1860 München:"So wie es zur Zeit ist, ist es eine Katastrophe"

1860 Muenchen v TuS Koblenz - 2. Bundesliga

Es fehlt nicht an Hingabe, wenn sich die Löwen-Fans in der Allianz Arena treffen. Doch die Szene ist tief gespalten.

(Foto: Johannes Simon/Bongarts/getty, SZ-Photo)

1860-Ultras entfernen auf Druck anderer Fans ihre Zaunfahne - und Investor Ismaik spaltet die Anhänger: Lothar Langer vom Fanprojekt über die zerrissene Münchner Kurve.

Interview von Markus Schäflein

Beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München haben sich nach der Auflösung zweier etablierter Gruppen neue Ultravereinigungen gebildet: die "Royal Blues" und die "Münchner Löwen". Beim Heimspiel gegen Karlsruhe verschwand während des Spiels die Zaunfahne der Royal Blues - auf Druck anderer Fans hin. Lothar Langer, Sozialarbeiter vom Fanprojekt München, erklärt die Situation in der Kurve.

SZ: Herr Langer, wie sehen Sie die derzeitige Situation im Fanblock des TSV 1860?

Langer: So wie es zur Zeit ist, ist es eine Katastrophe. Damit meine ich nicht nur, dass es bei den Heimspielen so still ist. Sondern ich meine eine Stimmung, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Die Anhänger sind angesichts der Vereinspolitik und des Wirkens von Investor Hasan Ismaik zutiefst gespalten, das Unverständnis für die andere Seite ist größer, als es zu Zeiten Wildmosers (ehemaliger Präsident, d.Red.) je war. Es gab oft genug unterschiedliche Strömungen, aber man hat viel mehr miteinander geredet. Ich sehe die Gefahr, dass jetzt ein Stillstand eintritt und die Situation ewig so bleibt. Dabei kennen sich die Leute ja zum größten Teil.

Unversöhnlich gegenüber, was die Meinung zu Ismaik angeht, stehen sich zum Beispiel die investorennahe Fan-Organisation Arge und die älteren Ultras. Und zwischen den Royal Blues und den Münchner Löwen ist das auch so?

Das stimmt eben nicht. Die Royal Blues sind einfach Jugendliche, die total orientierungslos in der Kurve stehen. Ein 15-Jähriger will sich über Siege freuen, seine Welt ist noch nicht so groß, dass er sich für Vereinspolitik, Investoren und das Fußballgeschäft interessiert. Sie haben noch nicht soundsoviele Wildmoser- und Ismaik-Zeiten erlebt. Letztendlich wollen sie einfach da stehen, singen und ihre Fahnen schwenken. Sie sind nicht neu, sie haben das früher schon getan. Sie haben bei der Anfeuerung der ehemaligen Ultragruppen mitgemacht, ohne ihnen anzugehören.

Frühere Mitglieder dieser Gruppen und andere Ultras gründeten wiederum die "Münchner Löwen", die aber angekündigt haben, den Stimmungsboykott in der Arena fortzuführen und nur auswärts anzufeuern. Haben deren Mitglieder die Fahne der Royal Blues entfernen lassen?

Das weiß ich noch nicht, und das ist auch nicht die entscheidende Frage. Ich würde den etablierten Ultras aber raten: Kümmert euch um die, ihr könnt die nicht alleine lassen. Diese jungen Leute brauchen Förderung und Unterstützung, statt ständig manipuliert und benutzt zu werden.

Was meinen Sie damit?

Es wurde ja gleich angekündigt: Sechzig hat jetzt eine neue Ultra-Gruppe. Das sollte bedeuten: Die alten Ultras, die die Arena hassen und Ismaik kritisch sehen, sind abgelöst worden. Die Royal Blues wurden medial und vereinsintern missbraucht, um zu sagen: Seht her, wir brauchen die anderen Ultras nicht. Wenn man weiß, welche Leute dahinter stehen, ist alles klar. Gerüchteweise wurde ja sogar verbreitet, die Royal Blues seien Fans aus der Arge. Die Jungs sind dem Ganzen mental nicht gewachsen, die brechen zusammen. Ich sage denen: Kümmert euch nicht um Ismaik und nicht um die Arge, findet und festigt euch erst einmal selbst. Eure Gruppierung gibt es doch noch gar nicht wirklich.

Die "Münchner Löwen" hingegen gibt es schon, aber nur auswärts. In Bielefeld und Lotte wurden Ismaik und Geschäftsführer Anthony Power wüst beschimpft.

Das würde ich nicht nur einer Gruppe zuordnen. In Lotte haben auch alle gemeinsam gerufen: "Wir sind Löwen und ihr nicht!" Angesichts der absolut desolaten Mannschaftsleistung waren sich ausnahmsweise mal alle einig.

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