Nächste Nullnummer von Huub Stevens -:Nicht einmal Mittelmaß

1899 Hoffenheim v Eintracht Frankfurt - Bundesliga

Viel Lärm um nichts: Haris Seferovic (Frankfurt) und Ermin Bicakcic (Hoffenheim) rangeln ums 0:0.

(Foto: Daniel Kopatsch/Getty)

Hoffenheim und Frankfurt bieten ein Remis der schlechteren Art. Vor allem die Gastgeber lassen erkennen, wie schwer es ihnen fallen dürfte, sich im Abstiegskampf freizuspielen.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Man muss diesen Radioreporter aus Chile bewundern. Die weite Reise hatte den Mann aus Südamerika offenbar inspiriert, er analysierte in der Halbzeit und nach dem Abpfiff die Partie zwischen der TSG Hoffenheim und Eintracht Frankfurt so leidenschaftlich, als sei in diesen 90 Minuten tatsächlich viel passiert. Gut, sein Landsmann Eduardo Vargas lieferte eine verwegen schwache Leistung und wurde in der 66. Minute ausgewechselt, der Eintracht wurde nach einem Foul von Jin-Su Kim an Makoto Hasebe ein klarer Elfmeter verwehrt (40.) und auch ob vor dem Tor von Frankfurts Stefan Aigner (45.) eine Abseitsposition vorlag oder nicht, lieferte Gesprächsstoff. Am Ende aber war das 0:0 zwischen Hoffenheim und Frankfurt ein Ereignis zum Gähnen.

Und dennoch erzählte dieses langweilige Fußballspiel bezeichnende Geschichten über diese zwei Mannschaften, die bislang so notorisch den eigenen Erwartungen hinterherrennen. Die Eintracht hat sich nach der 1:5-Heimpleite gegen Gladbach vor wenigen Wochen darauf besonnen, hinten dicht zu machen. Entgegen seinem Naturell reagierte Frankfurts Trainer Armin Veh auf die Krise pragmatisch mit einer defensiven Spielweise, die einen Rumpelsieg in Hannover (2:1) und einen Achtungserfolg mit Mauerfußball beim 0:0 gegen Tabellenführer Bayern München brachte. In Hoffenheim gelang es den Frankfurtern nun wieder ein bisschen besser, Fußball nach vorne zu spielen und trotzdem hinten kaum Chancen des Gegners zuzulassen.

Frankfurt setzt nur das Minimalziel um

"Ich bin zufrieden mit der Leistung, nicht mit dem Ergebnis", sagte Veh nach dem torlosen Kick. Mit nun 14 Punkten gelang das Minimalziel, den Gegner auf Distanz zu halten. Und dennoch bleibt für die Eintracht entgegen der Erwartung vor der Saison, der Sprung in das vordere Drittel nur ein Traum. Dazu sind die Offensivspieler derzeit zu fahrig im Verwerten der Torchancen. Außerdem punkten andere Mannschaften mit ähnlichem Budget (Mainz, Köln, Ingolstadt) konstanter und halten die Frankfurter so im hinteren Mittelfeld der Tabelle. Eintracht-Vorstandsboss Heribert Bruchhagen analysiert nach etwas mehr als einem Drittel der Saison die sportliche Gesamtlage deshalb so: "Wir stehen irgendwo zwischen Baum und Borke."

Auch wenn die Eintracht nun fünf Zähler in Serie geholt hat, wieder stabiler auftritt und der Trend nach oben zeigt - eine Galasaison wird diese Mannschaft in diesem Jahr eher nicht hinlegen. Das Mittelmaß zu moderieren, wird für die Kluboberen in dieser Runde die Aufgabe am für Gefühlsschwankungen berüchtigten Standort sein.

Hoffenheims neuer Trainer kehrt das System radikal um

Die Hoffenheimer wären derzeit froh, vom Mittelmaß reden zu dürfen. Doch davon hat sie das zweite 0:0 unter dem neuen Trainer Huub Stevens noch weiter entfernt als das erste Nullnull unter der Regie des 61 Jahre alten Niederländers vergangene Woche in Köln. Die Mannschaft ist verunsichert. Eine normale Reaktion sei das der Spieler, sagt Stevens, nur durch Erfolge könne der Trend durchbrochen werden. Stevens verordnet in Hoffenheim der Mannschaft, die unter Vorgänger Markus Gisdol bedingungsloses Pressing gelehrt wurde, eine radikale Umstellung der Spielweise. Mit Stevens spielt die Elf nun auf Ballbesitz nach dem Motto: Wenn wir den Ball haben, kann der Gegner kein Tor schießen. Genau das taten die Gegner gegen die Gisdol-TSG zu oft am Ende der Spiele. Immerhin ist das mit Stevens nun zwei Mal nicht passiert. Und: Die Elf attackiert den Gegner erst ab der Mittellinie und versucht kompakt zu verteidigen.

Dieser Kulturwandel braucht Zeit, denn diese von Gisdol geprägte TSG weiß mit Ballbesitz nichts anzufangen. Stevens bot gegen die Eintracht zwar in Kevin Kuranyi, Kevin Volland, Eduardo Vargas und Jonathan Schmid vier Offensivspieler auf. Aber nach vorne kombiniert sich die Mannschaft fast nie, die Aufbauspieler scheuen nun den risikoreichen Pass nach vorne. Und defensiv steht die Elf keineswegs so sicher, wie es die zwei Nullnummern unter Stevens zunächst glauben lassen. Wäre die Eintracht konsequenter im Ausspielen ihrer Chancen gewesen, wäre Hoffenheim als Verlierer vom Platz gegangen. Der TSG fehlte bei ihren zwei, drei besseren Möglichkeiten die letzte Konsequenz und auch Kraft.

Der Tabellenvorletzte aus Hoffenheim (acht Punkte aus zwölf Spielen) steht vor einer ganz schwierigen Saison, am Sonntag droht sogar Platz 18. Der Weg aus dem Tabellenkeller ist nicht selbstverständlich. Das ahnen die Fans und wohl auch die Spieler nach diesem kläglichen 0:0 gegen die Eintracht. Auch der redselige Reporter aus Chile dürfte seinen Hörern in der Heimat wohl kaum Positives von der TSG des Eduardo Vargas berichtet haben.

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