Nationalmannschaft:Özil löst sich auf

Mesut Özil ist erst kreativ und dann verschwunden. Auch Thomas Müller weiß nicht, wohin mit sich. Und Mats Hummels trifft eine grüne Wand. Das DFB-Team in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp, Dublin

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Manuel Neuer

Republic of Ireland v Germany - UEFA Euro 2016 Qualifying Group D

Quelle: REUTERS

Musste vor der Partie allen Ernstes erläutern, wie lange er noch für Deutschland spielen will. So lange, wie er eben kann, sagte er sinngemäß. Ist ja erst 29, da geht schon noch ein bisserl was. Da geht zum Beispiel die Kapitänsbinde! Führte sich mit einem formschönen Fehlpass ein, was aber ohne Folgen blieb. Erlebte eigentlich einen Abend von gähnender Langeweile, doch dann stürmte plötzlich ein Mann namens Shane Long auf ihn zu und haute ihm ein Ding um die Ohren, das selbst der Kapitäns-Neuer nicht mehr parieren konnte. Kassierte diesmal allen Ernstes eine Niederlage! Kennt er aus München gar nicht mehr.

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Matthias Ginter

Republic of Ireland v Germany - UEFA EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Vom Stadionsprecher allen Ernstes als "Matthiäs Dschinter" angekündigt. Stand in der Startformation, weil der Bundestrainer offenbar mehr von ihm hält als Thomas Tuchel. Der hatte ihm zuletzt nicht zugetraut, das Übersteiger-Inferno von Douglas Costa zu überleben. Stellte erleichtert fest, dass die Iren keinen Costa haben und auch das Stilmittel des Übersteigers kaum einsetzen. Wagte sich nach vorne, wo ihm das irische Stilmittel der Raumdeckung aber kaum Möglichkeiten gewährte. Erlebte nach einer insgesamt trägen Darbietung schließlich auch das Stilmittel der verfrühten Auswechslung.

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Mats Hummels

Ireland vs Germany

Quelle: dpa

Reiste mit einer selbst entfachten "Motzki-Debatte" im Gepäck an und war froh, dass ihm Löw die Absolution zum Motzen gab ("Der Kapitän hat das Recht dazu"). Erteilte sich wegen Unterbeschäftigung in der Defensive selbst die Absolution zum Überqueren der Mittellinie und trabte munter los. Schaffte es sogar bis zum Strafraum der Iren, wo ihm die grüne Wand so manches Mal den Weg versperrte. Vielleicht hätte er es mal mit Motzen probieren sollen. Ein zünftiges "Schleicht's eich" oder "Get out my way" wäre angebracht gewesen. Schlug schließlich im eigenen Sechzehner eine Jahrhundert-Kerze und kam beim 0:1 zu spät. Hätte sich eigentlich selber anmotzen müssen, aber das geht ja schlecht.

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Jérôme Boateng

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Quelle: AFP

War an der Motzki-Debatte nicht ganz unbeteiligt - seine 800-Meter-Pässe führten schließlich zum Ausbruch von Vulkan Hummels beim BVB. Ging die Partie erneut als Herr des weiten Balles an und schleuderte gleich ein paar Geschosse in die Ferne (kamen alle an!). Erschreckte die Iren mit seiner puren Präsenz schon bevor sie ihm überhaupt nahe kamen. Demonstrierte mit Gigantenschritten sein Raum-Zeit-Gefühl, köpfelte Bälle eine Etage höher als der Rest in die richtige Richtung und sah dabei aus wie einer, der gerade gemütlich ein Guinness am Tresen bestellt. Lullte sich irgendwann selbst so ein, dass er beim 0:1 plötzlich nur noch hinterher lief. Sein einziger verflixter Fehler.

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Jonas Hector

Republic of Ireland v Germany - UEFA Euro 2016 Qualifying Group D

Quelle: REUTERS

Dürfte sich manchmal wundern, dass Deutschland immer noch über ein vermeintliches Außenverteidiger-Problem diskutiert. Spart sich aber das Motzen darüber und spielt stattdessen eine Krachersaison beim 1. FC Köln. Hatte bei einem Vorstoß die Gelegenheit zu einer Kracherflanke, doch sein Versuch landete irgendwo Richtung Irische See. Wunderte sich sichtlich über die Offensivverweigerung der Iren, weshalb er das Verteidigen gleich ganz bleiben ließ. Positionierte sich für mehr Teilnahme am deutschen Anrennen oft zu weit außen - dabei hätte er durchaus Möglichkeiten gehabt. Solide, aber nicht mit dem Esprit, den beispielsweise ein Marcel Schmelzer zuletzt in Dortmund zeigte.

