Nach Doping-Enthüllungen im Radsport:Sponsoren distanzieren sich von Armstrong

Der langjährige Sponsor Nike ist schon weg - nun wenden sich auch weitere Geldgeber von Radprofi Lance Armstrong ab. Dessen früherer Teamchef Bruyneel, der maßgeblich an der Dopingverschwörung beteiligt gewesen sein soll, will um seine Unschuld kämpfen. Der Radsportweltverband UCI sieht sich immer neuen Vorwürfen gegenüber.

File photograph of Lance Armstrong taking part in a special session regarding cancer in the developing world during the Clinton Global Initiative in New York

Die Dopingaffäre hat für Radprofi Lance Armstrong auch zunehmend wirtschaftliche Konsequenzen: Zahlreiche Sponsoren beenden ihre Zusammenarbeit mit ihm.

(Foto: REUTERS)

Nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts der amerikanischen Anti-Doping-Agentur Usada wenden sich die Sponsoren vom siebenmaligen Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong ab. Nach dem Rückzug des Sportartikelherstellers Nike distanzierten sich jetzt sechs weitere Geldgeber von ihrer Zusammenarbeit mit dem Texaner: die Brauerei Anheuser-Busch, die Fitness-Center-Kette 24 Hour Fitness, der Fahrradhersteller Trek sowie Honey Stinger, ein Produzent für Sportlernahrung, das Energy-Drink-Unternehmen FRS und der Sonnenbrillenhersteller Oakley.

Laut Anheuser-Busch werde der 2012 auslaufende Vertrag nicht verlängert. 24 Hour Fitness teilte mit, dass die Geschäftsbeziehung mit Armstrong nicht mehr im Einklang mit den Werten des Unternehmens stehe. Trek hat die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung beendet. Ebenso sei die Kooperation zwischen FRS und Armstrong eingestellt worden. Auch Honey Stinger will auf seinen Verpackungen nicht mehr mit Armstrong werben. Oakley hat noch keine Entscheidung getroffen, will das Sponsoringverhältnis zu Armstrong aber zumindest überprüfen.

Nike wies nun Anschuldigungen von Kathy Lemond, der Ehefrau des dreimaligen Toursiegers Greg Lemond, "vehement" zurück. Sie hatte dem Unternehmen vorgeworfen, es habe 500.000 Dollar gezahlt, um einen Dopingtest zu vertuschen. "Nike duldet nicht die Nutzung von leistungssteigernden Substanzen", hieß es in einer Stellungnahme.

Das Geld soll nach Angaben von Kathy Lemond an Hein Verbruggen, den früheren Präsidenten des Radsportweltverbands UCI, geflossen sein. Auch der nannte die Vorwürfe "absurd". Armstrong sei nie positiv getestet worden. Es habe nichts zu vertuschen gegeben.

"Die Führung der UCI ist völlig intransparent"

Lemond hatte die Anschuldigungen bereits während des Rechtsstreits zwischen Armstrong und dessen früherem Sponsor Tailwind Sport im Jahre 1999 erhoben. Laut Lemond habe Nike das Geld auf ein Schweizer Konto von Verbruggen gezahlt, um einen positiven Test auf Corticosteroide bei der Tour 1999 zu vertuschen. Armstrong hatte damals eine medizinische Ausnahmegenehmigung nachgereicht.

Die von Verbruggen heute als Ehrenpräsident beeinflusste UCI gerät immer stärker unter Druck. Jean Regenwetter, Präsident des luxemburgischen Radsport-Verbandes, warf der UCI im Kampf gegen Doping Versagen und den Verantwortlichen um Präsident Pat McQuaid und dessen Vorgänger Verbruggen einen autokratischen Führungsstil vorgeworfen. "Leider ist die Führung der UCI völlig intransparent. Eine Aussprache über essenzielle Dinge fand nie statt", sagte Regenwetter der Berliner Zeitung.

Die UCI-Kongresse seien quasi eine reine Show. "Da wird ein Bericht gemacht, dann werden bunte Bilder gezeigt, damit sich die Delegierten nicht langweilen, und dann gibt es einen Film über die Entwicklungshilfe. Über die Probleme des Radsports wird nicht debattiert."

Wird Bruyneel vor Schiedsgericht aussagen?

Inzwischen äußerte sich auch der frühere Armstrong-Vertraute und Sportliche Leiter des Skandal-Teams US Postal, Johan Bruyneel. Die Usada bezichtigt Bruyneel in ihrem Bericht, von 1998 bis 2010 maßgeblich an einer massiven Dopingverschwörung beteiligt gewesen zu sein. "Bruyneel war in alle Details eingeweiht und an der Beschaffung und Organisation von Bluttransfusionen beteiligt", heißt es darin.

Anders als Armstrong kündigte Bruyneel bislang an, vor einem Schiedsgericht für seine Unschuld kämpfen zu wollen. Dort müsste er allerdings unter Eid aussagen - auch könnte das Gericht Armstrong in den Zeugenstand rufen und ihn unter Eid stellen. Deshalb würde ein solches Verfahren mit großer Spannung erwartet.

Offenbar hat Bruyneel aber keine allzu große Lust auf ein solches Verfahren. Zwar schrieb er auf seiner Internetseite, seinen Kampf gegen die Usada fortsetzen zu wollen. Der Belgier wolle sich allerdings nur vor einem Schiedsgericht mit der Usada auseinandersetzen, solange er eine faire Anhörung bekomme und seine Verteidigung von der Usada vorurteilsfrei betrachtet werde. Was er damit genau meint, schrieb er nicht.

Sky verlangt schriftliche Erklärung von Fahrern

Das aktuell dominierende Radsport-Team versucht unterdessen ein Zeichen für eine saubere Zukunft zu setzen. Der britische Rennstall Sky um Tour-de-France-Gewinner und Olympiasieger Bradley Wiggins teilte mit, dass jeder Fahrer eine schriftliche Erklärung abgeben müsse, dass er weder in der Gegenwart noch in der Vergangenheit mit Doping zu tun hatte. Ansonsten drohe der Rauswurf aus dem Team.

"Wenn jemand die Unterschrift verweigert oder es im Nachhinein herauskommt, dass er die Erklärung gebrochen hat, muss er das Team verlassen", hieß es in dem Schreiben. "Wir wollen ein Team, dessen Fahrer sauber sind und denen die Fans ohne Zweifel und Zögern glauben können. Es gibt im Team Sky kein Platz für diejenigen, die mit Doping in Verbindung stehen. Das betrifft sowohl die Fahrer als auch das Management und Helfer."

Das Team sei zudem von den zuletzt öffentlich gewordenen Erkenntnissen über systematisches Doping im Radsport "geschockt". Deshalb habe man sich zu diesem Schritt entschlossen, um das Bekenntnis für ein sauberes Team noch einmal zu bekräftigen.

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