Nahender Abschied von Real Madrid:José Mourinho will geliebt werden

Real Madrids Trainer José Mourinho liebt Machtspielchen und verwirrende Auftritte. Nach dem Spiel gegen Dortmund ist es mal wieder soweit: Der Portugiese spricht nur über sich - und von seinem Wunsch, endlich wieder nach England zurückzukehren.

Von Carsten Eberts, Madrid

José Mourinho verliert einige Worte zum Spiel gegen Dortmund, bevor er auf das Wesentliche zu sprechen kommt. Er lässt sich über den Borussen Mats Hummels aus, der seiner Meinung nach eine rote Karte verdient gehabt hatte. Auch über den Schiedsrichter, der zu sehr "Mensch" gewesen sei. Trotzdem, kurzer Glückwunsch an den BVB. Wer im Champions-League-Finale steht, hat es dann ja meist irgendwie auch verdient.

Er selbst habe in diesem Endspiel stehen wollen, klagt Mourinho. Vor drei Jahren war er bei Real angetreten, um genau dies zu erreichen. Dem FC Porto und Inter Mailand hatte er bereits das Glück des großen Henkelpotts zuvor bereits verschafft. Mit Real ist es nun wieder nur das Halbfinale geworden. Zum dritten Mal in Serie, nach 2011 und 2012. Zu wenig für ihn, zu wenig für Real.

Anders als im Hinspiel hatten Mourinhos Madrilenen einen geordneteren Eindruck gemacht, trotz gewagt offensiver Ausrichtung mit Luka Modric als Sechser - und davor nicht weniger als vier weiteren Offensivkräften. Hätte Real seine vielen Chancen nur annähernd genutzt, stünde Real wohl im Finale. Doch Mourinhos Männer scheiterten. Sie schossen in der turbulenten Schlussphase nur zwei Tore. Drei hätte es gebraucht.

Nun aber wirklich zu den wesentlichen Dingen: zu Mourinhos Zukunft. Um die dreht sich vieles beim Weltverein, selbst nach solch aufwühlenden Spielen wie gegen den BVB. Offiziell ist das weitere Wirken des Trainers ungeklärt, weil sich niemand der wirklich wichtigen Leute, etwa Präsident Florentino Pérez, äußert. Die Anzeichen verdichten sich jedoch, dass Mourinho im Sommer die iberische Halbinsel verlassen wird. Sehr flinken Fußes sogar.

Nach dem 2:0 gegen Dortmund wird die Madrider Hauptstadtpresse samt deutschen Gästen Zeuge eines Auftritts von Mourinho, wie nur "The Special One" ihn liefern kann. "Real ist viel wichtiger als ich", bekennt Mourinho großmütig. Um anschließend nur von sich selbst zu reden.

Genauer gesagt von Chelsea, von jenem Klub, den er bereits von 2004 bis 2007 trainierte. Und zu dem er wieder wechseln dürfte, wenn man all die Anzeichen addiert. Gegenseitige Sympathie, so wird immer wieder berichtet, ist vorhanden. "Ich möchte dort sein, wo ich vorbehaltslos geliebt werde", erklärt Mourinho flackernden Blickes. Wie gut, dass Chelsea gerade einen neuen Übungsleiter sucht und Klub-Eigentümer Roman Abramowitsch als glühender Mourinho-Sympathisant gilt.

In England, schwärmt der Portugiese, sei eben vieles anders. Dort werde er respektiert, nicht nur von den Spielern, auch von Fans und Medien. "Ich weiß, dass mich dort vor allem ein Klub liebt", fährt Mourinho auf Nachfrage fort. Klar habe er in Madrid einen Vertrag, der über das Saisonende hinausgeht. Aber: "Im Fußball werden Verträge auch gebrochen."

"Es gibt viele Leute, die mich hassen"

Den Namen "FC Chelsea" nimmt Mourinho nicht in den Mund. Muss er auch nicht. Weiß eh jeder Bescheid.

Über Spanien redet Mourinho anders. Erst angesäuert, dann tief gekränkt. "Hier gibt es viele Leute, die mich hassen. Besonders in diesem Saal", brummt er. Was nach einem Affront klingt, ist längst keiner mehr. Die Journalisten, die Mourinho nicht immer freundlich gesinnt sind, haben sich an die Tiraden gewöhnt. Mourinho liebt Machtspielchen. Nicht nur in seiner Mannschaft, wo er zuletzt den Volkshelden Iker Casillas zum Ersatztorhüter degradierte.

Über allem, sagt Mourinho, stehe jedoch der Klub: Real Madrid. Den nimmt er in seiner Abschiedsrede - die eigentlich zu früh kommt, aber definitiv wie eine klingt - ausdrücklich in Schutz. "Real ist der wichtigste Klub der Welt", findet Mourinho. Ob sich das Engagement in Madrid denn trotzdem gelohnt habe, auch ohne Champions-League-Titel? Verständnisloses Kopfschütteln. Mourinho sagt: "Ein einziger Tag in Madrid hätte sich schon gelohnt."

Zum Abschied noch ein Gruß: "Ich bin alt genug. Um mich müssen Sie sich keine Sorgen machen." Dann schnarrt der Stuhl zurück, in Bruchteilen einer Sekunde steht Mourinho senkrecht und verschwindet von der Pressekonferenz. So schnell, wie selten ein Trainer vor ihm.

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