Ich muss mit gutem Beispiel vorangehen, aber ich muss auch kommunizieren und meine Mitspieler mit Worten führen."

Die Hawks fanden an diesem Freitag kein Mittel gegen James und seine Freunde. Dennis Schröder zeigte mit 13 Punkten eine ordentliche Leistung, er wurde von Trainer Mike Budenholzer allerdings nur zwölf Minuten eingesetzt. Die Hawks sahen nicht besonders gut aus, als sie vom Feld schlichen — und das lag nicht an den gesenkten Köpfen: Demarre Carrol, Al Horford und Kyle Korver verließen die Arena mit ordentlichen Blessuren - das sind keine guten Voraussetzungen für die beiden Spiele in Cleveland.

"Ich habe eigentlich einen großen Wortschatz, aber für diesen Typen gehen mir langsam die Superlative aus", sagte Clevelands Trainer David Blatt nach der Partie: "Ihr seid doch die Schreiber, denkt euch doch was aus." So wie LeBron James derzeit spielt, stößt auch ein Journalist an seine Grenzen, weil eigentlich nur eine Beschreibung der Wahrheit entspricht: Da spielt der Beste der Welt — mit ein bisschen Hilfe von seinen Freunden.

© SZ vom 24.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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