1860 München:"Bratensülze, Bratk."

Löwenstüberl-Wirtin geht in Ruhestand

Christl Estermann 2016 mit dem damalige Trainer des TSV 1860 München, Kosta Runjaic.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Wirtin Christl Estermann, 75, verlässt das Löwenstüberl. Diesmal wirklich, oder zumindest wahrscheinlich wirklich.

Von Markus Schäflein

Wirtin Christl Estermann, 75, verlässt das Löwenstüberl. Diesmal wirklich, oder zumindest wahrscheinlich wirklich. Jedenfalls verkündete der Fußball-Drittligist TSV 1860 München die Personalie am Donnerstag hochoffiziell per Pressemitteilung. "Es ist natürlich sehr schade, dass eine solche Ära zu Ende geht", erklärte Geschäftsführer Michael Scharold, "aber wir müssen die Entscheidung akzeptieren." Der Klub teilte weiterhin mit, Scharold spreche " den vielen treuen Besuchern und Stammgästen aus dem Herzen". Bis zum Jahresende werde die Christl noch bleiben und auch noch ein großes Abschiedsfest erhalten.

Die Kneipe am Trainingsgelände ist ja seit Karl-Heinz Wildmoser in der Hand der Christl, der frühere Präsident garantierte ihr einst auf einer Glückwunschkarte ein lebenslanges Bleiberecht. So wurde es zu einem veritablen Skandal, als ihr Abschied vor sechs Jahren erstmals im Raum stand: Der damalige Geschäftsführer Robert Schäfer träumte wohl von einer moderneren Gastronomie. Er habe ihr "Argumente genannt, die ich akzeptieren musste", sagte die Christl unter Tränen , "auch aus finanzieller Sicht". Einen Tag später erklärte sie dann: "Ich werde nicht kündigen. Ich habe hier alles hergerichtet und soll nicht mal eine Ablöse kriegen." Und der Präsident Dieter Schneider, dem die Christl stets seinen "Spezial-Kaffee" zubereitete (indem sie einen normalen Kaffee mit heißem Wasser verdünnte), setzte sich dafür ein, dass sie bleiben durfte. Trotz ihrer teilweise etwas aus der Zeit gefallenen Speisekarte ("Milzwurst, Kartoffels. 5,65 Euro", "Bratensülze, Bratk. 5,20 Euro", "Blut- u. Leberwurst, Kraut, Salzk. 5,95 Euro") ging es also weiter mit dem Löwenstüberl.

Schäfers Attacke war nicht der letzte Aufreger rund um die Christl. Am 31. Mai 2017 gab sie bekannt, dass sie nach 23 Jahren unermüdlichem Einsatz für ihre Kunden nun doch keine Lust mehr habe - mit dem Abstieg der Löwen aus der zweiten Liga, der am Abend zuvor mit einem 0:2 im zweiten Relegationsspiel gegen Jahn Regensburg besiegelt worden war, habe ihre Entscheidung nichts zu tun. Ins Bild der großen Rücktritts-Welle, die den TSV 1860 München erfasst hatte, passte sie dennoch - doch kurz darauf erklärte die Christl allerdings, sie habe es sich wieder anders überlegt. Ob ihr Abschied diesmal endgültig ist, bleibt also noch abzuwarten. Auch wenn in der Pressemitteilung mit Ausrufezeichen steht: "Nun ist endgültig Schluss!"

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