Nationalmannschaft:Start der Studienphase

Deutschland - Weißrussland

Spielt mit der deutschen Nationalmannschaft zum zweiten Mal in der Nations League: Bundestrainer Joachim Löw.

(Foto: Marius Becker/dpa)

Gegen Nordirland soll sich das DFB-Mittelfeld einspielen - auf der linken Abwehrseite wird wohl wieder der einstige Stammspieler Jonas Hector zum Einsatz kommen.

Von Philipp Selldorf, Frankfurt

Am Montagvormittag hat es Jogi Löw wissen wollen. Im Teamhotel in Frankfurt setzte er sich mit den Vertrauten zusammen und studierte mit ihnen die ebenso komplexen wie komplizierten Regularien für die Ende November anstehende Auslosung zur Gruppenrunde der Europameisterschaft. Danach war der Bundestrainer nicht nur schlauer, sondern auch dazu in der Lage, eine fundierte Meinung über die Präferenzen bei der Gegnerzuteilung zu äußern: Das Verfahren sei "nicht so einfach", erläuterte Löw, "aber es ist mir am Ende auch wurscht". Man werde es so oder so mit starken Mannschaften zu tun bekommen: "In der Gruppenphase muss man jeden Gegner ernst nehmen und jedes Spiel wie ein K.o-Spiel betrachten."

So gesehen ist es, um mit Löw zu sprechen, vollkommen wurscht, ob die deutsche Mannschaft am Dienstag ihr abschließendes Qualifikationsspiel gegen Nordirland gewinnt oder nicht gewinnt, und ob sie Gruppensieger oder Gruppenzweiter wird. Aber so wurscht ist die Sache natürlich auch wieder nicht, außer den erwarteten 40 000 Zuschauern mit ihrem berechtigten Anspruch auf einen seriösen Einsatz gibt es schließlich eine Sportlerehre und den damit verbundenen Ehrgeiz, ohnehin jedes Spiel gewinnen zu wollen. Dass man als Erster vor den Holländern abschließen könnte, das sei schon "ein kleiner Tick Extra-Motivation", sagte Toni Kroos.

Im Tor wird ter Stegen stehen, als linker Verteidiger bekommt Hector wieder eine Chance

Gleichwohl wertet der Bundestrainer die Partie als ersten Teil der Experimentierphase für die EM. Zu Studienzwecken wird eine andere Elf spielen als jene, die er am Samstag beauftragt hatte, "eine gewisse Achse", so Löw, solle jedoch erhalten bleiben. Kroos, Joshua Kimmich und Ilkay Gündogan sollen ihre Zusammenarbeit im Mittelfeld vertiefen. Kroos hält das für eine gute Idee. Erstens möchte er, wenn er sowieso da ist, nicht auf der Bank sitzen. Zweitens vertritt er die Ansicht, dass seinem Mannschaftsteil eine Schlüsselfunktion zukommt ("es ist ein Bereich, der extrem wichtig ist, um Spiele zu dominieren und auch zu gewinnen"), weshalb er davon überzeugt ist, dass die potenzielle Wunschformation zum Einsatz kommen sollte: "Man kann allgemeine Abläufe üben und einspielen. Wir haben vielleicht noch fünf Spiele bis zum ersten EM-Gruppenspiel, da müssen wir jede Minute nutzen - das ist eben der grundlegende Unterschied zwischen Nationalmannschaft und Verein."

Änderungen wird es in der Abwehr geben. Jonas Hector, langjähriger Stammspieler, übernimmt wieder den Posten, den ihm nach der WM 2018 Nico Schulz entwendet hat. Löw sagte, er wolle "einige Spieler noch mal sehen" bzw. "ihnen das Vertrauen geben". Auf Hector trifft wohl beides zu: Zuletzt war der Kölner in der Rangliste hinter Schulz und Marcel Halstenberg gerutscht, aber da bisher keiner der Kandidaten vollends überzeugen konnte, geht die Suche nach dem geeigneten Mann womöglich bei Hector von vorne los.

Weniger hintergründig ist der Wechsel im Tor, Marc-André ter Stegen erhält einen der versprochenen Proporz-Einsätze. Auch Emre Can darf auf Verwendung hoffen: Löw lobte ihn als Spieler, der außer internationaler Erfahrung "die Komponente Robustheit und Zweikampfstärke mitbringt" - Kriterien, die in der deutschen Mannschaft ein wenig unterrepräsentiert sind und im kommenden Sommer gefragt sein werden. Einerlei was die ominöse Auslosung bringt.

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