Nationalelf:Fehlstart ins WM-Jahr

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Das DFB-Präsidium hat die Verlängerung des Vertrages von Joachim Löw vertagt. Dem Verband darf schon jetzt ein echter Fehlstart ins WM-Jahr attestiert werden.

Thomas Kistner

Eigentlich müsste der Bundestrainer jetzt zurücktreten. Zum einen ist der Vertrauensschwund zwischen Joachim Löw und dessen Team sowie der DFB-Verbandsspitze um Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach derart bizarr in aller Öffentlichkeit vorgeführt worden, dass dies die naheliegende Konsequenz wäre. Und zum anderen ist fraglich, wie Löw als (allen feierlichen Funktionärsbekenntnissen zum Trotz) intern schwer angezählter Nationalcoach diese schwierige WM-Mission überstehen soll.

Joachim Löw und Theo Zwanziger: Vertragsverlängerung vertagt. (Foto: Foto: dpa)

Es braucht keine Fantasie für die Prognose, dass er fortan bei jeder Minderleistung seiner Mannen in den Brennpunkt einer branchentypischen Grundsatzkritik gerückt werden wird - unter beliebten Schlagzeilen wie: "Spielen die Jungs heute schon um Jogis Kopf?"

Die Seinsfrage um Bundestrainer und Teammanager ist eine Großbaustelle, die sich ein Verband mit Führungsstärke nicht leisten kann, schon gar nicht in der letzten Aufwärmphase für eine WM.

Dass neben dem offenkundigen Steuerdefizit auch noch der Fehler begangen wurde, die eigene sportliche Leitung über gut platzierte Indiskretionen als eine subtil feindliche Macht im eigenen Haus zu kennzeichnen, der es vor allem um Geld und Kompetenzen geht, zeigt, dass die - ursprünglich sachliche - Auseinandersetzung gezielt emotionalisert wurde.

Und es zeigt, wo die tieferen Gründe für diesen Machtkampf um die Nationalelf zu suchen sind, um Deutschlands liebstes Kind: In der Eitelkeit derer, die sich in der Ära Löw/Bierhoff aufs Abstellgleis geschoben wähnen. Weil sie nicht mehr mittendrin, sondern nur noch dabei sein dürfen.

Nun wird versucht, den Ball flach zu halten. Peinlich genug ist die Causa ja auch deshalb, weil Verbandschef Zwanziger sie bereits als erledigt erklärt hatte, per Handschlag besiegelt mit Joachim Löw. Dabei war nichts geklärt, der allzeit diskrete Löw bestreitet intern nicht nur den Handschlag - er hat sich auch stets an die Vereinbarung gehalten, offene Fragen intern zu klären. Das ist offenbar nicht einmal versucht worden.

Den Vertragsvorschlägen von Löw und Bierhoff von Mitte Januar hat der Verband keine Debatte folgen lassen. Was immer da gefordert worden ist, von der Signing fee, die als rückwirkende Bonuszahlung für die Zeit seit 2004 gedacht war, bis zu den Befugnissen eines Teammanagers - alles war verhandelbar. Doch breit verhandelt wurde es nicht in der DFB-Zentrale, sondern in einschlägigen Medien. Intern kam nur ein Gegenangebot für Löw und Co. Anfang der Woche, und gleich darauf - welch ein Affront - das Ultimatum: Hier unterschreiben, meine Herren, binnen 48 Stunden. Zackzack!

Ist der Eindruck falsch, dass dies generell der neue Stil im Hause DFB ist? Die Baustellen häufen sich, stets geht es um Personalien, vom Pressestab bis zum Präsidium; es riecht nach Revirement. Dem DFB darf jedenfalls schon jetzt ein satter Fehlstart ins WM-Jahr attestiert werden.

© SZ vom 5.2.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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