1860 München:Der beunruhigende Unterschied zu 2015

TSV 1860 München - Karlsruher SC

Auch in der Relegation umjubelt? 1860-Stürmer Ivica Olic.

(Foto: dpa)
  • 1860 München bereitet sich auf die Abstiegsrelegation gegen Jahn Regensburg vor.
  • Das Team, das vor einem personellen Umbruch steht, muss sich dabei vor allem auf die individuelle Klasse seiner Leistungsträger verlassen.
  • Für das Heimspiel hat der Verein bereits mehr als 21 000 Karten abgesetzt.

Von Markus Schäflein

Wichtige Botschaften müssen mit einem Hashtag versehen werden, daher lautet das Motto des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München im Abstiegskampf: "#zamhoidn". Zusammenhalt demonstrierten am Tag nach dem 1:2 in Heidenheim, das für die Löwen die Teilnahme an der Relegation gegen Regensburg bedeutet, immerhin die Führungsetage und der umstrittene Trainer Vitor Pereira; Präsident Peter Cassalette erklärte, alle stünden hinter Pereira und vertrauten ihm für die Relegation voll und ganz. Aus der naheliegenden Idee, mal wieder den beliebten Rettungstrainer Daniel Bierofka zum Chef zu machen, wurde also nichts. Am Montagnachmittag erschien Pereira um 15.46 Uhr, schon lange vor seinen Spielern, auf dem Platz, begleitet von zaghaftem Applaus der rund 100 anwesenden Anhänger.

Die Fans halten, schon aus Gewohnheit, auch zusammen; sie bildeten am ersten Verkaufstag lange Schlangen vor dem Ticketcenter an der Grünwalder Straße, um sich ihre Karten zu sichern. Das Gästekontingent für die Partie in Regensburg von 1800 Karten war ebenso umgehend ausverkauft wie die Nordkurve der Fröttmaninger Arena für das Rückspiel am Dienstag. Für das Rückspiel in München setzte 1860 binnen weniger Stunden schon 21 000 Tickets ab.

Das Publikum ist Zuspitzungen in letzter Sekunde eben gewohnt. Und selbst die Ultras, die am Freitagabend beim Regionalliga-Spiel gegen Unterhaching noch mit einer Reihe von Gesängen gegen Investor Hasan Ismaik und Plakaten gegen Präsident Peter Cassalette aufgewartet hatten, hielten sich in Heidenheim mit jeglichen Äußerungen zur Vereinspolitik zurück und setzten - vergeblich - auf volle Unterstützung.

Fehlt nur noch der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft. Und um diesen muss man sich, Hashtag hin oder her, diesmal weitaus größere Sorgen machen als in der vergangenen Relegation vor zwei Jahren gegen Holstein Kiel. Etliche Spieler wissen, dass sie keine Rolle mehr spielen - etwa Jan Mauersberger und Daniel Adlung (beide Verträge bis 2018) sowie Filip Stojkovic (Vertrag bis 2021!), die beim Montagstraining einsam ihre Runden drehten.

Andere ahnen, dass sie derzeit zwar noch in Formation stehen, aber angesichts auslaufender Verträge ebenfalls nicht von einer Zukunft in Giesing ausgehen brauchen - wie Michael Liendl, Ivica Olic, Maxi Wittek, Romuald Lacazette oder Stefan Ortega, der in Heidenheim zum Sündenbock erwählt wurde, obwohl ihn am dusseligen Freistoß-1:1 maximal eine Teilschuld traf. Dazu kommen geliehene Spieler wie Marnon Busch, Levent Aycicek und der im Winter auf Wunsch von Pereira gekommene Lumor, der in Heidenheim auf seiner linken Seite einmal mehr wie ein Fremdkörper im Gefüge wirkte. Gesetzte Spieler mit langfristigen Verträgen sind entweder im Formtief wie Christian Gytkjaer oder fehlen verletzt wie Amilton (Muskelfaserriss) und Felix Uduokhai (Oberschenkelprobleme). Ach so, fast vergessen: Erinnert sich noch jemand an Ribamar und Franck Boya?

Einzelspieler müssen es richten

Allzu viele Akteure finden sich nicht im Kader, die einen Grund haben, bedingungslos für den Klassenverbleib zu kämpfen - das ist der beunruhigende Unterschied zu 2015, als der vorherige U21-Trainer Torsten Fröhling einen Kader aus seinen Regionalliga-Jungs, die alleine schon für ihn kämpften, und langjährigen 1860-Profis bastelte, der mit bloßem Willen den Klassenverbleib schaffte. Und zur vergangenen Saison, als Oliver Kreuzer kurzfristige Verstärkungen wie Mauersberger und Sascha Mölders bewusst mit Verträgen ausstattete, die ihnen für den Fall des Klassenverbleibs eine Perspektive sicherten. Das ist die schlechte Nachricht für den TSV 1860.

Die positive ist, dass die Qualität der Einzelspieler diesmal weitaus höher erscheint. Allerdings mahnte Liendl kurz nach der Niederlage in Heidenheim mit vollem Recht: "In der Relegation geht es nicht um Qualität, da geht es um Mentalität." Diese zu wecken, ist angesichts der verkorksten Kaderplanung eine Mammutaufgabe. Die Verantwortlichen trauen sie Pereira offenkundig zu. Und auch, wenn die meisten Spieler ihr Smartphone stets bei sich haben und bei Instagram präsent sind: Ein Hashtag wird dafür nicht reichen.

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