Müller und das DFB-Team:Als Innenverteidiger wäre der Weg zurück leichter

Bundesliga - Bayern Munich v Schalke 04

Schießt wieder Tore und taucht wie früher genau am richtigen Ort auf: Bayern-Profi Thomas Müller.

(Foto: Michael Dalder/Reuters)

Braucht die Nationalelf Thomas Müller? Bayern-Boss Rummenigge sinniert über ein Comeback - doch Bundestrainer Löw ignoriert gute Ratschläge bekanntlich hartnäckig.

Kommentar von Philipp Selldorf

Karl-Heinz Rummenigge hat seinen Ratschlag an den Bundestrainer auf die klassische Art eröffnet: Er wolle Jogi Löw "grundsätzlich keine Ratschläge geben", hat er gesagt - um anschließend genau dies zu tun. Wobei Rummenigge so geschickt vorgegangen ist, dass Löw tatsächlich glauben könnte, es handelte sich dabei um eine wertfreie, unverbindliche Meinungsäußerung und nicht um einen Akt der Einmischung. Zu einem möglichen Comeback von Thomas Müller im Nationalteam - eine Idee, die der Spieler selbst angesprochen hat - äußerte Rummenigge Folgendes: "Ich sage immer: Wenn einer top spielt - und ich hoffe, dass Thomas weiter top auf diesem Niveau spielt -, dann wird da möglicherweise noch ein Umdenken stattfinden."

Ja, das war wirklich geschickt formuliert. Hätte Rummenigge in seiner Eigenschaft als Bayern-Boss und Influencer von nationalem Rang gefordert, an Müllers Comeback führe verdammt nochmal kein Weg mehr vorbei, Löw müsse endlich die Augen aufmachen und dem Leistungsprinzip Geltung verschaffen und überhaupt ... - dann hätte er damit vermutlich den letzten Rest von Müllers Chance auf eine Rückkehr ins Nationalteam zunichtegemacht.

Löw hat sich in all den Jahren seines Bundestrainerdaseins angewöhnt, grundsätzlich das Gegenteil dessen zu tun, was ihm wichtige Fußball-Leute in der Öffentlichkeit dringend nahelegen. Er kann ausgesprochen hartnäckig sein im Ignorieren von Bewegungen und Kampagnen, die einem bestimmten Spieler Zugang zur Nationalelf oder einer Position verschaffen wollen.

Gnabry, Werner, Sané, Brandt, Havertz und Goretzka bieten viel Auswahl

Gegen Thomas Müller hat Jogi Löw nichts. Im Gegenteil, er mag ihn sehr. Aber das heißt nicht, dass er nun - da Müller ja tatsächlich in auffallend guter Verfassung ist - seinen Entscheid aus dem vorigen Jahr storniert, den Münchner Profi nicht mehr in die Nationalmannschaft zu berufen. Er hat sich selbst überwinden müssen, bevor er damals im Stil eines Sondereinsatzkommandos an der Säbener Straße eingefallen ist und außer Müller auch Jérôme Boateng und Mats Hummels vom Ende ihrer Nationalspielerzeit verkündete, aber er hat sich diesem unangenehmen Gang aus guter Überlegung und Überzeugung unterzogen.

Löw will eine Mannschaft aufbauen, in der nicht die alten Helden den Ton angeben, sondern die Spieler der nächsten Heldengeneration. Es geht um den nötigen Raum für Profilierung. Die Anwesenheit der Weltmeister Manuel Neuer und Toni Kroos bedeutet dabei keinen Widerspruch. Ihre Leistungen in München und Madrid und beim DFB sprechen für sich.

Müller hat in seinen letzten Tagen als Nationalspieler im Herbst 2018 um den Erhalt seines Platzes gekämpft, doch es war ein desperates Unterfangen, er hat keine Argumente mehr sammeln können. Er war nicht mehr magisch wie in den besten Zeiten. Jetzt "kommt er so langsam wieder in den zweiten Frühling zurück", wie Rummenigge meint. Müller schießt wieder Tore und taucht wie früher auf übersinnliche Weise genau am richtigen Ort auf. Aber braucht die Nationalelf Thomas Müller? Könnte er seine Magie als Innenverteidiger einsetzen, indem er es zum Beispiel vollbringt, plötzlich Kylian Mbappé im Weg zu sein, dann hätte die Idee des Comebacks vielleicht Zukunft. Aber in der Offensive ist Löws neues Nationalteam ausreichend ausgestattet: Gnabry, Werner, Sané, Brandt, Havertz und Goretzka bieten zur EM viel Auswahl. Was allerdings auch kein abschließendes Urteil darstellt.

Müllers Frühling setzte ein, nachdem Hansi Flick in München die Geschäfte übernommen hatte. Jener Flick, der Jogi Löw beim Titelgewinn in Brasilien beraten hat? Nun, man möchte dem Bundestrainer keine Ratschläge geben, aber ...

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