Es ist noch nicht so lange her, dass der Stürmer Timo Werner, 24, Leipzig in Richtung London verlassen hat. Und so beschlich ihn, als er die Stätte der Nations-League-Partie gegen die Ukraine am Samstag (20.45 Uhr/live im ZDF) und auch das Trainingsgelände von RB Leipzig betrat, ein Gefühl von Rückkehr an einen angestammten Ort. "Als wäre ich einfach nur im Urlaub gewesen", sagte Werner am Freitag.
War er aber nicht: Er ist seit Sommer Angestellter des FC Chelsea. "Ich komme gern nach Leipzig zurück", sagte Werner also, "gerade für ein Länderspiel, das nun natürlich doppelt besonders ist." Und bei dem die DFB-Mannschaft die Chance hat, einen Schritt Richtung Gruppensieg zu gehen. "Wir wollen gewinnen", sagte er, und führte das auch argumentativ aus: "Wir sind Deutschland."
Philipp Max:Sehnsucht nach feurigen Flanken
Lange musste er auf seine Nominierung warten - doch beim Debüt in der Nationalelf überzeugt Philipp Max auch den Bundestrainer. Auf der linken Seite darf er auf einen EM-Platz hoffen.
Werner hat, und das belegen die Zahlen, auf der Insel nicht das geringste Eingewöhnungsproblem gehabt. "Dass er sich so schnell integriert hat, freut mich sehr", erklärte Bundestrainer Joachim Löw. In dreizehn Pflichtspielen für den Tabellenfünften der Premier League hat Werner bereits acht Treffer erzielt; bei RB Leipzig waren es 95 Tore in 159 Pflichtpartien. Schon jetzt hat er in England neue Facetten des Spiels kennengelernt, sagt Werner: "Wenn man vielen Gegenspielern gegenübersteht, die sehr, sehr robust sind, wird man selber robuster, man geht anders in die Zweikämpfe, muss engere Räume wahrnehmen, was auch für die Nationalmannschaft hilft", berichtete er.
"Die vier freien Tage waren wie ein zweiter Sommerurlaub"
Und auch das gute alte Klischee vom langen Ball ist längst nicht so überholt wie man manchmal meinen könnte. "Das ist ein anderer Spielstil als in der Nationalelf", sagte Werner, wobei der sich in letzter Zeit gewandelt habe. Gegner, die sich im eigenen Sechzehner eingescharrt hatten, habe man "eher so handballartig bespielen" müssen. Nun lege Bundestrainer Löw größeren Wert auf schnelles Umschaltspiel, wofür die Offensivreihe des DFB mit Werner und den Bayern-Profis Leroy Sané und Serge Gnabry prädestiniert sei.
"In der Haut der Mannschaft, die gegen uns spielen muss, möchte ich nicht stecken", lautete der Gruß Werners an die Ukrainer - und auch an den folgenden Gegner aus Spanien (Dienstag in Sevilla). Zumal Werner nach einer Stippvisite in der Dresdner Heimat der Freundin nach eigenem Bekunden völlig ausgeruht angereist ist. Vom Freundschaftsspiel gegen die Tschechen am Mittwoch (1:0) war er ja befreit worden, er zählte zusammen mit Niklas Süle (FC Bayern), Leroy Sané, Serge Gnabry und Manuel Neuer zu den Nachzüglern, die mit in Leipzig mit dem Gefühl einer Einsatzgarantie ins Bett gehen dürfen. "Die vier freien Tage waren für mich wie ein zweiter Sommerurlaub", sagte Werner.
Auch Löw freut sich auf das offensive Trio Infernale. "Im internationalen Vergleich sind sie alle drei weit vorne, was die Geschwindigkeit angeht. Wenn sie die richtig einsetzen, sind sie brandgefährlich", erklärte der Coach. Allenfalls bereite ihm Kopfzerbrechen, dass die drei ähnliche Laufwege haben und keine Zeit für intensive Trainingsarbeit bleibt. Und: Mit der Ukraine wartet ein Gegner, der in letzter Zeit durchaus für Aufsehen gesorgt hat - und in den Augen Löws nicht das Ansehen hat, das sie eigentlich verdiene.
Er erinnerte nicht umsonst daran, dass die Ukraine in Polen U20-Weltmeister wurde - bei einem Turnier, das ohne DFB-Teilnahme auskam. Aber auch das A-Team ist imstande, gute Resultate zu erzielen. Die deutsche Mannschaft hatte im Oktober in Kiew erhebliche Mühen, einen 2:1-Sieg einzufahren; gegen die hochfavorisierten Spanier landete die vom früheren Weltklassestürmer Andrij Schewtschenko trainierte Mannschaft einen überraschenden 1:0-Triumph - mit einer italienisch anmutenden Defensive. "Die Spanier sind daran gescheitert, dass sie ausgekontert wurden und keine guten Lösungen im Spiel nach vorne hatten", diagnostizierte Löw. Das soll dem DFB-Team in Leipzig nicht passieren: "Ich werde in den Mannschaftssitzungen ganz klar nur ein Ziel ausgeben: ein Sieg am Samstag."