Münchner Nostalgie-Derby:Ball der Herzen

Das erste Münchner Nostalgie-Derby zwischen den Löwen und dem FC Bayern endet 4:4.

Dominik Prantl

Drüben in der Westkurve des Grünwalder Stadions, in jener Hälfte, wo eigentlich nichts und niemand stehen durften, stand auf einem langen Banner das schöne Motto des Abends: "Heimat ist, wo das Herz weh tut!" Bei diesem ersten Nostalgie-Derby zwischen den beiden Münchner Klubs TSV 1860 und FC Bayern war diese Heimat ausnahmsweise einmal nicht das Grünwalder Stadion - es war die Vergangenheit. Viele Münchner sehnen sich offenbar nach der alten Zeit.

Älter und schwerer

12.000 Anhänger der Erinnerung wollten das Potpourri des Münchner Fußballs der vergangenen 50 Jahren miterleben. Sie sahen ihre Spieler, älter und schwerer die meisten natürlich. Sogar Davor Suker, bis vor wenigen Monaten Jahr noch Bundesliga-Profi, lupfte auf die Frage, wie es ihm ginge, nur wortlos sein Trikot und entblößte ein kleines Bäuchlein. Aber die meisten Akteure kamen wenigsten aus Zeiten, in denen die Trikotwerbungen noch Doppeldusch und Magirus Deutz hießen. Gewicht hin, Alter her. Und kaum einer kniff.

Petar Radenkovic war ebenso da wie Rudi Völler, Thomas Strunz, Hansi Pflügler, Wolfgang Dremmler, Bulle Roth, Bernhard Winkler oder Andreas Brehme. Deshalb war auch Günter gekommen. Die meisten seiner 49 Jahre hat er für seine Sechziger die Daumen gedrückt, zuletzt jedoch mit stark nachlassendem Elan. "Früher wurde einfach mit mehr Herz gespielt", sagt er. "Ich will die alte Mannschaft wiedersehen."

Eine schöne Sache

Als Klaus Fischer mit einem Seitfallzieher das 1:0 erzielte, war die Nostalgie endgültig da. Sie kroch sogar hinunter von den Tribünenplätzen in die Katakomben des kleinen Stadions, das schon lange Jahre keine solche Prominenz mehr sehen durfte. Vor dem Spiel herzte der einstige Sechziger Völler, heute Teamchef der deutschen Nationalelf, erst Karl-Heinz Rummenigge, dann Andreas Brehme, dann Paulo Sergio.

Überhaupt wirkte es ein bisschen so, als hätten die Spieler der beiden Traditionsteams die größte Freude an diesem Treffen. Die Bayern, deren Ehrgeiz offenbar mit der Mitgliedschaft geliefert wird, wärmten sich sogar auf ihrem Trainingsgelände an der Säbener Straße auf. Und Sechzig-Schwergewicht Roland Kneißl sagte nur: "Das wird eine schöne Sache."

Für einen guten Zweck

Kneißl mag solche Turniere. Manchmal kickt er mit einem bunt zusammen gewürfeltem Team alter Kollegen auf Hallenturnieren in der Peripherie. Neben der Rückkehr in die gute, alte Zeit hatte das Spiel noch einen ganz anderen, weit idealistischeren Hintergrund.

Die Einnahmen fließen dem Straßenfußball-Projekt Bunt kickt gut zu. Bernd Rauch, Vizepräsident der Bayern, spukte die Idee schon seit längerem im Kopf herum: "Seit Jahren möchte ich eine Traditionsmannschaft aufbauen. Das ist nun unser erstes Spiel für einen guten Zweck." Und er nahm den Nostalgikern vorerst einmal die Hoffnung, das man das künftig regelmäßig veranstalten will: "Das ist eigentlich eine Einmaligkeit." Dann machte er doch Hoffnung auf mehr: "Wenn das Publikum das will? Wir haben eine hervorragenden Draht zu den Wildmosers."

So blieb am Ende neben der Nostalgie ein vielleicht einmaliger Gegenentwurf zum Profialltag: Viele Tore und kein Geld für die Spieler. Rauch meinte: "Der Fußball steht nicht so im Vordergrund." Eigentlich lag er da falsch, es war ein toller Fußballabend. Nur um das Ergebnis ging nicht. Ach ja, am Ende hieß es übrigens 4:4.

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