Corona im Sport:Die "Omikron-All-Stars" laufen auf

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Mal im Einsatz, jetzt wieder nicht: Dennis Schröder (rechts) spielte Anfang Dezember bei den Los Angeles Lakers, nun fehlte er bei der Partie in Milwaukee. (Foto: Marcio Jose Sanchez/dpa)

Quer durch die Sportarten sorgt das Coronavirus für Spielausfälle. In manchen Ligen wird die Wettbewerbsverzerrung immer offensichtlicher - besonders in der NBA, wo der Chef die Partien einfach durchdrückt.

Von Gerald Kleffmann, München

Denis Shapovalov hatte sich das so schön gedacht: früh anreisen, vor allen anderen, die Schläger auspacken und ganz viel trainieren. Als einer der Ersten war der Kanadier also nach Australien gereist, er landete in Sydney - dann der Test: positiv. Am 1. Januar wollte der Tennisprofi eigentlich am ATP Cup teilnehmen, dem Nationenwettbewerb, bei dem auch Deutschland mit Alexander Zverev antreten wird. Nun muss er in Isolation. Seine Symptome seien bislang milde, erklärte der Weltranglisten-14.

Shapovalov, der sich offenbar auch in Abu Dhabi bei einem Einladungsturnier infiziert hat. Wie viele andere Profis. Den Spanier Rafael Nadal erwischte es ebenfalls dort, dessen Trainer Carlos Moyá, Olympiasiegerin Belinda Bencic aus der Schweiz, die Tunesierin Ons Jabeur. Für den Start der Tennissaison lässt dieser Auftakt mit Shapovalov bereits Unerfreuliches erahnen, vom 17. Januar an steht ja der Höhepunkt an, die Australian Open in Melbourne - wenn schon gleich der allererste Einreisende, der zudem geimpft war, positiv ist? In den kommenden Tagen werden mehrere Hundert Athleten und Betreuer in Down Under erwartet. Bald weiß man mehr.

Der Kanadier Denis Shapovalov hat sich offenbar - wie andere Tenniskollegen - beim Einladungsturnier in Abu Dhabi das Coronavirus eingefangen. Der Weltranglisten-14. muss in Australien nun erst mal in Isolation. (Foto: Christopher Pike/Reuters)

Die jüngsten Entwicklungen über die Feiertage haben jedenfalls einmal mehr gezeigt: Das Coronavirus breitet sich auch im Spitzensport mit dem Aufkommen der hochansteckenden Omikron-Variante rasant aus. In der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA spitzt sich die Lage weiter zu, weit mehr als 100 Profis sind nun in das sogenannte Corona-Protokoll aufgenommen worden. Spieler, die entweder positiv getestet wurden oder Kontakt zu positiv Getesteten hatten, müssen spezielle Sicherheitsregeln befolgen.

Der NBA-Chef will alle angesetzten Spiele durchboxen

Was die NBA von anderen Sportligen unterscheidet, ist, dass ihr Chef Adam Silver partout die angesetzten Matches durchboxen will. Dabei fehlen in fast allen Teams Leistungsträger, im Grunde muss man jetzt schon von einer Wettbewerbsverzerrung sprechen. Das Wall Street Journal brachte die aktuelle Lage mit dem Begriff der "Omikron-All-Stars" auf den Punkt - aus abwesenden Kräften wie Kevin Durant (Brooklyn Nets), Luka Dončić (Dallas Mavericks) oder Trae Young (Atlanta Hawks) ließe sich tatsächlich eine Auswahlmannschaft der fähigsten Korbwerfer formen.

Gespielt wird aber eben trotzdem, so fehlten den Boston Celtics zum Beispiel am ersten Weihnachtsfeiertag bei der Partie bei den Milwaukee Bucks insgesamt neun Spieler. Auch der Deutsche Dennis Schröder, nun bei den Celtics aktiv, musste passen, da auch er - zum zweiten Mal - auf der Protokoll-Liste stand. Genauere Informationen zu den Spielern teilt die NBA indes nicht mit, auch, um die Akteure zu schützen, wie es stets hieß. Mit nur zwölf Profis im Kader verlor Boston mit 113:117. Dass solche Spiele keine fairen Duelle mit Chancengleichheit sind, wird durchaus erkannt. Und trotzdem verteidigt Silver nach wie vor eisern seinen Kurs.

"Natürlich gibt es eine gewisse Ungerechtigkeit", sagte der Commissioner der NBA, "aber der Vorteil ist, dass wir eine Saison mit 82 Spielen und lange Play-offs haben, und ich habe das Gefühl, dass sich die Dinge bis zum Ende der Saison klären werden." Vorerst helfen unbekannte oder überalterte Profis bei mancher Mannschaft aus. Wie der Sport-Informations-Dienst (SID) berichtet, wurde der Start der G League vom 27. Dezember auf den 5. Januar verlegt, um weiterhin Ersatzspieler zur Verfügung stellen zu können. In dieser Liga werden eher nur Talente und solche Spieler geparkt, die (noch) nicht das Niveau für die NBA haben.

Fällt mindestens für zwei Spiele seiner Mannschaft aus: Aston Villas Teammanager Steven Gerrard. (Foto: Andrew Couldridge/Reuters)

Immer unüberschaubarer wird auch die Situation in der englischen Premier League. Reihenweise wurden bereits in den vergangenen Wochen Fußballspiele abgesagt, die Nachrichtenlage liest sich dann etwa so: Am 18. Dezember gab es mehrere Corona-Fälle bei Aston Villa, die Partie gegen den FC Burnley fiel aus. Nun kann Villa wieder spielen, am Sonntagabend stand das Duell mit dem FC Chelsea an (1:3), doch ohne Steven Gerrard - der Teammanager war positiv getestet worden. Er wird, so war Sonntagnachmittag noch der Stand, auch das Spiel am Dienstag bei Leeds United verpassen - doch am Sonntagabend die Nachricht: Auch dieses Spiel fällt aus. Es gibt zu viele Covid-Patienten bei Leeds. Im Stundentakt ändert sich quasi die Lage.

Am 26. Dezember, dem sogenannten Boxing Day, der in England eine große Tradition besitzt, fiel überdies ein anderer namhafter Trainer aus. Der Franzose Patrick Viera, in Diensten von Crystal Palace, begab sich ebenfalls in häusliche Isolation nach einem positiven Befund und konnte das 0:3 seiner Mannschaft bei Tottenham Hotspur nur am Fernseher verfolgen. Insgesamt drei Partien fielen am Boxing Day pandemiebedingt aus.

Eine andere Traditionsveranstaltung wurde derweil ganz gestrichen. Der Spengler Cup im Eishockey, das älteste Klubturnier der Welt, erhielt keine Genehmigung vom Kanton Graubünden, wie der SID weiter berichtete. Laut Schweizer Medien sollen 17 Profis des Gastgeberteams HC Davos kurz vor Heiligabend einen positiven Befund erhalten haben. Alba Berlins Basketballer wiederum können sich eine Reise nach Italien vorerst sparen, ihr Euroleague-Spiel bei Armani Mailand am 29. Dezember fällt aus. Mailand hat weniger als acht gesunde Profis zur Verfügung. Solche Meldungen sind nun mehr denn je Alltag im Spitzensport geworden.

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