Süddeutsche Zeitung

Nathalie Armbruster bei der Nordischen Ski-WM:Im Zwischenzeugnis eine glatte Eins

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Nathalie Armbruster ist erst 17 Jahre alt, aber mit zwei WM-Silbermedaillen hat sie den Spezialauftrag angenommen, der Nordischen Kombination neue Popularität zu bescheren. Aber erst nach der Klassenfahrt.

Von Volker Kreisl, Planica

Fast alles, was Nathalie Armbruster zurzeit in Angriff nimmt, dient der Ausbildung. Man kann sagen, die Schwarzwälderin ist eine Art professionelle Schülerin. Sie ist in verschiedenen Lebensbereichen gleichzeitig unterwegs und immer geht es darum, zu lernen; Armbruster ist ja auch erst 17 Jahre alt.

Zuletzt stand der Sport im Vordergrund, nicht irgendeiner, sondern Skisport, Kategorie Weltmeisterschaft. Nordische Kombiniererin ist Armbruster, zwei Disziplinen in einem, das hatte ihr schon immer gefallen. Zwei Einsätze hatte sie, einen im Einzel, den anderen im Mixed-Team. Dabei flog und rannte sie schnell, am Ende des Wochenendes musste sie weiterreisen, im Gepäck zwei Silbermedaillen.

Vielleicht liegt es an ihrer Natur, vielleicht aber auch daran, dass sie sich selber noch als Lernende begreift. Bei der WM nun hat Armbruster noch alle Eindrücke aufgesaugt, sie kann noch staunen und sich begeistern. Nach ihren Lauf-Erfolgen hat sie die Auftritte vor den Kameras, vor den Journalisten bei Pressekonferenzen, die ganze Routine in der Öffentlichkeit locker und lächelnd aufgenommen.

Armbruster ist also ein Glücksfall für diesen Sport, der vom Internationalen Olympischen Komitee womöglich zugunsten anderer Disziplinen schleichend gestrichen werden soll. Damit das nicht passiert, braucht es jemanden, der für die Zukunft der Kombinations-Frauen steht, und zwar für eine spannende und interessante Zukunft. Weil die Schwarzwälderin Armbruster aus einem der wichtigsten Wintersport-Länder kommt, ist sie nun auch eine Art wandelnde Botschafterin für ihren gesamten Sport. Nichts könnte für die Trainer und Mitarbeitenden dieses Milieus besser sein als junge Sportlerinnen, die jene Plackerei aus Springen und Skaten lieben, die damit das Niveau der Disziplin heben und ein Vorbild für Jüngere sind.

Entscheidend für die Einzel- und die Teammedaille war die Krafteinteilung. Das klingt zunächst selbstverständlich, ist es aber nicht bei einer 17-Jährigen, die offenbar sehr vieles interessiert und reizt - große Vorhaben wie auch kleinere Versuchungen, etwa einen Rückstand schnell zuzulaufen. Solches Risiko ist das Wesen der Kombination, aber Armbruster ist nun zwei Mal nicht darauf reingefallen. Sie hat die Ratschläge ihrer Trainer und Lehrer befolgt und hat sich in moderatem Tempo an die Fersen von Gyda Westvold Hansen geklemmt, ohne sie einzuholen. So reif ist sie dann doch schon, weil sie die überragend laufende Norwegerin kaum eingeholt hätte, ohne dabei alle Kräfte zu verlieren und womöglich weit zurückzufallen.

Neben dem unausgesprochenen Auftrag, zur Rettung ihres Sports beizutragen, hat Armbruster eine weitere Verantwortung übernommen. Das eigene Team kann jedes Talent gebrauchen, und Florian Aichinger, der Bundestrainer, hat die Schwarzwälderin, die nicht Fußball-Profi oder Tennis-Berühmtheit oder Alpin-Ski-Racerin, sondern Nordische Zweikämpferin werden wollte, gerne in seinem Team aufgenommen.

Ihr Trainer lobt sie als "Frohnatur"

"Von so einer Frohnatur, die dann auch noch erfolgreich ist, kann jede Sportart nur profitieren", sagt Aichinger, "bei ihr kommt so viel zusammen, was sie da noch obendrauf packt, das ist gewaltig." Es ist aber nicht nur die gute Laune, die der Mannschaft hilft, als vielmehr der Effekt, dass ein Erfolg wie der von Armbruster nicht nur in ihrer Heimat, sondern nun auch in vielen Skizentren Deutschlands mehr Interesse für diesen alten Winter-Zweikampf schüren könnte.

Neben der internationalen und der nationalen Unterstützung der Nordischen Kombination, die Armbruster gerade ganz von selbst leistet, hat sie noch einen dritten Auftrag - die eigene Lebenslaufbahn neben dem Wintersport. Die nimmt sie offenbar sehr ernst. Denn sie ist gerade nicht nur eine Leuchte auf der Schanze und in der Loipe, sondern auch in der Schule. Das jüngste Zeugnis, so erzählte sie in diesen Tagen, habe einen Notendurchschnitt von 1,0 erbracht. Und sich in der Schule nach diesen Strapazen für ein paar Tage entschuldigen zu lassen, das kam nun offenbar nicht in Frage.

Am Morgen nach der zweiten Medaille, nach dem Ende der Frauen-Kombinationsrennen, da setzte sich Armbruster in den Zug, um den Beginn ihrer Klassenfahrt in Berlin ja nicht zu verpassen. Weil sie noch schulpflichtig ist, aber auch, weil da gerade ihre Mitschüler sind, die sie vermutlich noch mal feiern - so als zweimalige Silber-Gewinnerin in einem Sport namens Nordische Kombination.

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