Nagelsmann und Rangnick:Da haben sich zwei gefunden

Julian Nagelsmann

Heute Gegner, morgen Chef und Angestellter: Ralf Rangnick und Julian Nagelsmann.

(Foto: dpa)
  • Beim 1:1 zwischen Leipzig und Hoffenheim spielt TSG-Trainer Julian Nagelsmann bei seinem künftigen Arbeitgeber vor.
  • Auf der gegnerischen Trainerbank sitzt Trainer Ralf Rangnick, der in der kommenden Saison sein Chef sein wird.
  • Nach dem Spiel vermitteln beide Taktik-Fanatiker den Eindruck, dass sie sich gut verstehen werden.

Von Saskia Aleythe, Leipzig

Ihr Grinsen erfüllte den Raum in der Leipzig Arena, als für einen Moment die Zukunft erschien. Die Frage während der Pressekonferenz kam ja wie gerufen für Julian Nagelsmann und Ralf Rangnick: Na, ist da Vorfreude dabei, in ein paar Monaten gemeinsam Spielsysteme auszuhecken? Rangnick lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und es fehlte nur eine Zigarre im Mundwinkel, wie sie einst Hannibal vom A-Team trug, der dann mit dem Gerät zwischen den Zähnen seinen Lieblingssatz sprach: "Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert."

So hat es Rangnick, der Noch-Trainer und Immer-Weiter-Sportdirektor von Rasenballsport Leipzig dann zwar nicht formuliert, während neben ihm der Bald-Trainer Julian Nagelsmann lauschte - aber ja, Vorfreude auf die ihnen bevorstehende Zeit war beiden doch anzusehen. Am Montag hatten sich die beiden Trainer mit einem 1:1 (0:1) getrennt, was vom Ergebnis her nach gütlicher Einigung aussah, auf dem Rasen aber mit etwas Glück noch mit einem Sieg für die Leipziger hätte enden können. Und nebenbei noch den Eindruck vermittelte: Da haben sich zwei Liebhaber der Taktiktüftelei gefunden, was ganz erquicklich sein kann, wenn man ab Juli dann gemeinsam dieselbe Mannschaft zum Erfolg führen möchte.

Tyler Adams im Mittelfeld macht den Unterschied

Schon im vergangenen Sommer hatte sich Rangnick die Dienste des jungen Trainers ab der Spielzeit 2019/2020 gesichert, was nicht bedeuten sollte, dass Nagelsmann nun in friedlicher Absicht an seinen künftigen Arbeitsplatz gekommen war. Die Hoffenheimer ärgerten Leipzig eine halbe Stunde lang ziemlich und erspielten durch Andrej Kramaric (22.) die Führung, bis Rangnick sich entschloss, den Laden aufzuräumen: Aus einer Fünfer- wurde eine Viererkette, bevor er in der zweiten Halbzeit auf das schon oft bewährte 4-2-2-2 umstellte. "Dafür sind Trainer ja da, dass sie strategisch reagieren", sagte Rangnick. Alles selbstverständlich, bitteschön! Allerdings: Selten sieht man in der Bundesliga so variable Anpassungen wie in Leipzig.

In der Halbzeit brachte Rangnick mit Tyler Adams einen Mann ins Mittelfeld, der Spiele verändern kann, wie der Trainer befand: "Immer wenn er auf dem Platz stand, haben wir gewonnen". Adams ist ja erst in der Winterpause vom New Yorker Brause-Ableger zu den Sachsen gestoßen, "das liegt nicht nur an ihm, sondern auch an der Art und Weise, wie wir mit ihm Fußball spielen."

Gegen Hoffenheim bedeutete das: offensiver. "Ab dem Moment haben wir genau das geschafft, was wir in der ersten Halbzeit nicht geschafft haben: Das Ganze zu einem Battle zu machen", sagte Rangnick, "Hoffenheim in richtige Duelle zu zwingen".

Nagelsmann lebt sich schon ein in Leipzig

Ein Battle war es für Nagelsmann vorher auch schon, in seiner Coachingzone sprang er zürnend umher, "ein Gegentor schlummerte in der Luft", das spürte Nagelsmann schon vor der Pause, als TSG-Torwart Oliver Baumann gerade so einen Ball von Konrad Laimer entschärfen konnte. Und auch der 31-Jährige bastelte an seinem System herum, immer wieder musste er die Mannschaft an die neuesten Kniffe Rangnicks anpassen. "Julian hat in der zweiten Halbzeit noch zwei Mal die Grundformation geändert. Das gehört beim Fußball mittlerweile dazu", sagte Rangnick.

Nach Wiederanpfiff reichte Nagelsmann per Zettel die neue Formation an seine Spieler weiter. "Es ist nicht so ganz einfach, wenn die Tribüne laut wird, jeden Spieler zu erreichen", sagte er und verglich mündliche Ansprachen mit dem Kinderspiel "Stille Post": "Im seltensten Fall kommt beim Elften das raus, was du dem Ersten gesagt hast."

Den Ansturm der Leipziger konnte seine Mannschaft nicht so unterbinden wie gewünscht, auf 15 zu sieben Torschüsse kam die Rangnick-Elf am Ende - und Willi Orban gelang in der wilden Schlussphase das 1:1 in der 89. Minute. Ein Ergebnis, mit dem beide Trainer angesichts des Spielverlaufs gut leben konnten, in der Tabelle ist allerdings für beide nicht viel gewonnen: Hoffenheim bleibt Achter, Leipzig lauert auf Rang vier hinter Gladbach.

Elf Partien bleiben Nagelsmann mit den Hoffenheimern noch, bevor er zum Start der neuen Saison nach Leipzig wechselt. "Wenn man aus seinem Hotelzimmer auf die Stadt schaut, in der man in drei, vier Monaten lebt, dann geht einem das schon durch den Kopf", sagte Nagelsmann noch, "trotzdem habe ich heute alles für meinen Klub gegeben." Dann verschwand er bald mit Rangnick vom Pressepodium. Der 60-Jährige ließ dem Jüngeren den Vortritt an der Tür, im Flur ging das Plaudern weiter, Nagelsmann lachte. Das Einleben in Leipzig hat schon begonnen.

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