NBA-Finale: Dallas gegen Miami:4,4 Sekunden. Nowitzki. Vorbei!

Das dritte Spiel zwischen den Dallas Mavericks und den Miami Heat wird erneut erst kurz vor Schluss entschieden. Dirk Nowitzki und Dwyane Wade liefern sich ein Privatduell - der Deutsche vergibt den letzten Wurf. Miami gewinnt und führt nun mit 2:1.

Jürgen Schmieder

Natürlich bekam Dirk Nowitzki den Ball. 4,4 Sekunden waren noch zu spielen in der dritten Partie der Finalserie, die Dallas Mavericks lagen mit zwei Punkten zurück. Nowitzki dribbelte, er drehte sich um seinen Gegenspieler Udonis Haslem herum, dann warf er den Ball in Richtung Korb - doch anders als bei den fünf Versuchen zuvor segelte das Spielgerät nicht in den Korb, sondern prallte im Moment der Schlusssirene ins Spielfeld zurück. Die Mavericks verloren ihr erstes Heimspiel mit 86:88 und liegen nun mit 1:2 in der Serie zurück.

Dallas Mavericks' Nowitzki is double teamed by Miami Heat's Haslem and Miller during Game 3 of the NBA Finals basketball series in Dallas

Stark unter Druck: Dirk Nowitzki vergab den letzten Wurf, die Mavericks verloren.

(Foto: REUTERS)

Bereits nach drei Partien steht fest, dass die Best-of-seven-Serie zwischen den Dallas Mavericks und den Miami Heat zu jenen gehört, an die man sich noch in vielen Jahren erinnern wird. Das erste Spiel hatte eine Menge Köstlichkeiten für die Freunde taktischer Denksportaufgaben geboten, als die Trainer beider Mannschaften Wege gefunden hatten, die herausragenden Offensivspieler des Gegners zu verteidigen

In der zweiten Partie hatte es eines der unglaublichsten Comebacks in der Geschichte der NBA-Finalspiele gegeben, als die Mavericks nach einem 15-Punkte-Rückstand wenige Minuten vor dem Ende noch gewannen - weshalb Dirk Nowitzki den Beinamen "Goldfinger" bekam (er erzielte den entscheidenden Korb mit der linken Hand, an deren Mittelfinger er sich eine Sehne gerissen hatte) und eine der großen Fragen lautete: Wie würde Miami nach dieser demoralisierenden Niederlage reagieren? "Nun wird unser Charakter getestet", hatte Trainer Erik Spoelstra gesagt. "Nun wird sich zeigen, ob wir zurückkommen, wenn wir eine Menge Schmerz fühlen - und genau das tun wird gerade."

Das dritte Spiel wurde dann erneut erst Sekunden vor Schluss entschieden, ohnehin wurde es im letzten Viertel zu einem Privatduell der herausragenden Akteure der beiden Mannschaften, ein Duell, das an die legendären Auseinandersetzungen zwischen Larry Bird und Magic Johnson erinnerte. Dwyane Wade erzielte sieben der letzten neun Punkte der Miami Heat, insgesamt kam er auf 29 Zähler und elf Rebounds. Dirk Nowitzki war für die letzten zwölf Punkte seiner Mannschaft verantwortlich, am Ende standen 34 Zähler und elf Rebounds in seiner Statistik.

Bereits die erste Halbzeit enthielt so ziemlich alles, was Basketball zu einer derart faszinierenden und mitunter magischen Sportart macht: Wechsel der Führung, taktische Finessen, dramatische Momente, intensiv geführte Duelle, lädierte Spieler, spektakuläre Offensivaktionen - und am Ende ein Wurf aus mehr als zehn Metern, der in den Korb fiel.

Miami probierte es offensiv zunächst mit einer Taktik, die sich am besten umschreiben lässt mit: "Gebt den Ball LeBron James oder Dwyane Wade - und dann geht aus dem Weg!" Wade war für die eleganten Momente verantwortlich, James für die eher rustikalen. Am Ende der ersten Halbzeit hatten die beiden 29 der 47 Punkte Miamis erzielt.