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İlkay Gündoğan

Republic of Ireland v Germany - UEFA Euro 2016 Qualifying Group D

Quelle: REUTERS

Versuchte die Motzki-Debatte unfallfrei zu umschiffen und erklärte dann, wie toll es sei, einen Abwehr-Bomber wie Boateng hinter sich zu wissen. Nunja. Begann den Abend mit drei Ballverlusten und einer vergebenen Jahrtausendchance, blieb dafür aber von Hummels ungerügt. Steigerte sich im Verlauf des Spiels und saugte Bälle an wie ein Tintenfischtentakel. Schaffte es aber trotzdem nicht, das deutsche Spiel wuchtiger zu machen. Sammelte 1001 Ballkontakte ohne dass daraus Zählbares entstand. Hatte schon unfallfreiere Auftritte.

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Toni Kroos

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Quelle: AP

Wurde den Zuschauern im Stadion phonetisch nicht ganz korrekt als "Touni Cruise" vorgestellt. Besetzte mit einem gewissen "Dschindogän" die Kommandobrücke auf der MS-Deutschland - Cruise und Dschindogän, für irische Ohren macht das Sinn. Wollte der Offensive Akkuratesse verleihen, indem er stets mit erhobenem Kopf nach Räumen fahndete. Fand diese aufgrund des irischen Abwehrwalls nicht immer und driftete ein wenig ins Pomadige ab. War irgendwann nicht mehr zu sehen und muss sich fragen lassen, ob er diesmal nur mit "Cruise Control" (Tempomat) unterwegs war?

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Mesut Özil

Republic of Ireland v Germany - UEFA Euro 2016 Qualifying Group D

Quelle: REUTERS

Seine Weltmeisterfüße hält Löw für unersetzlich - das lässt sich nicht über alle Weltmeisterfüße sagen (Schürrle! Podolski! Kramer!). Verwirrte die Iren mit einigen Körpertäuschungen, die so nur schwer zu lernen sind und frönte ausgiebig dem Doppelpass. Ging nicht immer gut, aber schon allein die Ideen hatten Unterhaltungswert. Verfehlte mit einem Kullerball knapp das Tor, bemühte sich um kreative Momente und fand doch nur irische Abwehrbeine. Baute immer weiter ab und war plötzlich ganz verschwunden. Man muss sagen: Er hat sich mit diesem Vortrag etwas weniger unersetzlich gemacht.

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Marco Reus

Republic of Ireland v Germany - UEFA EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Man muss ja schon froh sein, wenn er endlich wieder mal mitspielt. Seine Verletzungs-Seuche beim DFB ist bekanntlich ein eigenes Kapitel fürs Tragiker-Handbuch. Lauerte auf der linken Seite auf seine Chance, Tempo aufzunehmen, aber die kam zu selten. War an diesem Zauder-Abend nur ein Künstler unter vielen und musste feststellen, dass in Irland notfalls auch Rustikales gefragt ist. Verletzte sich immerhin nicht wieder und wurde auch nicht angemotzt.

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Thomas Müller

Republic of Ireland v Germany - UEFA EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Gäbe es einen gewissen Lewandowski nicht, wäre er wohl derzeit der beste Stürmer der Welt. So ist er halt der zweitbeste. Pflügte auf seinen eigenen Wegen durch das irische Hinterland und traf dort auf robusten Widerstand. Ließ sich weit ins Mittelfeld fallen, um ein wenig frische Luft zu schnappen, doch dort standen schon die Kollegen. Verbrachte viel Zeit damit, Platz für seine Läufe auszukundschaften und vergaß dabei die alte Devise "keep it simple". Senste den Ball bei seiner besten Chance am Gehäuse vorbei und motzte ausgiebig Richtung Dubliner Nachthimmel.

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Mario Götze

-

Quelle: AP

Wünschte sich im SZ-Interview, dass Journalisten einfach mal nachfragen sollen, wie er Gesagtes gemeint hat. Eine feine Idee, doch bis zum Anpfiff hatte er es versäumt, seine Telefonnummer bei Instagram zu posten. Schlich geschickt zwischen den irischen Linien herum, streichelte den Ball, wenn er ihn hatte und ließ seine Instinkte sprechen. Dann endete sein Auftritt jäh, als er sich bei einem Duell den Fuß vertrat und eine Adduktorenverletzung zuzog. Wäre seine Telefonnummer bekannt, könnte man ihm jetzt Genesungswünsche schicken.

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André Schürrle

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Quelle: AP

Durfte dem Dubliner Publikum dann doch seine Weltmeisterbeine vorführen, als er für Götze kam. Beschränkte sich zunächst auf das Fachgebiet Flanken, das hatte im WM-Finale ja auch passabel geklappt. Zeigte danach ausgiebig, warum er bei Dieter Hecking in Wolfsburg derzeit keinen Weltmeister-Bonus hat und tauchte irgendwo ins Nirwana ab.

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Germany v Republic of Ireland - EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Karim Bellarabi: Kam spät in ein Spiel, das ihn vielleicht eher gebraucht hätte. Seine Sprints in die Tiefe, seine Schärfe, seinen Instinkt vermissten die Deutschen (Archivbild).

Kevin Volland: Als nur noch Stürmer gefragt waren, durfte auch er noch mitspielen. Ohne Erfolg.

© sz.de/schma
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