Nations League:Die Rückkehr der Rumpfelftal

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Der wichtigste Spieler fehlt: Virgil van Dijk wurde gegen Ungarn mit Gelb-Rot vom Platz gestellt und ist in München gesperrt.
Der wichtigste Spieler fehlt: Virgil van Dijk wurde gegen Ungarn mit Gelb-Rot vom Platz gestellt und ist in München gesperrt. (Foto: Attila Kisbenedek/AFP)

Die Niederlande kommt zum Nations-League-Duell nach München, wo das Team historische Erfolge feierte – und ihre größte Niederlage erlitt. Gegen Deutschland fehlen diesmal wichtige Stammkräfte.

Von Ulrich Hartmann

In der Stadt zweier ihrer größten Erfolge haben die Niederländer erst kürzlich noch gespielt. Im Achtelfinale der Europameisterschaft gewannen sie Anfang Juli in München 3:0 gegen Rumänien. Zuvor allerdings war München, wo sie 1974 im WM-Finale (gegen Deutschland) gestanden und 1988 das EM-Finale (gegen die Sowjetunion) gewonnen hatten, für Oranje 36 Jahre lang keine Reise mehr wert gewesen. Im Oktober 1988 gab es im Olympiastadion in der WM-Qualifikation noch mal ein 0:0 gegen Deutschland, aber seither in München kein Duell mehr zwischen den Duellanten Deutschland und Niederlande. Bis jetzt.

Es ist eine Rückkehr nach München für den Bondscoach Ronald Koeman, 61, der 1988 mit 25 Jahren in beiden Partien im Olympiastadion mitgespielt hatte – und es ist eine Rückkehr nach München für die drei Ex-Bayern-Spieler Matthijs de Ligt, Ryan Gravenberch und Joshua Zirkzee, die in Bayerns Hauptstadt nicht so richtig heimisch geworden sind.

Der Innenverteidiger de Ligt absolvierte 73 Pflichtspiele für die Bayern und wechselte im August für 45 Millionen Euro zu Manchester United. Der defensive Mittelfeldspieler Gravenberch bestritt 34 Pflichtspiele und wechselte vor einem Jahr für 40 Millionen Euro zum FC Liverpool. Und der Stürmer Zirkzee spielte zwar fünf Jahre im Münchner Nachwuchs, machte dann aber gerade mal 17 Pflichtspiele für die Lizenzmannschaft, wurde vor zwei Jahren für 27,5 Millionen Euro an den FC Bologna verkauft und wechselte im Sommer von dort für 42,5 Millionen Euro zu Manchester United. Nicht auszuschließen, dass am Montagabend manch FC-Bayern-affiner Zuschauer seufzend denkt, man hätte den einen oder anderen der Drei auch gut behalten können.

Dass de Ligt, Gravenberch und Zirkzee gute Chancen haben, in München am Abend zum Einsatz zu kommen, hat allerdings auch damit zu tun, dass der niederländischen Nationalmannschaft acht wichtige Spieler ausfallen. Auf der Linksverteidiger-Position fehlen in Nathan Aké (Manchester City) und Jurrien Timber (Arsenal) gleich beide Alternativen, dort hat beim 1:1 in Ungarn der Ex-Wolfsburger Micky van de Ven ausgeholfen.

In der Innenverteidigung fehlt in München in dem Liverpooler Virgil van Dijk der Kapitän, Abwehrchef und wichtigste Oranje-Spieler überhaupt, weil er sich am Freitagabend in Budapest gleich zwei Entgleisungen binnen drei Minuten geleistet hatte und in der 79. Minute mit Gelb-Rot vom Feld geschickt wurde: Erst hatte er Rot für einen foulenden Ungarn gefordert und dann eine gelbwürdige Grätsche begangen. Damit waren die restlichen elf Minuten in Budapest für ihn genauso erledigt wie das Spiel in München. Van Dijk hat die Elftal bereits verlassen.

Im Mittelfeld fallen den Niederländern verletzungsbedingt in Frenkie de Jong (FC Barcelona), Teun Koopmeiners (Juventus Turin) sowie Jerdy Schouten und Joey Veerman (beide PSV Eindhoven) gleich vier wichtige Spieler aus. Im Angriff verzichtet Koeman auf Wout Weghorst von Ajax Amsterdam. In der Innenverteidigung wird in München wohl Matthijs de Ligt an der Seite von Stefan de Vrij (Inter Mailand) spielen, im zentral-defensiven Mittelfeld wird vermutlich Gravenberch an der Seite von Quinten Timber (Feyenoord Rotterdam) starten, und auf der Mittelstürmer-Position muss sich Koeman entscheiden, ob er wie in Budapest Zirkzee in die Startelf nimmt oder lieber Brian Brobbey von Ajax Amsterdam.

Ungarn war keine erquickliche Reise für die Niederländer, erst in der 83. Minute köpfelte Denzel Dumfries (Inter Mailand) den 1:1-Ausgleich, nachdem für die Gastgeber der Ex-Freiburger Roland Sallai (Galatasaray Istanbul) in der 32. Minute das 1:0 erzielt hatte. Obwohl im Oranje-Spiel nicht viel zusammenging, beließ Koeman gleich neun Akteure mit 379 Spielen Bundesliga-Erfahrung 75 Minuten lang auf der Ersatzbank. Erst dann brachte er den Ex-Freiburger Guus Til, den Ex-Leipziger Brian Brobbey, den Dortmunder Donyell Malen und den Ex-Bayern de Ligt. Nicht zum Einsatz kamen der Leverkusener Jeremie Frimpong, der Leipziger Lutsharel Geertruida, der Ex-Dortmunder Ian Maatsen, der Ex-Freiburger Mark Flekken und der Ex-Leipziger Justin Kluivert.

Koemans Startelf-Gerüst besteht aus dem Torwart Bart Verbruggen (Brighton), Dumfries, Xavi Simons (Leipzig), Tijjani Reijnders (AC Mailand) und Cody Gakpo (Liverpool). Mit ihnen hatten die Niederländer es bei der EM bis ins Halbfinale geschafft, dort in Dortmund allerdings knapp gegen England verloren. Beachtenswerter Spieler im Mittelfeld ist der 26 Jahre alte Reijnders, der in der Nations League zum 5:2 gegen Bosnien-Herzegowina ebenso wie zum 2:2 im Hinspiel gegen Deutschland ein Tor beigesteuert hat. Am Freitagabend in Budapest hat er mit einem kapitalen Ballverlust allerdings auch die Einleitung des 0:1 ermöglicht.

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