Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Der erste Champagnerduscher

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Die Geste veränderte den Sport: Dan Gurney ließ 1967 in Le Mans die Sektflasche sprudeln. Der Rennfahrer, ein ewiger Innovator, ist mit 86 gestorben.

Von René Hofmann

Es war eine Geste, die aus dem Überschwang kam und die Sportwelt verändern sollte. Am 11. Juni 1967 gewann Daniel Sexton Gurney zusammen mit Anthony Joseph Foyt das 24-Stunden-Rennen in Le Mans. Auf dem Siegertreppchen wurde den beiden Amerikanern gereicht, was zuvor schon vielen Siegern in die Hand gedrückt worden war: eine Flasche Champagner. Dan Gurney aber beließ es nicht bei einem Schluck. Übermütig schüttelte er die Flasche, so dass alle um ihn herum auch etwas von dem Schaumwein hatten. Die Champagnerdusche war erfunden.

Dan Gurney hatte schon zuvor einiges gewonnen. 1959 hatte Ferrari den Rennfahrer engagiert, dessen Lebenslauf interessante Kurven aufwies: Gurney war der Sohn eines Opernsängers; die Metropolitan-Oper in New York war ihm deshalb nicht fremd. Als er für die US-Armee in den Korea-Krieg zog, entdeckte er den Reiz der Gefahr. Nach dem Umzug nach Kalifornien stürzte er sich in die dortige Hot-Rod-Szene und jagte bald in selbstgebauten Flitzern über Salzseen.

Mit Ferrari hatte Gurney in der Formel 1 wenige Erfolge. Aber mit Porsche (1962) und Brabham ('64) glückten ihm drei Siege. Sein bemerkenswertester Triumph: 1967 gewann er mit einem vom ihm konstruierten Eagle Mk1 den Großen Preis von Belgien in Spa. Ein Sieg eines US-Autos in der Formel 1: Bis heute hat das Seltenheitswert.

Der Eagle war ein futuristisches Gefährt: Er hatte ein Chassis aus Magnesium und Auspuffendrohre aus Titan. Das Auto zeigte, was sein Erfinder immer bleiben sollte - der Zukunft begierig zugewandt. Als erster Formel-1-Fahrer führte Gurney einen Helm vor, der auch das Kinn bedeckte, 1968 auf dem Nürburgring war das; auch damit sollte er stilbildend wirken.

In der Nacht zum Montag ist der ewige Innovator nach einer Lungenentzündung "mit einem letzten Lächeln auf seinem schönen Gesicht ins Unbekannte abgefahren", wie seine Familie formuliert. Dan Gurney wurde 86 Jahre alt.

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Quelle:
SZ vom 16.01.2018
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