"Es ist super, hier kann ich mit meinen Kumpels den Menschen die Liebe zu meinem Sport zeigen." Jaime Mateu sagte dies, der 26-jährige Spanier hatte gerade den Skateboard-Contest gewonnen. Triefend von einer Sektdusche umarmte er jeden, der nicht schnell genug wegkam. Nach einer zweijährigen Zwangspause war der Munich Mash an diesem Wochenende auf die große Actionsport-Bühne zurückgekehrt, mit Weltklasse-Sport auf dem Skateboard, dem BMX-Rad und dem Wakeboard - und dem bekannt bunten Rahmenprogramm. Mit dem Cultural Village, seinen Ständen, Kunst, Kultur und Musik auf einer Live-Bühne sowie zahlreichen Mitmach-Angeboten. Selbst das Wetter wollte den Spaß nicht verderben, so lockte das Actionsport-Festival 70 000 vor allem junge Menschen in den Münchner Olympiapark.
Es war die erste Eigenveranstaltung der Olympiapark München GmbH im Sommer, und es war nach den schweren Zeiten fraglich, ob die Besucher wieder n großer Zahl kommen. Umso größer war die Freude bei Olympiapark-Chefin Marion Schöne: "Es war ein wahres Fest, die Begeisterung und Stimmung der Fans bei den international erstklassig besetzten Contests, die vielen Besucherinnen und Besucher jeden Alters, die über das Mash Fest schlenderten - es war einfach wunderbar. Hier zeigt sich, welch Geschenk München vor 50 Jahren mit diesem Park bekommen hat. Wir sind stolz und glücklich, das macht Mut und Lust auf alle Veranstaltungen, die in den nächsten Wochen noch folgen, wie der Sommernachtstraum oder die European Championships."
Die OMG hatte sich auch ordentlich ins Zeug gelegt: Für Skateboard und BMX wurde eine Miniramp-Landschaft auf einer Plattform in den Olympiasee gebaut, ein idealer Ort für die Extremsportler, um sich so richtig auszutoben: Zwei Quarterpipes mit unterschiedlich hohen Rampen, verbunden durch eine Spine, also zwei aneinander stehenden Rampen. Ein kleiner Skaterpark also, den niemand so exzessiv zu nutzten wusste wie der Mann aus Palma de Mallorca. Die Rampen als "mini" zu bezeichnen, war gewagt, das niedrigste Element war knapp zwei Meter hoch und katapultierte die Skateboarder in mehr als drei Meter Höhe - mit dem BMX-Rad gingen die Sätze noch höher. Für Mateu nicht genug, er ließ sich sogar eine Leiter reichen, um auf die fünf Meter hohe Wand zu steigen, die eigentlich für Wall Rides gedacht war, also um mit Board oder Rad dagegenzuspringen. Von dort stürzte sich der Spanier in die Pipe, um noch mehr Schwung für seine Sprünge zu bekommen. Nach der Qualifikation war ein Zweikampf zwischen ihm und dem Lenggrieser Lokalmatador Tyler Edtmayer erwartet worden, beide waren auch bei der Olympia-Premiere in Tokio am Start. Doch der knapp 1,70 Meter kleine Spanier raste und flog wie ein Derwisch über die Hindernisse, zeigte Höchstschwierigkeiten am laufenden Band und begeisterte die 15 000 Zuschauer auf den Rasenstufen vor dem See.
Keine verkniffene Rivalität, die Konkurrenten liegen sich nach gelungenen Tricks in den Armen
Edtmayer zeigte ebenfalls eine starke Leistung, konnte an diesem Tag mit dem aufgedrehten Spanier aber nicht mithalten. Mateu war im Adrenalin-Rausch. Als sein Board nach einem Sturz aus der Quarterpipe flitzte und im See landete, sprang er kurzerhand mit einem Salto hinterher. Zudem war Edtmayer nicht in Topform, eine ausgekugelte Schulter hatte seinen Trainingsumfang empfindlich eingeschränkt. So wurde er noch von seinem gleichalten Landsmann Lenni Janssen überholt, der ebenfalls einen mit Höchstschwierigkeiten gespickten Lauf bot.
Der Sieg im Best-Trick-Contest ging auch an Mateu, der immer wieder irrwitzige Sprünge zeigte und dabei sogar aus der Quarterpipe sprang und im flachen Bereich neben dem Miniramp-Park landete. "So bin ich halt", erklärte er aufgedreht bei der Siegerehrung, er koste seinen Sport ohne Rücksicht auf Verluste aus. Wofür Contests wie der Mash ideal seien, "so kann ich Spaß haben und die Leute unterhalten". Der Spanier durfte sich insgesamt über 2800 Euro Siegprämie freuen: "Mein Ziel ist es, genug zu verdienen, um meiner Oma ein Haus am Strand zu kaufen." Geld ist für die meisten Actionsportler aber notwendige und nützliche Nebensache, betonte er, primär sei "der Spaß mit den Jungs". Bei den Frauen gewann die Britin Lola Tambling den Best-Trick-Wettbewerb, im Contest war die Berlinerin Lilly Stoephasius besser, Dritte wurde die Österreicherin Alisa Fessl.
Beim Mash war keine verkniffene Rivalität zu beobachten, vielmehr lagen sich die Konkurrenten nach gelungenen Tricks immer wieder in den Armen. Der beste gelang im BMX dem Engländer Kieran Reilly mit einem Double Flair, einem doppelten Rückwärtssalto mit einer Schraube. Bei den Frauen zeigte die Oldenburgerin Kim Lea Müller den prämierten Trick, den Contest gewann die Kolumbianerin Liszurley Villegas vor der deutschen Vize-Europameisterin Lara Lessmann und ihrer Zwillingsschwester Queen Saray.
Publikumsliebling war aber der 14-jährige Lennox Zimmermann aus Bad Iburg in Niedersachsen, der bereits mit elf Jahren erstmals beim Mash an den Start gegangen war. Bei seinem Backflip Tailwhip - einem Rückwärtssalto, bei dem er das Rad nur am Lenker hält und mit dem Kopf nach unten um die eigene Achse dreht - stürzte er im Best-Trick-Contest und stauchte sich das Handgelenk. Nach einer kleinen Pause kam er zurück und landete den Sprung, wonach er von den Kollegen mehr gefeiert wurde als der spätere Sieger. Das Finale des Contests verpasste Zimmermann, erneut triumphierte Reilly, was ihn aber nicht weiter ärgerte: "Das sind lauter gute Freundschaften, man pusht sich, man versteht sich."
Kein Satz könnte die Besonderheit der Actionsportszene besser verdeutlichen als dieser: Einer dieser Freunde ist Daniel Dhers, der Zweiter wurde, seines Zeichens BMX-Legende aus Venezuela - und 23 Jahre älter als Zimmermann.