Nationalelf: Joachim Löw:Dynamik aus München

Der umworbene Joachim Löw nimmt sich selbst vom Markt - er verlängert seinen Vertrag beim DFB bis 2014. Auch durch das Interesse von Bayern am Nationaltrainer hatte die Personalie zuletzt eine besondere Dynamik erhalten.

Philipp Selldorf

Zuletzt ist auch der Bundestrainer ins Gerede gekommen, der Name Joachim Löw "geistert durch München", so raunte es eine örtliche Zeitung. Sie spielte damit nicht auf ein paranormales Phänomen an, es ging um die Trainersuche des FC Bayern. Die wird weder von okkulten noch von esoterischen Zügen bestimmt, sondern von ziemlich bodenständigen Überlegungen. Deshalb kommen darin traditionell die alten Getreuen Ottmar Hitzfeld und Jupp Heynckes vor, neuerdings aber auch der Name Joachim Löw. Uli Hoeneß, der Präsident, nennt ihn respektvoll "Jogi", er schätzt den Bundestrainer und dessen Arbeit.

Löw bleibt bis 2014 Bundestrainer

Verlängerte seinen Vertrag mit dem DFB bis 2014: Nationaltrainer Joachim Löw.

(Foto: dpa)

In Frankfurt hat man das genau registriert, und wohl auch deshalb hat die Beziehung, die Löw seit 2004 mit dem DFB unterhält - seit 2006 als hauptverantwortlicher Bundestrainer - während der vergangenen Tage "eine gewisse Dynamik gekriegt", wie vertraulich zu erfahren war. Wobei sich solche diskreten Hinweise spätestens seit Dienstag um ein Uhr mittags erübrigt haben, denn da wurde der DFB in offensiver Weise indiskret, indem er bekannt machte, den laufenden Vertrag mit Löw um zwei Jahre bis zum Abschluss der Weltmeisterschaft in Brasilien verlängert zu haben.

Des weiteren besagte die Pressemitteilung Nr. 23/2011, dass der Verband auch nicht vergessen habe, die Abmachungen mit Teammanager Oliver Bierhoff, Assistent Hans-Dieter Flick und Torwarttrainer Andreas Köpke fortzuschreiben. Wer sich noch dunkel daran erinnert, was vor einem Jahr in Frankfurt und im übrigen Land los war, als der DFB einen neuen Vertrag mit Löw und dessen Mitstreitern schließen wollte und dabei krachend scheiterte - der wird sich nun womöglich wundern, wie lautlos und unkompliziert es diesmal vonstatten ging. Präsident Theo Zwanziger lobte die "harmonischen Gespräche" und hob "das gegenseitige Vertrauen" hervor, und es gibt derzeit keinen Anlass, diesen Würdigungen des guten Klimas grundsätzlich zu misstrauen.

Das liegt auch an der Vorgeschichte dieser im Stillen vollzogenen Einigung. Zwanziger und Löw hatten bereits vor zwei Monaten ein grundsätzliches Gespräch geführt, in dem es um die Perspektive einer weiteren Zusammenarbeit ging - und keine Zeitung hat darüber berichtet. Es herrschte Vertraulichkeit. Anders als in der Vorweihnachtszeit im vorigen Winter, als Zwanziger nach einer ähnlichen Unterhaltung mit Löw in der Bild-Zeitung voreilig die nächste Vereinbarung mit dem Bundestrainer ankündigte. Ganz zu schweigen von den anderen Indiskretionen, welche die weiteren Verfahrensschritte begleiteten. Ungeschicklichkeiten waren aber auch Löw und Verhandlungsführer Bierhoff unterlaufen, indem sie ein wuchtiges Forderungspaket zur Diskussion stellten, das der DFB als Überforderung empfand.

"Warum warten, wenn sich die Dinge vorher regeln lassen?"

Bierhoffs Verbleib beim DFB galt damals nach dem Abbruch der Gespräche als undenkbar. Er selbst hatte eigentlich auch keine Lust mehr, erst der glorreiche Verlauf der Weltmeisterschaft in Südafrika änderte die Lage, und nach dem Turnier erwiesen sich die Parteien als lernfähig. Den nächsten Verhandlungen blieb Bierhoff fern, die Regie übernahmen Dritte, namentlich Löws Hannoveraner Berater Harun Arslan und der Anwalt Christoph Schickhardt.

Löw bleibt bis 2014 Bundestrainer

Einmal lächeln bitte: Auch Hansi Flick (links), Oliver Bierhoff (2. von rechts) und Andreas Köpke (rechts) verlängerten ihre Verträge. Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger rahmen Bundestrainer Löw ein.

(Foto: dpa)

Der jüngste gemeinsame Schritt fiel nun allen Beteiligten leicht. DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach, der mit den Details befasst war, sieht das Resultat als beiderseitigen Gewinn: "Die Zusammenarbeit mit unseren sportlichen Köpfen läuft hervorragend, das Klima bei der Nationalmannschaft stimmt, ebenso die Ergebnisse, und wir sehen glänzende Perspektiven. Warum sollte man denn bis zum Ende der EM-Qualifikation warten, wenn sich die Dinge auch schon vorher regeln lassen?"

Dass die Dinge dieser Tage ein wenig beschleunigt wurden, hängt womöglich tatsächlich damit zusammen, dass der Name Löw zuletzt durch München geisterte. Allerdings wäre es, da sind sich die Kenner einig, extrem unwahrscheinlich gewesen, dass er in absehbarer Zeit eventuellen Avancen des FC Bayern stattgegeben hätte. Vor der EM 2012 in Polen und der Ukraine hätte er sein Engagement keinesfalls wechseln wollen, und nach der EM wäre es bereits zu spät gewesen, um fristgerecht den Dienst in München anzutreten. Er hätte ja frühestens nach Turnierschluss einsteigen können, zu einem Zeitpunkt, da die Bundesligaklubs längst in der Vorbereitung stehen. Die Erfahrung der WM hat Löw aber zum wiederholten Male bewiesen, dass er nach einem zehrenden Turnier geistig und körperlich noch nicht in der Lage ist, unmittelbar nach der Heimkehr, womöglich sogar gleich nach dem Besuch am Brandenburger Tor, auf die Erfordernisse eines besonders anspruchsvollen Spitzenklubs umzuschwenken.

Der FC Bayern wird einen anderen Mann suchen müssen, dem er sein Team anvertraut. Die bekannte, bodenständige Lösung ist unverändert der aktuelle Favorit. In Leverkusen ist man bereits darauf eingerichtet, dass Jupp Heynckes am fälligen Tag des Bekenntnisses - am Montag kommender Woche - das Angebot für ein weiteres Jahr bei Bayer 04 verneint. Sportchef Rudi Völler hätte Verständnis: "Wenn ein Name wie Bayern München im Gespräch ist, dann kommt man ins Grübeln, das ist doch normal. Wir sind so aufgestellt, dass uns gar nichts überraschen wird. Fakt ist: Bei Bayer Leverkusen wird auch nächstes Jahr guter Fußball gespielt werden." Der DFB darf für seine Nationalmannschaft seit Dienstagmittag das gleiche Versprechen wagen.

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