Dallas begann zwar furios und erspielte sich schnell eine Fünf-Punkte-Führung, hatte gegen Ende des Viertels jedoch Probleme, die beiden prägenden Akteure der Heat zu verteidigen. Dazu gelang es den Mavericks nicht mehr, sich klare Wurfgelegenheiten zu erspielen - und falls sie es doch schafften, diese Chancen auch zu verwerten. Weil dann auch noch Mario Chalmers mit der Schlusssirene aus mehr als zehn Metern traf, führte Miami nach dem ersten Viertel mit 29:22.

"Wir geben Nowitzki den Ball und gehen aus dem Weg"

Innerhalb weniger Minuten durften die Zuschauer dann jene Entwicklung bestaunen, die Nowitzki in den vergangenen fünf Jahren gemacht hat. Zuerst stellte er seine Qualitäten in der Defensive unter Beweis: Er stibitzte Chris Bosh den Ball, dann blockte er Chris Bosh bei dessen Dunking-Versuch. Dazwischen agierte er in der Offensive geduldig gegen James, danach narrte er Mike Miller und bekam deshalb zu seinen zwei Punkten noch einen Freiwurf zugesprochen - was bei Nowitzkis herausragender Quote in der Finalserie (100 Prozent) quasi einen automatischen Zusatzpunkt bedeutete. Noch vor wenigen Jahren wäre das Punkteverhältnis nach diesen vier Situationen wohl höchstens 4:4 gewesen, nun lautete es 5:0.

Weil es Jason Kidd kurz vor dem Ende der Halbzeit noch schaffte, Dwyane Wade zu einem übel anmutenden Foul zu provozieren und beide Freiwürfe im Korb unterzubringen, hieß es zur Pause nur noch 47:42 für die Heat, die zwischenzeitlich schon mit 14 Punkten geführt hatten. "Beide Mannschaften hatten ein paar Läufe, aber wir führen - also sind wir auf dem richtigen Weg", sagte Wade in der Halbzeit.

Als Nowitzki und Bosh in ihre jeweiligen Kabinen schritten, wurde die Intensität dieser Partie sichtbar. Das Auge von Bosh war nach einer legalen Defensivaktion von Jason Kidd geschwollen, als hätte er einen Punch Vitali Klitschkos eingesteckt. Nowitzki hielt sich nicht nur seinen linken Mittelfinger, sondern auch sein rechtes Handgelenk, das er beim Block gegen Bosh hart gegen den Ring gestoßen hatte.

Zu Beginn des dritten Viertels erzielten die Heat schnell acht Punkte und führten mit 55:42. Wieder kam Dallas zurück - vor allem mit Würfen, die nur durch eine Regeländerung der NBA zu verhindern gewesen wären.

Nowitzki warf und traf, der Ball berührte bei keinem seiner Versuche den Ring - weshalb die NBA vielleicht einführen sollte, dass das Spielgerät bei Nowitzkis Würfen nicht einmal das Netz berühren darf. Neun Punkte innerhalb von drei Minuten erzielte Nowitzki - und plötzlich stand es am Ende des dritten Abschnitts nur noch 67:64 für Miami. "So müssen wir weitermachen", rief Dallas-Trainer seinen Spielern während der Pause zu. "Verteidigt aggressiv und bewegt in der Offensive den Ball clever und schnell!"

Im vierten Viertel schienen sich Nowitzkis Kollegen an die Miami-Taktik aus der ersten Halbzeit erinnert zu haben, sie agierten nun nach dem Motto: "Wir geben Nowitzki den Ball und gehen aus dem Weg!" Weil Miamis Spieler ähnlich agierten und bei jedem Angriff das Spielgerät demütig an Wade weiterreichten, kam es zum Duell der beiden besten Schützen der Liga. Am Ende war Miami siegreich, weil sich einer ihrer Spieler (Chris Bosh, insgesamt 18 Punkte) erdreistete, selbst einmal auf den Korb zu werfen - und auch noch zu treffen.

"Für uns war wichtig, nach der schrecklichen Niederlage zurückzukommen und zu zeigen, dass uns das nicht gebrochen hat", sagte Wade nach dem Spiel. Seine Mannschaft führt nun in einer hochklassigen Finalserie mit 2:1 - einer Serie, in der es wahrscheinlich noch zahlreiche packende Momente geben wird.

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