Nach Bobic-Entlassung beim VfB:Träume von Rangnick

Nach Bobic-Entlassung beim VfB: Ein Kandidat für die Nachfolge von Fredi Bobic beim VfB Stuttgart: Ralf Rangnick, Sportchef der Red-Bull-Klubs in Salzburg und Leipzig.

Ein Kandidat für die Nachfolge von Fredi Bobic beim VfB Stuttgart: Ralf Rangnick, Sportchef der Red-Bull-Klubs in Salzburg und Leipzig.

(Foto: AFP)

Eine Manager-Entlassung nach vier Spieltagen ist auch in dieser wilden Fußball-Branche nicht marktüblich. Nach dem schwachen Saisonstart und anwachsender Kritik aus dem Umfeld trennt sich der VfB Stuttgart von Fredi Bobic - und hofft auf die Rückkehr eines Verflossenen.

Von Christof Kneer

Fredi Bobic hat drei Jahre lang in Dortmund gespielt, von 1999 bis 2002, und er hat auch in Dortmund das getan, was er am besten konnte: Er hat Tore geschossen. Bobic war ein One-Touch-Stürmer, er hat krumm dahergeflogene Bälle kunstvoll direkt im Winkel versenkt, aber er mochte es weniger, wenn er alleine auf den Torwart zulief und Zeit zum Überlegen hatte. In solchen Fällen hat er dem Torwart oft kunstvoll ans Knie geschossen.

Manchmal erkennt man Menschen am besten, wenn man ihnen beim Fußballspielen zuschaut. Auch in seinem zweiten Leben als Funktionär beim VfB Stuttgart ist Bobic, 42, seinen Qualitäten treu geblieben. Er ist ein beachtlicher One-Touch-Manager geworden, seine Spontan-Entscheidungen waren oft die besten. Er hat in Notlagen oft einleuchtende Übergangstrainer gefunden und in Winterpausen oft verblüffend kreativ eingekauft.

Auf der langen Strecke aber hat er immer wieder mal dem Torwart ans Knie geschossen: Seine sogenannten Königstransfers saßen selten (Kvist, Abdellaoue); gerade erst seufzte Trainer Armin Veh, der neue Fünf-Millionen-Mann Filip Kostic passe nicht so recht ins System. Und Vehs Erklärungsversuche in der Sport Bild klangen auch nicht so, als würde er den Manager feurig in Schutz nehmen: Die Platzierungen der vergangenen Jahre hätten "ja nicht allein an den Trainern gelegen", so Veh, man müsse "sich die Frage stellen, wie die Platzierungen zustande kamen. Und dann kommt man auch auf die Qualität des Kaders zurück".

Eine wiedererkennbare Identität hat Bobic seinem Herzensklub in vier Amtsjahren nicht verleihen können - ein Versäumnis, das ihn jetzt sogar den Job gekostet hat. Am Mittwochmorgen, noch vor dem Auswärtsspiel bei Bobics früherem Verein in Dortmund, haben sich die Gremien auf eine Trennung verständigt, und am Abend, eine Stunde vor Spielbeginn, wurde die Nachricht dann offiziell verkündet. "Ausschlaggebend für diesen Schritt sind die anhaltenden negativen sportlichen Platzierungen sowie die Tatsache, dass wir in der jetzigen personellen Konstellation keine Perspektiven mehr sehen, eine nachhaltig positive Entwicklung einzuleiten", ließ Aufsichtsratschef Joachim Schmidt in feinstem Funktionärsdeutsch mitteilen. Bobic, bis 2016 an den Klub gebunden, geht nicht nur als Manager, er räumt auch seinen Posten im Vorstand.

Beim Spiel in Dortmund war er schon nicht mehr dabei. Eine Manager-Entlassung nach vier Spieltagen, das ist auch in dieser wilden Branche nicht marktüblich, und so werden sie beim VfB erst mal den klassischen Populismus-Vorwurf aushalten müssen. Am Samstag, nach einem der bewährt ernüchternden Heimspiele (Hoffenheim, 0:2), haben sie in der Kurve mit erheblicher Leidenschaft "Bobic raus" gebrüllt; und schon vor dem Spiel war die als besonders treu bekannte Fangruppierung "Commando Cannstatt" mit einer Erklärung im Internet quasi offiziell vom Glauben abgefallen. Adressat der meisten Vorwürfe: Bobic.

Arbeiten unter dem Diktat der Sparpolitik

Auf den ersten Blick mag es nun so aussehen, als habe der VfB sich seinen Manager vom Hof brüllen lassen, zumal sich Präsident Bernd Wahler noch am Samstag mit dem Satz zitieren ließ, Bobic sei "absolut der Mann unseres Vertrauens". In Wahrheit wird Bobics Amtsführung seit einiger Zeit schon kritischer betrachtet im Klub; vor allem seit er im März versuchte, Krassimir Balakow als Nachfolger von Thomas Schneider zu präsentieren. Balakows Meriten als Trainer: zwei eindrucksvoll gescheiterte Versuche im Abstiegskampf - und eine Freundschaft mit Fredi Bobic. Spätestens, als sich in der Mitgliederversammlung am 28. Juli die Besetzung des Aufsichtsrats zu Bobics Ungunsten veränderte, war für den Manager Gefahr im Verzug.

Fredi Bobic wird allerdings mit einigem Recht darauf verweisen können, dass es der VfB seinen Entscheidungsträgern seit Jahren nicht gerade leicht macht. Seit der Meisterschaft 2007 ist es dem Klub gelungen, aus vielen seiner Angestellten nur das Schlechteste herauszuholen: Unter dem Diktat grimmiger Sparpolitik haben Sportchefs und Trainer ebenso gelitten wie unter der Abwesenheit einer charismatischen Führungsfigur im Verein. Am Ende kam es meist so, dass die Sportchefs - wenn überhaupt - viel zu spät einkaufen durften und nicht mehr die richtigen Spieler fanden, worauf die zahlreichen Trainer in Schwierigkeiten gerieten und beeindruckend viele unterschiedliche Fehler begingen, worauf die Mannschaft sich erst nicht weiter- und dann zurückentwickelte.

Jens Todt, Michael Zeyer oder doch Ralf Rangnick?

Der joviale Präsident Wahler weiß, dass er nun jene Erwartungen erfüllen muss, die er einst weckte. Sein großes Projekt ist die Ausgliederung der Fußball-Abteilung aus dem Hauptverein, er wird eine skeptische Fanszene überzeugen müssen, womöglich hat auch dieses Thema zu Bobics Entlassung beigetragen; Wahler weiß, dass er für diese Überzeugungsarbeit einen populären Sportchef braucht.

Sie wollen sich jetzt Zeit lassen beim VfB mit der Bobic-Nachfolge. Die geheime Idee, nach einem Jahr vielleicht den Trainer Veh zum Sportchef Veh zu befördern, finden sie im Klub offenbar nicht mehr so bestechend wie noch im Sommer; es fallen Namen von Managertalenten wie Jens Todt (KSC) und Michael Zeyer (Stuttgarter Kickers), insgeheim träumen sie beim VfB aber weiter vom großen Verflossenen, von Ralf Rangnick. Vorteil für den VfB: Das Projekt in Salzburg könnte für den Red-Bull-Doppelmanager Rangnick allmählich langweilig werden. Nachteil für den VfB: Das Projekt in Leipzig wird gerade erst so richtig spannend.

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