Süddeutsche Zeitung

Nationalmannschaft:Löw muss liefern

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Der Bundestrainer steht vor dem Auftakt ins Länderspieljahr mit den Partien gegen Serbien und die Niederlande mächtig unter Druck.

Zwar hat sich Joachim Löw am vergangenen Freitag ausführlich erklärt, dennoch sind vor dem Start ins Länderspieljahr 2019 offenkundig eine Menge Fragen offen. Kreuz und quer kamen am Wochenende die Wortmeldungen angeflogen, und sie alle lassen nur einen Schluss zu: jenen, dass Löw nach seinen radikalen Personalentscheidungen unter einem Ergebnisdruck steht wie schon lange nicht mehr. An diesem Montag versammelt Löw seine Kandidaten in Wolfsburg zum Neuanfang nach dem WM-Desaster, und er tut das in dem Bewusstsein, dass ausgerechnet Verbandspräsident Reinhard Grindel mit Aussagen aus dem fernen Florida jene Stil-Debatte befeuert hat, die Löw nach der Ausmusterung von Mats Hummels, Jérôme Boateng und Thomas Müller gerade erst auszuräumen versuchte.

"Klug" wäre es gewesen, wenn Löw schon an besagtem Dienstag, am Tag der Ausmusterung, eine Pressekonferenz abgehalten hätte, stellte der Verbandsboss fest. "Wenn man das gleich gemacht hätte, wären, glaube ich, sehr viele Fragen beantwortet und damit sehr viele Missverständnisse vermieden worden", sagte Grindel. Die Debatte, die er damit auslöste, versuchte der Präsident am Sonntag nach der Rückkehr aus den USA wieder einzufangen, indem er eigene Versäumnisse einräumte. "Schließlich hätte ich selbst auch auf die Idee kommen können, eine solche Pressekonferenz anzuregen, als ich informiert wurde", sagte Grindel. Seine Worte als Kritik an Löw zu verstehen, sei eine Fehlinterpretation. Unabhängig vom präsidialen Schlingerkurs dürfte aber klar sein: Die auch nach dem WM-Debakel und dem Abstieg in der Nations League demonstrierte Treue zu Löw ist vor dem Länderspiel-Auftakt am Mittwoch im Test gegen Serbien und in der EM-Qualifikation am Sonntag in den Niederlanden brüchig geworden.

Auch bei zwei Niederlagen zum Jahresstart wolle man sicher nicht sofort wieder eine Personaldebatte um den Bundestrainer starten, hieß es aus höchsten DFB-Kreisen; erst zum Ende der EM-Ausscheidungsrunde im Herbst werde Bilanz gezogen und bewertet, ob die hohen Ansprüche fürs Turnier 2020 auch zu erfüllen sind. Eine Panne gegen Serbien und ein Fehlstart in Amsterdam würde den öffentlichen Druck auf Löw jedoch wieder erhöhen.

Selbst von Löws einstigem Vertrauten Jürgen Klinsmann gab es am Wochenende kritische Worte zu hören. Der ehemalige DFB-Teamchef brachte die komplexe Lage für seinen einstigen Co-Trainer auf den Punkt: "Das erhöht natürlich den Druck und die Diskussionen. Du musst jetzt Erfolg haben, egal was du tust. Jetzt noch viel mehr", sagte Klinsmann bei seiner Vorstellung als neuer RTL-Experte. Natürlich weiß auch Löw selbst, dass er mehr denn je an nackten Zahlen gemessen werden wird. "Jetzt brauchen wir zwar eine gute Spielweise mit viel Enthusiasmus. Aber wir brauchen vor allem auch wieder gute Ergebnisse", sagte er der Welt am Sonntag und fügte als Erklärung für seinen Kader-Umbruch an: "Und dazu brauchen wir den Mut zu Veränderungen." Als Neulinge werden am Montag Niklas Stark (Hertha BSC), Maximilian Eggestein (Werder Bremen) und Lukas Klostermann (RB Leipzig) in Wolfsburg erwartet.

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SZ vom 18.03.2019 / SZ, dpa
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