Manchmal lohnt sich Warten eben doch, denn die ans Verlieren gewöhnte Nationalmannschaft San Marinos hat nach mehr als 20 Jahren wieder ein Fußballspiel gewonnen. Zum Auftakt der Nations League schlug die Nationalmannschaft des Kleinstaats im Norden Mittelitaliens die Auswahl aus Liechtenstein mit 1:0. Der Sieg ist überhaupt erst der zweite, seit der san-marinesische Fußballverband 1988 der Fifa und der Uefa beigetreten ist. Und es ist der erste Sieg in einem Pflichtspiel.
Das entscheidende Tor erzielte Nicko Sensoli (53.), ein Stürmer, der für die San Marino Academy spielt – eine U22-Mannschaft des Verbandes. Beim letzten Sieg seiner Nationalmannschaft war Sensoli, 19, noch gar nicht geboren: Den für lange Jahre einzigen Erfolg fuhr San Marino am 28. April 2004 ein, Liechtenstein war auch damals der Gegner. Auch damals gab es ein 1:0. Seither vergingen der Gazzetta dello Sport zufolge 141 Spiele ohne Sieg, die sechs Unentschieden seien aber jeweils gefeiert worden wie „der Sieg in einem Champions-League-Finale“.
Seit den späten 80er-Jahren müssen sich die Fans von San Marino mit kleinen Erfolgen begnügen. In den bisherigen 206 Länderspielen erzielte San Marino 33 Tore und kassierte 841. Neben den wenigen Unentschieden gilt das Spiel gegen Dänemark im vergangenen Oktober als einer der größten Erfolge der Verbandsgeschichte. Beim EM-Qualifikationsspiel erzielte San Marino den zwischenzeitlichen Ausgleich und verlor nur knapp 1:2.
Der nächste Gegner ist Gibraltar – gibt es jetzt eine Siegesserie?
Entsprechend emotional wurde nun der erste Pflichtspielsieg der Verbandshistorie gefeiert. Spieler und Betreuer rannten nach Abpfiff auf den Platz, der Stadionsprecher wurde nicht müde, den wenigen Hundert anwesenden Zuschauern immer wieder den Endstand mitzuteilen („San Marino: Uno. Liekestein: Zero“). Die Gazzetta schreibt: „Am Ende des Spiels gab es diejenigen, die sich umarmten, diejenigen, die weinten und diejenigen, die erschöpft auf dem Boden lagen und Grashalme zerrissen.“
Wer verstehen will, wie viel dieser Sieg tatsächlich bedeutet, der kann nachlesen, was am Donnerstagabend auf einem Fan-Account der Nationalmannschaft von San Marino auf der Plattform X los war. In einem der zahlreichen Beiträge heißt es (in Großbuchstaben): „Sie haben Geschichte geschrieben. Sie werden für immer als Helden in Erinnerung bleiben, als goldene Generation des san-marinesischen Fußballs.“ Und auch sportlich bedeutet der Sieg einiges – zumindest vorerst. Mit dem Sieg führt San Marino die Tabelle der Gruppe D1 in der Nations League an.
San Marino liegt auf Rang 210 in der Fifa-Weltrangliste und damit dem letzten Platz. Liechtenstein steht dort auf Platz 199 – zwar auch sehr weit hinten, war damit aber dennoch der Favorit. Um den letzten Platz abzugeben und etwa an Anguilla und den Britischen Jungferninseln vorbeizuziehen, müsste San Marino seine Siegesserie dringend fortsetzen. Im nächsten Pflichtspiel lautet der Gegner dann Gibraltar, auf der Weltrangliste auf Platz 198.