Fußball:Argentinien steckt in der Messi-Falle

Argentiniens Spieler um Lionel Messi beim WM-Spiel gegen Frankreich

Es lief wieder nicht: Lionel Messi und seine Argentinier spielten keine gute WM.

(Foto: Getty Images)
  • Lionel Messi spielt vorerst nicht mehr für die Nationalelf seiner Heimat Argentinien.
  • Der Kapitän nimmt eine Auszeit von den vielen Länderspielen - während Argentiniens Fußball neue Wege gehen will.

Von Javier Cáceres

Am Mittwoch waren 50 Tage vergangen, seit Lionel Messi letztmals öffentlich gesprochen hatte. Und 46 Tage, seit Argentinien bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland ausgeschieden war, nach einer Achtelfinal-Niederlage (3:4) gegen den späteren Weltmeister Frankreich. Damals verließ Messi den Elefantenfriedhof von Kasan - dort scheiterten neben Argentinien auch die weiteren früheren Weltmeister Brasilien und Deutschland -, ohne ein Wort zu sagen. Weder erörterte Messi die Ursachen der Pleite, noch ließ er erkennen, was das Aus für ihn persönlich bedeuten könnte.

Die Antwort auf diese Frage war insofern dringlich, als er sich vor der WM in einem Interview mit der Zeitung Sport aus Barcelona bezüglich seiner Zukunft in der Nationalelf enigmatisch geäußert hatte: "Das hängt davon ab, wie es (bei der WM in Russland) läuft, wie wir abschneiden", sagte Messi. Nun sickerte in Buenos Aires durch: Argentinien wird zumindest vorerst auf Messi verzichten. Der Kapitän der Argentinier nehme eine Auszeit, "2018 wird es keinen Messi bei der Nationalelf geben", hieß es beim Verband AFA. Der Neuaufbau, der nach der enttäuschenden WM nötig ist, findet also zunächst ohne die Nummer 10 statt. Nur: Was kommt danach? Es gebe für das, was ab 2019 passieren könne, "weder eine Bestätigung noch ein Indiz", schrieb die Zeitung Clarín.

Noch wagt niemand in Argentinien, an ein Szenario ohne Messi zu denken. Aber: Messi ist ein wenig mitteilsamer, kaum zu deutender Mensch, der schon enge Wegbegleiter mit so mysteriösem wie dröhnendem Schweigen an den Rand des Wahnsinns getrieben hat.

Andererseits kann man auch nicht jede scheinbar verbindliche Äußerung auf die Goldwaage legen. Rückblende: Unmittelbar nach dem verlorenen Copa-América-Finale von 2016 hatte Messi seinen Rücktritt aus der Nationalelf erklärt; aus Verbitterung darüber, dass er nach dem WM-Finale 2014 gegen Deutschland sowie dem Copa-América-Finale 2015 gleich drei Endspiele verloren hatte und in der Heimat, die er so liebt und die ihm immer so skeptisch gegenüberstand, in der Kritik gevierteilt wurde.

Was treibt ihn um?

Tage später revidierte er seine Demission wieder. Was ihn nun umtreibt, ist ein Rätsel. Nur eines gilt als so sicher, dass es die Titelseite der argentinischen Sportzeitung Olé schmückte: Die Wunden, die der Kapitän bei der WM in Russland erlitten hatte, seien "noch nicht vernarbt". In der Auszeit liegt eine gewisse Logik. Argentiniens Verband hat nach der WM Trainer Jorge Sampaoli entlassen und die U20-Trainer Lionel Scaloni und Pablo Aimar, zwei frühere Profis, übergangsweise mit der A-Nationalmannschaft betraut.

Bis zum Ende des Jahres stehen für Argentinien keine Pflichtspiele an, der Verband büßt durch Messis Absenz keine Einnahmen ein. Scaloni und Aimar sollen einen Neubeginn einläuten - mit jungen Spielern wie Tagliafico, Armani, Pavón, Meza, Lo Celso, Mercado oder Dybala, die in Russland dabei waren; sowie mit Hoffnungsträgern wie Inter Mailands Stürmer Lautaro Martínez, 20, oder Stuttgarts Mittelfeldspieler Santiago Ascaicibar, 21. Aber: Ein langfristiges Projekt ist nicht in Sicht. Wartet Messi ab, was ihm der chaotisch geführte Verband zu bieten hat?

Möglich ist das allemal. In Argentinien erinnert man vorsorglich daran, dass ein gewisser Diego Maradona nach der WM 1982 fast drei Jahre lang kein Länderspiel bestritt, was größtenteils schweren Verletzungen geschuldet war, und dann 1986 in Mexiko Weltmeister wurde.

Aber: Maradona war damals 25 Jahre alt. Bei der nächsten WM, 2022 in Katar, wird Messi bereits 35 sein, und womöglich treibt ihn der Gedanke um, er könne dann zu alt sein, um den WM-Pokal zu stemmen, nach dem er sich so sehr sehnt.

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