1860 München:Ein Amt als Falle

"Wir haben es nicht mit Richtern zu tun, sondern mit Verbrechern": Kläger Kirmaier reicht zwei Verfassungsbeschwerden ein. Und sein Anwalt hält die Mitgliederversammlung von Sonntag mal wieder für ungültig.

Von markus schäflein

Um den Dauerprozess des Klägers Helmut Kirmaier gegen den TSV 1860 München ist es zuletzt etwas ruhiger geworden. Was nicht bedeutet, dass er im Hintergrund nicht weiterlaufen würde; er wird immer komplizierter. Zunächst das Banale: Wenig überraschend ist Kirmaiers Anwalt Heinz Veauthier, für den noch immer Dieter Schneider Präsident des TSV ist und alles danach Geschehene rechtswidrig war, auch diesmal der Meinung, dass die Mitgliederversammlung am Sonntag ungültig ist: "Eine Mitgliederversammlung als Vereinsorgan existiert nach der gültigen Satzung nicht." Und er empfiehlt daher nicht nur den Mitgliedern, von einem Besuch abzusehen, sondern auch den designierten neuen Präsidiumsmitgliedern: "Wer für dieses Amt kandidiert, sollte erkennen, dass ihm hier eine Falle gestellt wird und dass er möglicherweise für alles, was vorher war, mithaftet."

"Wir haben es nicht mit Richtern zu tun, sondern Verbrechern."

Nun werden sich weder die Mitglieder noch die Präsidiumskandidaten davon abhalten lassen, die Versammlung durchzuführen, so dass dann schon wieder die nächste Klage droht. Dabei gibt es schon genügend Handlungsstränge, und sie sind immer schwerer zu entwirren. Es geht unter anderem um eine Strafanzeige gegen den Rechtspfleger am Registergericht wegen der Einsetzung eines Notvorstands, eine verzögerte Klagezustellung - und vor allem darum, dass das Landgericht zuletzt am 9. Juni 2015 mal wieder Gerhard Mayrhofer und seine Kollegen als Vertreter des Vereins einlud und nicht Dieter Schneider und seine Vizes. Kirmaiers Klage ging allerdings an den TSV, vertreten durch Schneider. "Somit ist Dieter Schneider wieder nicht in den Genuss gekommen, an dem Prozess teilzunehmen. Das Gericht darf das Rubrum (Urteilskopf, der die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter benennt, d. Red.) aber nicht zum Nachteil des Klägers ändern", sagt Veauthier und verweist auf Paragraf 253 der Zivilprozessordnung. "Der Vorsitzende Richter Dr. Baumann hat es gefälscht. Wir haben es nicht mehr mit Richtern, sondern mit Verbrechern zu tun." Der Richter teilte die Auffassung des TSV, dass es sich um eine so genannte "doppelrelevante Tatsache" handele und Mayrhofer zu Recht genannt wurde.

Kirmaier hat eine Verfassungsbeschwerde "gegen den Beschluss, mit der die Berichtigung des Rubrums abgelehnt wurde", eingereicht. Sie solle "diesen Prozess endlich aus der Verfilzung der bayerischen Justiz mit dem TSV 1860 herausholen", wie Veauthier sagt: "Der rechtlich einwandfreie Weg wird unübersehbar von bestimmten Kreisen in der bayerischen Justiz gemieden." Der Anwalt erwartet, dass das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde annimmt; sie stütze sich auf eine Entscheidung des Gerichts aus dem Jahr 2013, als ein Fall wegen eines falschen Rubrums ans Landgericht Köln zurückverwiesen wurde. Mit einer Entscheidung darüber ist frühestens in einem halben Jahr zu rechnen. In einem zweiten Verfahren reicht Kirmaier eine weitere Verfassungsbeschwerde ein; hier geht es um die Ablehnung von Richtern am Oberlandesgericht wegen Befangenheit. Zudem will sich Veauthier an das Bundesjustizministerium wenden.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: