Dopingfall im Boxen:"Eine Lachnummer"

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Nach dem Kampf gegen Senad Gashi (rechts) im Juni wurde Hussein Mohamed positiv auf verbotene Steroide getestet. (Foto: Lobeca/Imago)

Der deutsche Schwergewichtler Hussein Muhamed wird positiv getestet, er selbst erklärt das mit verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln. Seine kurze Sperre wirft Fragen auf - und empört seinen Gegner.

Von Johannes Aumüller, München

Von seinen besten Tagen ist das deutsche Schwergewichtsboxen natürlich weit entfernt, aber ein paar Entwicklungen haben die Beteiligten zuletzt mit Freude registriert. Der Leverkusener Agit Kabayel, 28, hat sich in den Ranglisten der Verbände weiter nach oben geschoben und gilt inzwischen als kompatibel für einen WM-Kampf, und auch Peter Kadiru, 24, aus Hamburg attestieren die Beobachter ein immenses Talent. Doch nun muss sich die deutsche Boxszene zudem mit einem weitaus unangenehmeren Thema beschäftigen: mit einem positiven Dopingbefund bei einem Vertreter der erweiterten nationalen Schwergewichts-Spitze, dessen Behandlung einige Fragen aufwirft.

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Denn wie der World Boxing Council (WBC) - einer der vier bedeutenden internationalen Verbände im Boxsport - der SZ auf Anfrage bestätigte, wurde der Kölner Hussein Muhamed, 30, bei einem Kampf im Juni positiv auf eine verbotene Substanz getestet und deswegen nun sanktioniert. Allerdings beträgt die Sperre nur sechs Monate, weil das WBC-Gremium zu dem Schluss kam, dass es keine Beweise für ein absichtliches Doping gebe und der Positivbefund auf verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel zurückgehen könnte.

Muhamed gehört in den obligatorischen Box-Rankings zu den drei, vier stärksten Deutschen in seiner Gewichtsklasse, in der WBC-Liste firmiert alleine Kabayel vor ihm. Im Juni trat Muhamed in Hamburg gegen den kurzfristig eingesprungenen Senad Gashi um den WBC Silver Title an - einen Gürtel für die Boxer aus der zweiten Reihe, die sich damit mehr Aufmerksamkeit und eine bessere Ausgangsbasis für weitere Ambitionen erkämpfen wollen. Muhamed gewann den Kampf nach Punkten. Neben der Sechs-Monate-Sperre soll nun auch der Titel wieder für vakant erklärt werden.

In Muhameds A-Probe waren nach dem Kampf die Rückstände einer Substanz gefunden worden, die auf anabole Steroide zurückgeht: Methylclostebol und Dehydrochlormethyltestosteron, besser bekannt als Oral-Turinabol, der Klassiker des DDR-Dopings. Auf eine Öffnung der B-Probe verzichtete Muhamed. Er bestreitet strikt, bewusst gedopt zu haben. Stattdessen verweist seine Seite um seinen Manager Ahmet Öner auf die Nahrungsergänzungsmittel, die der Boxer zur Zeit des Positivbefundes zu sich genommen habe. Die WBC wiederum sah es nach "sorgfältiger Untersuchung" als möglich an, dass der Befund auf eine Kontamination dieser Mittel zurückgehen könne.

"Das ist die Standard-Ausrede", sagt ein Experte

Nahrungsergänzungsmittel sind in der Sportwelt ein Klassiker für die Erklärung von auffälligen Proben. Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) warnt generell davor, sie zu nutzen. Manche Produkte stehen zumindest auf der "Kölner Liste", auf der Supplements aufgeführt sind, bei denen einzelne Chargen von einem Kontrolllabor getestet wurden, um den Sportlern mehr Sicherheit zu bieten. Fachleute wie der Nürnberger Pharmakologe Fritz Sörgel wundern sich daher über die Erklärungen im Fall Muhamed: "Das ist die Standard-Ausrede. Wer Nahrungsergänzungsmittel einnimmt und sich nicht nach den Listen orientiert, ist selber schuld", sagt er. "Ich bin eigentlich überrascht, dass man solche Argumente noch ins Feld führt, scheinbar hofft man auf Gutachter, die auf so was eingehen."

Möglicherweise hat dieser Vorgang noch weitere Konsequenzen. Muhameds damaliger Gegner Gashi ist jedenfalls empört: "Ich wurde nicht nur in meiner Boxerehre verletzt, sondern auch sportlich betrogen und massiv, auch finanziell, geschädigt", sagt er: "Das wird ein Nachspiel geben. Die vom Weltverband ausgesprochene Sperre von nur sechs Monaten ist eine Lachnummer und alles andere als eine gerechte Strafe. So etwas schreckt keinen Doper ab."

Die Frage ist, ob nach der WBC auch der Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) tätig wird. BDB-Chef Thomas Pütz verweist auf Nachfrage darauf, dass es sich um ein "intern laufendes Verfahren" handele. Der Verband werde zur gegebenen Zeit "satzungskonform" entscheiden.

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