Münchner 0:0 in Frankfurt:Am kräftigsten Bollwerk hängengeblieben

Lesezeit: 3 min

Unansehnliches Spiel: Münchens Robert Lewandowski (rechts) und der Frankfurter Carlos Zambrano (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern muss sich mit einem 0:0 bei Eintracht Frankfurt begnügen.
  • Nach zehn Siegen in Serie verlieren die Münchner ihre ersten Punkte.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen und zur Tabelle der Bundesliga.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Ganz gemächlich ging Lukas Hradecky ins Toraus, um sich den Spielball zu nehmen, dann warf er ihn Richtung Fünfmeterlinie zum Abstoß, schlich hinterher, justierte noch ein wenig an der Position und irgendwann lief er dann endlich an. Es sah so aus, wie es halt aussieht, wenn ein ausgebuffter Profi ein paar Sekunden Zeit herausholen will, weil er den aktuellen Spielstand bis zum Schlusspfiff retten will. Und der Moment des Zeitrausholens war nun einfach gekommen: Denn Torwart Hradecky und seine Teamkollegen von Eintracht Frankfurt - zuletzt noch beim 0:1 im Pokal vom Drittligisten Aue blamiert - hielten in diesem Moment tatsächlich noch ein 0:0 gegen die Siegesmaschine des FC Bayern - und es waren nur noch schlappe 71 Minuten zu spielen.

Als der Schiedsrichter Daniel Siebert 76 Minuten später abpfiff, stand es aber wider Erwarten immer noch 0:0. Und zur Frankfurter Ehrenrettung sei angefügt, dass dies nur in zweiter Linie auf solche Manöver wie von Hradecky zurückzuführen war, sondern vor allem auf eine erstaunliche Defensivleistung der Gastgeber. Pep Guardiola lobte die Eintracht: "Sie haben sehr gut in der Tiefe verteidigt, da hatten wir weniger Raum." Nach zehn Siegen in Serie schafften es die Münchner also erstmals in dieser Bundesliga-Saison nicht, ein Spiel zu gewinnen - und müssen sich damit abfinden, dass sie nur noch maximal 100 statt wie zuvor von allen erwartet 102 Punkte in dieser Spielzeit holen können.

Den Sport, so hatte es Frankfurts Trainer Armin Veh in einem seiner schönen philosophischen Anflüge vor dem Spiel sinngemäß formuliert, mache es doch aus, dass sich zwei Gegner gegenüberstehen, von denen theoretisch jeder gewinnen könne. Und es könne doch nicht sein, das Spiel mit dem Gedanken zu beginnen, dass einen ein 0:2 schon zufriedenstelle.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Arjen Robben kann nicht ungestört arbeiten

Der Niederländer hat mehrere lästige Gegenspieler. Xabi Alonso wird mehrfach verhaltensauffällig. Und Kingsley Coman steckt im Stau. Der FC Bayern beim 0:0 in Frankfurt in der Einzelkritik.

Von Christopher Gerards, Frankfurt

In der Tat ließ sich aus Taktik und Aufstellung seiner Mannschaft auch nicht die These herauslesen, dass Veh ein 0:2 zufriedenstellen würde - wohl aber die These, dass ihn ein 0:0 sehr zufriedenstellen würde. Der FC Bayern musste in dieser Saison schon gegen einige sehr feste gegnerische Mauern ankämpfen, aber just die Eintracht des Offensivliebhabers Veh darf für sich in Anspruch nehmen, das bisher wohl kräftigste Bollwerk angerührt zu haben. Nicht selten griffen die Frankfurter erst 30 bis 35 Meter vor dem eigenen Tor das Kombinationsspiel der Bayern an.

