Nach dem Doping-Geständnis:Zabel spürt die Konsequenzen

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Erik Zabel (links) bei seinem Teilgeständnis mit Ex-Teamkollege Rolf Aldag im Mai 2007.

(Foto: REUTERS)

Er hat gedopt, jetzt muss er mit den Folgen leben: Der ehemalige Radprofi Erik Zabel verliert nach seinem Doping-Geständnis seinen Posten als Sportdirektor bei den Cyclassics und tritt als UCI-Beirat zurück. Aus der Radsportwelt fallen die Reaktionen unterschiedlich aus - auch Jan Ullrich hat einiges zu befürchten.

Von Johannes Aumüller und Andreas Burkert

Erik Zabel weilt gerade in den Niederlanden, und er macht den Eindruck, als sei er mit sich vollends im Reinen. Am Montag hat er in einem SZ-Interview ein umfassendes Geständnis abgelegt; er hat erklärt, in seiner Zeit bei Telekom/T-Mobile jahrelang gedopt zu haben, Epo, Cortison, Bluttransfusionen, und er hat eingeräumt, dass er bei seiner tränenreichen Mini-Beichte 2007 gelogen hat.

Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich ausgefallen. Alte Weggefährten haben sich bei Zabel, 43, mit unterstützenden Worten gemeldet, von diversen Seiten gab es auch öffentlich Zuspruch für das späte Geständnis. Anderen hingegen fällt es ob der jahrelangen Lügerei schwer zu glauben, nun die ganze Wahrheit gehört zu haben.

Auf jeden Fall hat Zabel gleich gemerkt, nach welchen Gesetzen die Radsport-Welt auch 2013 noch funktioniert, wo doch angeblich alles besser ist als in den schmutzigen Neunzigern. Das entscheidende Gesetz: Wer auspackt über die Machenschaften der Branche, ist ganz schnell draußen.

Gleich am Montag wurde bekannt, dass Zabel nicht länger Sportdirektor des Hamburg Cyclassics ist, dem derzeit wichtigsten Radrennen in Deutschland. Formal hat er zwar selbst in einem Telefonat mit dem Veranstalter angeboten, den Posten niederzulegen. Doch offenkundig war auch ein gewisser Druck entstanden, nachdem ihn in der vergangenen Woche der Dopingreport des französischen Senats als Epo-Sünder bei der Tour 1998 entlarvt hatte und er nun im Interview so detailliert berichtete.

Zudem trat Zabel aus dem Profi-Beirat des Weltverbandes UCI zurück. Auch bei Katjuscha, wo er als Sportlicher Leiter arbeitet, stehen die Zeichen auf Abschied. Am Ende des Jahres läuft der Vertrag sowieso aus, aber womöglich erfolgt schon vorher die Suspendierung. Das wäre natürlich eine besondere Pointe: Wenn ausgerechnet das russische Skandal-Team, in dem es in den vergangenen Jahren zahlreiche Dopingfälle gab und das der langjährige Armstrong-Domestike Wjatscheslaw Jekimow anführt, Zabel wegen des Doping-Geständnisses rauswerfen würde.

ARD prüft juristische Schritte

Zudem prüft die ARD, die früher sowohl die Tour übertrug wie auch das Team Telekom sponserte, juristische Schritte. "Dass es jetzt diese Konsequenzen gibt, wusste ich ja vorher. Aber ich fühle mich erstmals wieder frei, denn ich weiß, dass ich keine Enthüllungen mehr zu befürchten habe", sagt Zabel.

Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) wertet Zabels Schritt positiv. "Ich begrüße grundsätzlich sehr, dass er reinen Tisch gemacht hat", sagte der Nada-Vorstand Lars Mortsiefer: "Die Nada wird jetzt auf Erik Zabel zugehen, damit er auch uns gegenüber bei der Aufarbeitung hilft und seine wertvollen Informationen an die richtigen Stellen für das Kontrollsystem und die Präventionsarbeit kommen."

Viele der jüngeren Fahrer, die sich in Deutschland um den Aufbau eines neuen Images für ihre Sportart bemühen, bewerteten das Geständnis zwiegespalten. "Ich finde, es ist tendenziell ein sehr guter Schritt, der uns auch weiterbringt", sagte John Degenkolb, im Vorjahr bei der Spanien-Rundfahrt fünfmaliger Etappensieger: "Sicher ist es für ihn keine einfache Situation. Aber ich bin schon enttäuscht, dass er es nicht schon 2007 so gemacht hat."

So ähnlich ergeht es auch Jörg Jaksche, der 1999 und 2000 mit Zabel bei Team Telekom fuhr und 2007 als Kronzeuge des Bundeskriminalamtes (BKA) umfänglich zu Dopingpraktiken im Peloton auspackte - also just in dem Jahr, in dem Zabel die Version präsentierte, er habe nur einmal, im Sommer 1996, kurzzeitig Epo ausprobiert. Jaksche hat seitdem keinen großen neuen Vertrag mehr bekommen, Zabel noch ein halbes Dutzend Jahre mit dem Radsport Geld verdient.

"Auf der einen Seite finde ich es gut, dass er jetzt umfassend auspackt, das ist hundert Mal besser als die Salamitaktik von Jan Ullrich", sagt Jaksche: "Auf der anderen Seite sind die Sachen mittlerweile so klar. Es ist schade, dass er erst jetzt auspackt und dass er bei der Beichte damals gelogen hat."

Den Umgang mit Zabel dürften auch andere frühere Doper genau verfolgen. Nach SZ-Informationen trifft sich die Nada Anfang August mit dem Management von Jan Ullrich, um auszuloten, ob es die Bereitschaft gibt, ebenfalls etwas zum Erkenntnisgewinn beizutragen. Zugleich droht dem früheren Tour-Sieger aber neuer juristischer Ärger: Ein Düsseldorfer Anwalt kündigte eine Strafanzeige wegen Meineids an, weil Ullrich im November 2008 einen Prozess durch Falschaussage gewonnen habe.

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