MSV Duisburg:Entlassung am Abgrund

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Tschüss, Freunde! Trainer Torsten Lieberknecht nach seiner letzten Niederlage als Trainer der Duisburger „Zebras“. (Foto: Thomas Thienel/imago)

Erst den Aufstieg verpasst, jetzt auf einen Abstiegsplatz gestürzt: Der umfassend gefährdete Drittligist trennt sich von Trainer Lieberknecht.

Von Ulrich Hartmann, Duisburg/München

Ausgerechnet in der Heimatstadt des Duisburger Fußballmanagers Ivica Grlic hat das Schicksal des Trainers Torsten Lieberknecht seinen Anfang genommen: in München, im Stadion an der Grünwalder Straße. Diese Geschichte ist zwar vier Monate her und hat auf den ersten Blick nichts damit zu tun, dass Lieberknecht am Dienstag beim Drittligisten MSV Duisburg entlassen worden ist. Und doch hat sich der Klub am westlichen Rande des Ruhrgebiets vom damaligen Schicksalsgegentreffer nicht mehr erholt.

Nach der 1:3-Heimniederlage am Montagabend gegen Viktoria Köln ist der MSV aktuell auf einem Abstiegsplatz gerutscht, und Grlic begründete die Trainerentlassung mit den Worten: "Wir haben auch nach acht Spielen nicht zu Stabilität gefunden. Die Ergebnisse stimmen nicht und eine positive Entwicklung haben wir leider auch nicht erkennen können. Das macht diesen Schritt jetzt notwendig."

An 20 von 38 Spieltagen in der vergangenen Saison war Duisburg Tabellenführer der dritten Liga gewesen. Sechs Spieltage vor Saisonschluss hatte der MSV vier Punkte Vorsprung vor dem ersten Nichtaufstiegsplatz. Dann schmolz das Polster dahin. Doch selbst am vorletzten Spieltag, als man bereits aus den Aufstiegsrängen herausgepurzelt war, schien der Sprung in die zweite Liga im Gastspiel beim FC Bayern München II noch immer zum Greifen nahe zu sein - bis zur zweiten Minute der Nachspielzeit. Duisburg führte 2:1, dann schoss Münchens Leon Dajaku den späten Ausgleich zum 2:2-Endstand.

Eine Woche später, als die Duisburger am letzten Spieltag 4:0 gegen Unterhaching gewonnen hatten, erwies sich, dass sie ohne Dajakus Gegentor direkt in die zweite Liga aufgestiegen wären. So aber blieben sie Drittligist, und jetzt, vier Monate später, stehen sie als Viertletzter sogar an der Schwelle zur Regionalliga. Deshalb ist Lieberknecht seinen Job los.

Das nächste Spiel führt die Duisburger wieder nach München, diesmal ins Olympiastadion. Wenn sie dort am kommenden Samstag beim Aufsteiger SV Türkgücü gastieren, werden die Assistenztrainer Marvin Compper, Branimir Bajic und Sven Beuckert den Auftritt koordinieren. Der neue Chefcoach soll erst tags darauf vorgestellt werden. Der bereits nach zwei Spieltagen bei den Würzburger Kickers entlassene Michael Schiele, 42, stand am Dienstagabend bereits vor einem Engagement beim MSV.

Lieberknecht, der Eintracht Braunschweig 2013 in die Bundesliga geführt hatte, ein Jahr später wieder abstieg und 2018 nach insgesamt zehn Jahren dort entlassen wurde, war im Oktober 2018 beim damaligen Zweitligisten MSV Duisburg angetreten. Er konnte in jener Saison den Abstieg nicht verhindern, verpasste eine Spielzeit später - auch wegen des Gegentores bei den Bayern - knapp den Wiederaufstieg. Und nun stand er mit seinem Team also auf einmal am Abgrund.

Aber einen Abstieg in die Regionalliga kann sich der klamme Klub nicht leisten, eigentlich ist nicht mal der Verbleib in der dritten Liga eine seriöse Option. Im Sommer hatte MSV-Präsident Ingo Wald gesagt: "Wir wollen, solange es geht, eine Insolvenz vermeiden." Nur ein Aufstieg würde dabei wohl helfen. Wald hatte das vor dem Saisonstart so erklärt: "Auf Dauer würde der Verbleib in der dritten Liga eine Abwärtsspirale anstoßen, aus der wir nicht mehr herauskommen. Jedes Jahr in dieser Klasse bedeutet ein Minus." Immerhin der Auftrag an den noch zu findenden Coach ist also schon mal klar umrissen.

© SZ vom 11.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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