1860 München im Abstiegskampf:Kraftlose Spieler, lustlose Fans

TSV 1860 München - Dynamo Dresden

Gang Richtung Abstiegszone: Kai Bülow und der TSV 1860 München.

(Foto: dpa)

Auch wenn es im Klub kaum einer ausspricht: Fußball-Zweitligist TSV 1860 befindet sich nach der 1:3-Niederlage gegen Dresden im Abstiegskampf. Die Zuschauer wirken teilnahmslos. Und der Präsident muss sich fragen, ob er zur Demotivation des Teams beigetragen hat.

Von Dominik Fürst

Wenigstens einen Erfolg konnte der TSV 1860 München am Sonntag vermelden: Die rund 23.500 Besucher, die ihren Weg in die Münchner Fußball-Arena gefunden hatten, um der Zweitliga-Partie zwischen 1860 und Dynamo Dresden beizuwohnen, bedeuteten ein deutliches Plus gegenüber dem bisherigen Zuschauerschnitt von ungefähr 17.000 pro Spiel.

Die Ironie dieses vermeintlichen Erfolgs bestand freilich darin, dass der große Andrang allein den Dresdner Fans zu verdanken war, die zu tausenden angereist waren, ihr Team frenetisch feierten und mit ihrem lautstarken Auftreten 90 Minuten lang daran erinnerten, dass man die Arena durchaus mit Leben füllen kann. Die Fans von 1860 hingegen wirkten lethargisch bis apathisch an diesem Sonntagnachmittag, als ihr Verein an einem neuen sportlichen Tiefpunkt angelangte.

1:3 (1:2) stand es am Ende zwischen dem TSV 1860 München und Dynamo Dresden, und auch wenn nur wenige Akteure der Heimelf das Wort "Abstiegskampf" in den Mund nehmen wollten, ist 1860 mittlerweile genau dort angekommen. Nach dem fünften sieglosen Spiel in Serie finden sich die "Löwen" auf Platz 14 der Tabelle wieder - mit einem Punkt Vorsprung auf den Relegationsplatz und zwei Punkten auf einen direkten Abstiegsplatz.

"Das ist enttäuschend, wir sind heute zurückgeworfen worden. Jetzt liegen wir ein Stück weit am Boden", sagte Trainer Friedhelm Funkel, dessen ohnehin glanzlose Bilanz von sechs Punkten aus sieben Spielen nunmehr um eine Niederlage reicher ist. Ein positiver Trainereffekt war in München seit dem Rauswurf von Alexander Schmidt nach dem sechsten Spieltag jedenfalls nicht zu verzeichnen.

Derzeit bietet der TSV 1860 München ein trauriges Bild: Lustlose Fans, kraftlose Spieler, und ein Trainer, der mit großen Hoffnungen verpflichtet wurde, und nun Woche für Woche den sportlichen Niedergang seiner Mannschaft kommentieren muss. "Wir liegen am Boden", damit beschrieb Friedhelm Funkel die Situation zutreffend.

Gegen Dresden fehlte wieder einmal die Durchschlagskraft in der Offensive, und den einzigen Münchner Treffer erzielte Abwehrspieler Guillermo Vallori nach einer Standardsituation (9.). Stürmer Nummer eins, Benjamin Lauth, wurde nach einer enttäuschenden ersten Halbzeit und nunmehr 855 torlosen Minuten ausgewechselt, während Stürmer Nummer zwei, Rob Friend, zwar als Anspielstation in luftigen Höhen bestach, echte Torgefahr jedoch einmal mehr vermissen ließ.

Hinzu kamen schlimme Fehler in der Münchner Defensive, die sich bereits in der zweiten Spielminute von einem schnellen Dresdner Konter überrumpeln ließ, den Mickael Poté zum 0:1 abschloss. Wenig später, als es nach Valloris Kopfball 1:1 stand, vertändelte Dominik Stahl vor dem eigenen Strafraum den Ball und leitete so die erneute Dresdner Führung durch Zlatko Dedic in die Wege (12.). In der Nachspielzeit erhöhte Mohamed Aouida schließlich per Strafstoß auf 1:3.

Zwar verzeichnete der TSV gegen Dresden knapp 70 Prozent Ballbesitz, trotzdem entstand der Eindruck, dass die Münchner Spieler verunsichert sind. Selbst Spielführer Vallori, der noch zu den Besten seines Teams gehörte, leistete sich zwei haarsträubende Fehlpässe, die zu Gegentreffern hätten führen können.

Ob 1860-Präsident Gerhard Mayrhofer zur Verunsicherung der Mannschaft beigetragen hat, als er sich vor vier Wochen via Facebook zu Wort meldete? "Wir müssen konsequent am Umbau des Systems TSV 1860 weitermachen. Ich denke, heute hat sich auch unsere Mannschaft angeboten, umgebaut zu werden!", schrieb damals der Präsident. Die Bilanz des TSV 1860 seitdem: zwei Unentschieden, zwei Niederlagen.

Längst vergessen scheint der Saison-Höhepunkt im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund, als 71.000 Zuschauer die Arena zum Kochen brachten und 1860 mit seiner extrem defensiven Ausrichtung sogar 90 Minuten lang ein 0:0 halten konnte. Fußballerisch war bereits dieser Auftritt kein Glanzpunkt.

Und nun, nach der Niederlage gegen Dresden, der triste Zweitliga-Alltag: Weit entfernt vom ehedem ausgerufenen Saisonziel Aufstieg, taumeln die "Löwen" auf die Abstiegszone zu, als wären sie mit Betäubungspfeilen beschossen worden.

Ob Trainer Friedhelm Funkel seiner Mannschaft wieder auf die Beine helfen kann, wird sich am nächsten Samstag bei Arminia Bielefeld zeigen. Bis dahin belässt es der Coach bei Durchhalteparolen: "Wer mich kennt, der weiß, dass wir nicht lange liegen bleiben, sondern wieder aufstehen. Es ist eine schwere Situation, keine Frage, aber da müssen wir jetzt durch und da werden wir durchgehen."

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