1860 München:Aus der Elendsschraube

Der TSV 1860 München präsentiert eine Idee, um an Geld zu kommen: Der Verein gibt Anleihen aus, er setzt auf Anleger und Gönner.

Markus Schäflein

Der TSV 1860 hat schon wieder eine Idee präsentiert, um an Geld zu kommen - und diesmal handelt sich um ein zumindest transparentes Vorhaben, wie es andere deutsche Profiklubs auch schon praktiziert haben: Der Fußball-Zweitligist gibt Anleihen aus. "Das ist ein zentrales Element, um aus der Elendsschraube herauszukommen", sagt Geschäftsführer Manfred Stoffers, "wir müssen wirtschaftlich unabhängig werden, bisher rennen wir nur unseren Verpflichtungen hinterher." 150 Euro kostet ein Wertpapier, in Anlehnung ans 150-jährige Klubjubiläum; es wird mit sechs Prozent verzinst, die Rückzahlung erfolgt im Juli 2015. Ein Mitspracherecht an der KGaA erwirbt der Käufer nicht, das unterscheidet eine Anleihe von einer Aktie.

1860 München

Der TSV 1860 hat eine Idee präsentiert, um an Geld zu kommen.

(Foto: Foto: dpa)

Die Bankenaufsicht Bafin, die zuletzt auch die Löwen-Tochtergesellschaft LSV prüfte, sah bei der Ausgabe von Anleihen keine offenen Fragen und hat sie am Freitagnachmittag genehmigt: Schließlich hat der TSV 1860 den vorgeschriebenen Prospekt erstellt, in dem Anlieger auf alle Risiken hingewiesen werden - bis hin zum völligen Wertverlust der Anleihe im Falle einer Insolvenz der KGaA. Bis zu neun Millionen Euro sind als Maximalvolumen erlaubt.

Stoffers rechnet "vorsichtig" mit drei Millionen Euro, wie sie der 1.FC Nürnberg mit seiner Anleihe bisher angeworben hat. "100000 Menschen sind genauso reich wie ein Oligarch, sie müssen sich nur zusammentun", sagt Stoffers. "Einen Oligarchen haben und wollen wir nicht, deshalb wählen wir den Weg des mühseligen Einsammelns."

Neu ist die Idee, 1860-Anleihen auszugeben, nicht - auch Stoffers' Vorgänger Stefan Ziffzer hatte dies geplant. "Die Idee hat schon einen Bart", sagt Stoffers, "aber nie hat jemand den Mut gehabt, das auch anzugehen." Am Ende verkaufte Ziffzer damals stattdessen symbolisch überteuerte Schals, laut dem Motto der Aktion "für einen starken Kader", und hinterher war der Kader genauso schwach wie zuvor.

Diese Erinnerung könnte den Löwen dabei schaden, ihre Anleihen unters Volk zu bringen - zumal den Anlegern im Gegensatz zu Nürnberg, dort wird immerhin eine Immobilie auf dem Vereinsgelände erbaut, nicht konkret vorgelegt werden kann, was mit ihrem Geld geschieht. Vor allem in die Nachwuchsarbeit solle investiert werden, erklärt Stoffers immerhin.

Der Geschäftsführer setzt ohnehin nicht nur auf die klassischen Kapitalanleger, er nennt die Ausgabe von Anleihen "ein Mischvorhaben". Denn während Investoren Globalurkunden erwerben, die automatisch verzinst und zurückgezahlt werden, erhalten Anhänger und Gönner des Vereins gerahmte Schmuckurkunden, die das Wertpapier zwar verbriefen - die aber nach Wunsch der Löwen gar nicht zurückgegeben werden sollen.

Vier verschiedene Motive (DFB-Pokalsieg 1964, Meisterschaft 1966, Bundesligaaufstieg 1993, Derbysiege um die Jahrtausendwende) ergänzen sich zu einem Gesamtbild, das sich der gemeine Löwenfan bitte zur insgesamt 600 Euro teueren Dekoration an die Wand hängen soll. Die Möglichkeit, die zugehörigen Zinskupons einzulösen und das eingesetzte Geld am Ende zurück zu erhalten, besteht natürlich auch in diesem Fall. "Damit können es die männlichen Löwenfans auch besser ihrer Frau erklären", sagt Stoffers.

Klassische Kapitalanleger werden vermutlich das Ende des Cateringprozesses gegen den Arenavermieter FC Bayern und eine Einigung über die Stadionzukunft abwarten, ehe sie zeichnen. Wenn die Löwen vor Gericht nicht gewinnen bzw. sich mit den Bayern nicht einigen, drohen die geschätzten drei Millionen Euro aus der Anleihe schon im strukturellen Defizit der kommenden Saison abzusaufen.

"Es wäre schön gewesen, wenn die gerichtliche Auseinandersetzung schon im März zu einem Ende gekommen wäre", weiß auch Stoffers, der sich aber ohnehin sicher zeigt, vor Gericht zu siegen. "Wenn diese kämpferische Seite funktioniert und die Anleihen funktionieren, sind wir auf einem richtigen Weg, wirtschaftlich unabhängig zu werden", sagt er.

Dass das große Finanzproblem dann auf 2015 verschoben ist, wenn die Anleihen zurückgezahlt werden müssen, glaubt Stoffers nicht: "Nehmen wir an, dass 20 bis 30 Prozent ihre Anleihe zurückgeben, dann wäre das ein überschaubarer Betrag." Welche Summe die Löwen für die Rückzahlung einplanen müssen, zeige sich schon am Anteil der ausgegebenen Globalurkunden am Gesamtvolumen. Zudem gebe es die Möglichkeit der "Refinanzierung über eine Anschlussanleihe". Die Bewerbung der Anleihen beginnt am Sonntag beim Heimspiel gegen Union Berlin.

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