Die Münchner wiederum spielten viel quer statt steil, sie fanden die Löcher nicht, aber sie konnten sie auch nur schwerlich finden, weil es schlicht kaum ein Loch gab. Zwischendurch probierten sie es immer mal wieder mit einem Hackentrick oder ähnlichen Überraschungen, aber das brachte auch nichts, weil irgendein Frankfurter halt noch hinten rumstand. Manuel Neuer hätte zwischendurch sogar Zeit gehabt, in einem mitgebrachten Lexikon nachzuschlagen, ob er neben dem möglichen Startrekord von elf Siegen in Serie mit der Mannschaft auch einen persönlichen Rekord aufstellen könnte, wenn ein Torwart eine komplette Halbzeit lang den Ball nicht in die Hand bekommt.

Trainer Pep Guardiola wiederum stiefelte am Rand ziemlich viel hin und her, korrigierte, rief herein, aber so richtig was drehen konnte er auch nicht am Spiel. Nach elf Minuten kam Arturo Vidal nach einer Flanke von Arjen Robben zu einer großen Kopfball-Gelegenheit, aber Frankfurts Schlussmann Hradecky parierte. Doch das war's in der ersten Hälfte im Wesentlichen auch schon mit Aktionen, die sich bedenkenlos in die Rubrik Chancen fassen lassen.

Rekorde des FC Bayern
:Tausend Siege und eine historische Pleite

Der FC Bayern brach unter Pep Guardiola so viele Rekorde, wie unter keinem anderen Trainer zuvor. Für eine Bestmarke muss sich der Trainer aber grämen.

"Nach den vergangenen Wochen hat man gedacht, dass es defensiver nicht geht. Heute wurden wir eines Besseren belehrt", sagte Bayern-Kapitän Philipp Lahm später über die Spielweise des Gegners. Sein Trainer hatte kein Interesse an einer Stil-Kritik: "Natürlich kann der Gegner spielen, wie er will", sagte Guardiola. Und stellte nüchtern fest: "Wir hatten genug Chancen, um das Spiel zu gewinnen." Das stimmt, obwohl die Münchner laut Statistik nur zehn Torschüsse abgaben - nur zwei mehr als die Frankfurter.

Tatsächlich ging es nach dem Seitenwechsel etwas lebhafter zu. Es waren keine 45 Sekunden gespielt, da rutschte Frankfurts Innenverteidiger Carlos Zambrano weg, Douglas Costa hatte freie Schussbahn, aber Hradecky lenkte den Ball am Tor vorbei. Kurz danach ereignete sich in der Frankfurter Arena etwas, was bis dahin etwa so unwahrscheinlich zu sein schien wie die Heiligsprechung von Sepp Blatter: eine Torchance für die Frankfurt, genau genommen sogar zwei. Nach einem Eckball von Marc Stendera verlängerte Haris Seferovic mit dem Kopf und verpasste Alex Meier am langen Pfosten nur knapp (53.). Und wenig später patzte Neuer bei einer Rückgabe, Stendera schoss direkt, aber der Münchner Torwart hielt - immerhin hatte er den Ball nun mal mit der Hand berührt.

Frankfurt spielt in der zweiten Hälfte offensiver

Die Eintracht agierte nicht mehr ganz so konsequent zurückgezogen wie in der ersten Hälfte, das Bollwerkbilden hatte ihnen wohl etwas Sicherheit gegeben, um auch mal etwas offensiver zu denken. Viele große Chancen ergaben sich aber nicht mehr. Die beste hatte neun Minuten vor Schluss Münchens Robert Lewandowski, der aus vollem Lauf zum Schuss kam, aber vergab, weil er lieber mit dem rechten Außenrist abschloss als mit dem linken Fuß. Kurz vor dem Abpfiff brachte der polnische Angreifer den Ball sogar im Tor unter, aber Schiedsrichter Siebert entschied auf Abseits. Zurecht. Es folgte eine Nachspielzeit von fünf Minuten. Hradecky & Co. zeigten noch ein paar ihrer Manöver - und dann war das überraschende 0:0 perfekt.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: