1860 München: Hasan Ismaik:"1860 verkauft seine Seele nicht!"

Der mögliche Investor Hasan Ismaik reagiert irritiert auf das Zögern von 1860 München. Im Interview spricht er über die kniffligen Verhandlungen mit den Löwen.

Andreas Burkert

Nachdem Hasan Ismaik, 34, vor zwei Wochen beim Heimspiel gegen Cottbus (4:0) seinen Willen bekräftigte, als Investor bei 1860 München einzusteigen, herrschte enorme Aufbruchsstimmung beim finanziell angeschlagenen Fußball-Zweitligisten. Doch nach seinem schriftlich vorgelegten Kaufangebot stocken die Verhandlungen; die Löwen und speziell ihr Aufsichtsrat befürchten offenbar eine zu große Machtfülle des jordanischen Geschäftsmannes.

Hasan Abdullah Ismaik

Löwen-Fan im Stadion: Hasan Abdullah Ismaik beim Spiel von 1860 München gegen Energie Cottbus.

(Foto: dpa)

"Wir müssen als Vereinsführung dahinterstehen können", sagte Präsident Dieter Schneider am Montag der SZ, betonte aber, er habe trotz der aktuellen Meinungsverschiedenheiten "weiterhin ein gutes Gefühl, dass uns mit dem Investor eine Einigung gelingt. In dieser Woche werden wir auch sicher das, was wir jetzt aushandeln, zur Prüfung bei der DFL vorlegen". Ismaik dagegen klingt zurückhaltender im SZ-Gespräch über den Verhandlungsstand - er sei "irritiert" über das Zögern von 1860.

SZ: Herr Ismaik, wo haben Sie diesmal das 3:0 von 1860 über Fürth verfolgt?

Hasan Ismaik: Ich habe das Spiel zu Hause in Abu Dhabi über das Fernsehen verfolgt. Es war für mich wieder ein Paradebeispiel dafür, was in die Mannschaft für ein Potential steckt, auch die Fans waren ganz offenbar wieder erstklassig.

SZ: Sie hatten vorige Woche die Vertragsverlängerung mit Trainer Maurer begrüßt, über die Sie informiert waren.

Ismaik: Ja, man muss Herrn Maurer gratulieren, der es in Krisensituationen geschafft hat, seine Mannschaft zu motivieren und dass sich die Spieler auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich auf den Fußball. Wir freuen uns, dass die Vertragsverlängerung mit ihm zustande gekommen ist.

SZ: Am Samstag hat 1860 nun Verhandlungen mit Florian Hinterberger über eine Sportchef-Position bekanntgemacht. Wussten Sie auch davon?

Ismaik: Nein. Grundsätzlich sollten personelle Änderungen immer dem Wohle des Vereins dienen. Unser Interesse ist es, in erfahrene Macher zu investieren, denn der Verein sollte wieder da stehen, wo er hingehört. Wir haben bezüglich des Sportdirektors keine konkrete Person im Kopf, werden uns allerdings zur gegebenen Zeit - falls unser Einstieg glückt - mehrere Personen und Varianten anschauen. Bis dahin hat nur der Klub das Sagen. Allerdings: Da wir die Zukunft eigentlich gemeinsam gestalten möchten, fänden wir es angemessen, Personalentscheidungen zunächst zu verschieben und sie gemeinsam im Interesse des Vereins zu treffen.

SZ: Wie steht es denn nun um Ihren geplanten Einstieg?

Ismaik: Zurzeit sind wir uns noch nicht einig, die Verhandlungen kommen teilweise ins Stocken. Der Klub sollte eigentlich schnellstens aus der finanziellen Schieflage rauskommen. Wir haben unseren Beitrag geleistet. An unseren Positionen, die wir von Anfang an vertreten haben - zum Beispiel Investitionshöhe, Rahmenbedingungen, Kompetenzregelung - hat sich bis heute nichts geändert.

SZ: Wieso stocken die Gespräche?

Ismaik: Wir sind von der jetzigen Zurückhaltung des Vereins irritiert und können nur hoffen, dass die Führung entweder eine andere Lösung oder eine bessere Alternative hat. Ansonsten kann man es ja gar nicht verstehen, warum die Vereinsführung einen Lizenzentzug oder die Insolvenz riskiert. Eins steht aber fest: Der Verein kann, bei allem Respekt, nicht von uns erwarten, liquide Mittel zur freien Verfügung bereitzustellen - und zugleich meinen, wir sollten darauf vertrauen, dass der Verein im Alleingang und ohne Kontrolle oder ein starkes Mitspracherecht das Beste daraus macht. So einen Einstieg wird es nie geben. Im Moment können wir es nicht absehen, ob uns der Einstieg gelingt, wir sind auch nicht unter Zeitdruck. Der Verein dagegen müsste eigentlich nun rasch seine sportliche Zukunft ambitioniert angehen und planen.

SZ: 1860 fürchtet offenbar um sein Mitspracherecht und diesbezügliche Verstöße Ihres vorliegenden Kooperations-Vertrages gegen die Statuten des Vereins und auch der Deutschen Fußball-Liga.

Ismaik: Auch das wundert und irritiert mich. Die Vereinsführung kannte doch unsere Forderungen bereits, als die Verhandlungen vor vier Wochen anfingen. Herr Iraki, unser Münchner Vermittler, hat schon beim ersten Treffen klargestellt, was unsere Forderungen und Erwartungen sind. Damals hat niemand Bedenken geäußert. Wir haben auch zu keinem Zeitpunkt unsere Forderungen geändert. Und: Wir würden niemals Vereinbarungen treffen, die gegen DFL-Vorschriften verstoßen. Allerdings müssen beide Parteien wohlwollend daran arbeiten, dass die DFL die Vereinbarung gutheißt.

Sollte unsere Vereinbarung gegen die Statuten des Klubs sein, müssen diese Statuten eventuell geändert werden. Mir kommt es so vor, als ob man noch nicht erkannt hat, dass der Verein kurz vor der Insolvenz steht.

SZ: Das weiß er wohl. Vielleicht hat er nur Probleme, seine Seele zu verkaufen.

Ismaik: Der Verein verkauft seine Seele nicht! Sondern er bekommt eine gesunde und starke Seele. Man darf dieses Argument auch nicht in den Raum stellen. Die Fakten haben uns leider gezeigt, dass der Verein seine sogenannte Seele bereits über Jahre stückweise "verkauft" hat. Wir möchten doch jetzt vor allem, dass die Fans wieder ins Stadion kommen und selbstbewusster und mit Stolz auftreten können. Sie sind die Seele von 1860.

SZ: Wie geht es nun weiter?

Ismaik: Unsere Position ist klar und eindeutig. Viele Forderungen seitens des Vereins möchten wir gerne erfüllen - andere sind nicht verhandelbar. Der Verein muss sich jetzt entscheiden. Unabhängig davon, ob mein Investment klappt oder nicht: Ich bin und bleibe jetzt Löwen-Fan und bedanke mich bei den tollen Fans und der Mannschaft für den warmen Empfang. Für mich persönlich ist diese Erfahrung eine Bereicherung. Ich würde mich weiter nach Optionen umschauen, in Deutschland oder im europäischen Ausland. Zuletzt sind sogar schon deutsche Klubs auf mich zugekommen. Aber ich hoffe, dass mein Einstieg bei 1860 doch noch gelingt und wir gemeinsam die Zukunft erfolgreich gestalten.

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