Süddeutsche Zeitung

Coronavirus im Sport:Reiche und Berühmte bevorzugt?

  • In den USA herrscht großer Mangel an Corona-Tests. Sogar schwerkranke Patienten können oft nicht diagnostiziert werden.
  • Für die Basketballer der NBA sind die Untersuchungen jedoch nur einen Anruf entfernt.

Von Lukas Brems

Wer außergewöhnlich gut Basketball spielen kann, hat in den USA offenbar gute Chancen, auf das Coronavirus getestet zu werden. Die Zahl der infizierten Spieler in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA steigt jedenfalls, und NBA-Teams werden umfassend auf das Virus untersucht - im Gegensatz zum Großteil der Bevölkerung. Auch der wohl bekannteste erkrankte Sportler, Kevin Durant, ist ein Basketballer. Er spielt für die Brooklyn Nets, ist kein Risikopatient und zeigte keine Symptome. Dennoch wurde er, wie die gesamte Mannschaft und der Betreuerstab, getestet.

Die NBA, so scheint es, hat sich auf das Coronavirus besser vorbereitet als die US-Regierung. In der Beurteilung der drohenden Gefahr war NBA-Commissioner Adam Silver US-Präsident Donald Trump jedenfalls weit voraus. Während Silver im Februar laut dem Sportportal ESPN die Teams in mehreren Memos warnte und zur Vorbereitung aufforderte, bezeichnete Trump das Virus noch als "hoax", ein Hirngespinst der Demokraten. Schon Ende Januar versendete NBA-Vizepräsident David Weiss laut ESPN eine Reihe von Protokollen und Vorbereitungen für die Teams. Am 11. März wurde Rudy Gobert von den Utah Jazz positiv getestet, wenige Stunden später stellte die Liga den Spielbetrieb auf unbestimmte Zeit ein.

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Ein Grund für die gute Vorbereitung der Liga könnten die Beziehungen nach China sein. Im vergangenen Jahr wurden diese noch auf die Probe gestellt, als der Manager der Houston Rockets in einem Tweet die Proteste in Hong Kong unterstützte. Doch nun profitierte die NBA von den engen Verbindungen nach Fernost. Seit Mitte Januar soll Silver täglich mit einem der 200 NBA-Angestellten in China Kontakt gehabt haben. In seinen Coronavirus-Update-Memos, die ESPN vorliegen, drängte er die Teams im Februar, sich auf die Ausbreitung der Pandemie nach Nordamerika vorzubereiten. Die Mannschaften wurden aufgefordert, sich mit lokalen Gesundheitsbehörden und Kliniken auszutauschen. "Es wird verschwinden. Eines Tages, wie durch ein Wunder, wird es verschwinden", teilte Trump währenddessen der Bevölkerung mit.

"Sie brauchen einen Coronavirus-Test? Reich und berühmt zu sein könnte helfen"

Die USA hat derzeit große Probleme, Tests zur Verfügung zu stellen. Kliniken werden nur schleppend beliefert, viele Gesundheitsmitarbeiter und Kranke können nicht diagnostiziert werden. Nimmt man nur die nationale Basketballliga als Referenz, wirkt die Lage in den USA jedoch weniger prekär: Aktuell sind acht der insgesamt 30 Teams vollständig getestet worden.

Dass ausgerechnet für Sportler und andere Prominente die knappen Tests zur Verfügung stehen, stieß zuletzt durchaus auf Kritik. "Sie brauchen einen Coronavirus-Test? Reich und berühmt zu sein könnte helfen", titelte die New York Times. Als sich die Brooklyn Nets einem Test unterzogen, twitterte New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio, dessen Stadt in den USA am stärksten vom Virus betroffen ist: "Wir wünschen ihnen eine baldige Genesung. Aber, bei allem Respekt, ein ganzes NBA-Team sollte sich NICHT auf Covid-19 testen lassen, während schwerkranke Patienten auf einen Test warten."

Die Nets ließen daraufhin verlauten, dass ihre Tests von einem privaten Unternehmen durchgeführt wurden. NBA-Pressesprecher Mike Bass betonte außerdem, dass Basketballer laut den Gesundheitsbehörden durch das viele Reisen und den Kontakt zu Fans die Ausbreitung des Virus beschleunigen könnten. Einige NBA-Teams profitieren derzeit nicht nur von Commissioner Silvers vorrausschauender Planung, sondern auch von Kooperationen mit Krankenhäusern. So sind die LA Lakers vom UCLA Medical Center gesponsert, die Minnesota Timberwolves von der Mayo Clinic. Beide Krankenhäuser haben ihre eigenen Tests für Covid-19 entwickelt.

"Wir hatten und haben Tests für unsere Spieler parat", sagte ein hochrangiger Mitarbeiter eines NBA-Teams der Washington Post und verwies auf die enge Beziehung seiner Organisation zu einem medizinischen Dienstleister. Die Corona-Tests seien nur einen Anruf entfernt. Doch nicht alle Klubs wollen bevorzugt behandelt werden. "Uns wurde gesagt, dass es an Tests mangelt", sagte der General Manager der Golden State Warriors, Bob Myers. "Wir sind nicht besser als jeder andere. Wir sind nicht schlechter. Wir sind nur ein Basketballteam, wie jedes Unternehmen." Solange ihre Spieler keine Symptome zeigen, wollen die Warriors keine Corona-Tests durchführen. Bekommen würden sie wohl welche.

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SZ vom 22.03.2020
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