DFB-Elf in der Nations League:1:1 - das neue Lieblingsergebnis

DFB-Elf in der Nations League: Schneller am Ball: Ungarns Abwehrchef Willi Orban (rechts) klärt vor Timo Werner.

Schneller am Ball: Ungarns Abwehrchef Willi Orban (rechts) klärt vor Timo Werner.

(Foto: Attila Kisbenedek/AFP)

Die deutsche Nationalmannschaft enttäuscht in der Nations League gegen Ungarn und sammelt das vierte 1:1 im vierten Spiel hintereinander. Die Bilanz unter Bundestrainer Hansi Flick liest sich allmählich kurios.

Von Carsten Scheele

Je länger das Spiel am Samstagabend in der Puskas Arena dauerte, desto häufiger fingen die Kameras den Bundestrainer Hansi Flick ein. Ruhig am Spielfeldrand stand Flick in diesen Sequenzen selten, er ruderte mit den Armen, hüpfte auf der Stelle; die Anspannung stieg mit jeder Minute, in der das Spielgeschehen nicht wirklich wunschgemäß voranschritt.

Es handelte sich ja "nur" um eine Partie in der Nations League, dem nach wie vor mäßig beliebten neuen Länderspielformat, aber was heißt schon "nur"? Drei Länderspiele in Serie, darunter die beiden ersten Spieltage der aktuellen Nations-League-Serie, hatte die Mannschaft zuvor sieglos bestritten. Dreimal 1:1, gegen die Niederlande, Italien und England, da sollte doch gegen die Ungarn bitteschön ein Sieg gelingen.

Doch heraus kam in Budapest tatsächlich das vierte 1:1 nacheinander für die deutsche Elf - eine solche Häufung hatte es in der langen Geschichte des DFB noch nie gegeben. Die frühe ungarische Führung durch Zsolt Nagy (6.) konnte Jonas Hofmann zwar schnell ausgleichen (9.), dabei blieb es jedoch. Die Bilanz unter Bundestrainer Flick liest sich damit reichlich kurios: Zwölf Spiele wurden unter ihm absolviert, die ersten acht wurden gewonnen - gefolgt von vier Partien, die allesamt 1:1 endeten.

"Natürlich sind wir enttäuscht, weil wir uns mehr ausgerechnet haben", sagte Torwart Manuel Neuer bei RTL: "Die Zielstrebigkeit im Spiel nach vorn, die Leichtigkeit haben gefehlt." Auch Flick monierte: "Wir müssen schauen, dass wir aus diesem Spiel die Lehren ziehen." Das erklärte Ziel, die Nations-League-Gruppe zu gewinnen und ins Final-Four-Turnier im Juni 2023 einzuziehen, wird so ein kompliziertes Unterfangen.

Mehrfach ist es Torwart Manuel Neuer, der das Unentschieden rettet

Gegen die Ungarn, die es der deutschen Mannschaft schon bei der vergangenen EM beim 2:2 in München so schwer gemacht hatten, ging es erneut nicht gut los. Relativ bald nach dem Anpfiff ließ sich Außenverteidiger David Raum in der ungarischen Hälfte tunneln, er bereinigte er die Situation dann zwar auf Kosten eines Fouls - doch Sekunden später schickten die Ungarn einen langen Ball auf den rechten Flügel. In der Mitte parierte Torwart Manuel Neuer zunächst gegen Roland Sallai, der Nachschuss von Zsolt Nagy zischte dann erbarmungslos über Neuer ins Netz.

DFB-Elf in der Nations League: Traf wie auch schon gegen England: der Gladbacher Jonas Hofmann.

Traf wie auch schon gegen England: der Gladbacher Jonas Hofmann.

(Foto: Marton Monus/Reuters)

Da waren erst sechs Minuten gespielt, und es musste der deutschen Mannschaft zumindest angerechnet werden, dass sie sich vom frühen Gegentreffer nicht annähernd geschockt zeigte. 180 Sekunden später schickte Schlotterbeck einen eleganten, langen Ball auf Hofmann, der das Spielgerät im Moment der Annahme in der Luft schon am ungarischen Torwart Peter Gulacsi vorbeilegte - und locker zum Ausgleich einschob (9.). Sein nächster Treffer im Nationalteam nach dem Tor gegen England.

Jetzt stand es 1:1, wie schon dreimal in den vergangenen Wochen. Aber es war ja noch Zeit.

Bei seiner zweiten Chance macht Hofmann erst alles richtig, dann alles falsch

Es gab schon während der ersten Spielhälfte einige Dinge, die Flick missfielen: Immer wieder schafften es deutsche Abwehrkräfte, den Ungarn die Bälle direkt in die Füße zu spielen und damit gefährliche Kontersituationen heraufzubeschwören. Vorne zeigte sich die Mannschaft ohne Serge Gnabry (verletzt) und Thomas Müller (auf der Bank) auch nicht so kreativ wie vom Bundestrainer erhofft - und auch längst nicht so energisch wie über weite Strecken der Partie gegen England. Es war dann Kapitän und Torwart Neuer zu verdanken, dass die DFB-Elf nicht mit einem Rückstand in die Pause geschickt wurde. Kurz vor dem Halbzeitpfiff machte er eine Direktabnahme von Attila Fiola aus kurzer Distanz mit dem Fuß unschädlich (44.).

Anfang der zweiten Hälfte meldeten die Statistiker einen Minuswert in Sachen deutscher Torschüsse. Nur vier bis zur 60. Minute, so wenige hatte es unter Flick noch nie gegeben. Er wechselte, brachte für den ineffektiven Goretzka den zuletzt starken Ilkay Gündogan - und sah alsbald Hofmann frei aufs ungarische Tor zulaufen. Der machte zunächst alles richtig, indem er energisch auf Gulacsi zustürmte, dann aber alles falsch, weil er nicht selbst abschloss, sondern einen Pass in Richtung Angriffskollege Werner spielte, den Willi Orban sehr leicht abfangen konnte (72.).

Weil die Ungarn realisierten, wie verwundbar das DFB-Team kurz vor Schluss doch wirkte, stürmten sie selbst noch einige Male kräftig in Richtung von Neuer. Der hielt alles, erst den sehr ungedeckt abgegebenen Kopfball von Martin Adam aus sieben Metern (75.), dann den Fernschuss von Daniel Gazdag (81.). Flick brachte noch einmal stürmendes Personal, erst Thomas Müller und Julian Brand, dann Lukas Nmecha und Karim Adeyemi. Doch am neuen Lieblings- respektive Leidensergebnis änderte sich nichts mehr.

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