Süddeutsche Zeitung

Bayer Leverkusen:Großer Chor für Diaby

Lesezeit: 3 Min.

Der hervorragend aufgelegte Franzose trägt Bayer Leverkusen durch die Rückrunde. Dass er schnell und fintenreich spielen kann, ist bekannt - neu ist seine Stärke in der Defensive.

Von Felix Haselsteiner, Leverkusen

Es war Rechtsverteidiger Jeremie Frimpong, der den akustischen Rahmen nach dem Spiel lieferte. "Diaby, Diaby, Diaby" skandierte er lautstark auf dem Weg in die Kabine, vorbei an den Kameras, wo Moussa Diaby stand und auf Französisch ein Interview gab. Man hörte die Rufe noch, als sich die Tür zum Spielertrakt hinter Frimpong geschlossen hatte. Diaby-Sprechchöre hatte es schon während des Spiels in der Arena gegeben, und an diesem Nachmittag war tatsächlich jede Gesangsart für den 22-Jährigen gerechtfertigt.

Das 3:0 gegen Bielefeld, mit dem Leverkusen den dritten Tabellenplatz absicherte, ging in großen Teilen auf Diabys zwei Tore in der zweiten Halbzeit zurück. Der hervorragend aufgelegte Leverkusener Außenstürmer trägt Bayer aktuell durch die Rückrunde: sieben Tore, eine Vorlage, das sind sehr gute Statistiken. Viel wichtiger jedoch ist, dass Diaby mittlerweile seine Mannschaftskollegen so glücklich macht, dass auch sie in den immer größer werdenden Chor einstimmen - lautstark in der Arena und etwas geordneter am Mikrofon.

"Den Lauf, den er gerade hat, darf er gerne noch fortsetzen", sagte Torwart Lukas Hradecky. Dann ging es um das Thema, das Diaby in Leverkusen lange Zeit genauso begleitet hat wie sein Ruf, einer der schnellsten Bundesliga-Spieler zu sein: mangelnde Defensivarbeit. "Ich glaube, er hat es jetzt im Kopf, dass das so funktioniert", sagte Hradecky, als Referenz nannte er den im Sommer abgewanderten Leon Bailey, der am Anfang seiner Leverkusener Zeit ähnlich schlampig im Verbund gearbeitet habe. "Auch Leon Bailey hat in seinen besten Zeiten immer mit nach hinten gearbeitet", erinnerte sich Hradecky, "nur so geht es."

Beim 3:0 reicht Diaby eine Körpertäuschung und ein Abschluss aus spitzem Winkel

Diaby spielte auch gegen Bielefeld lange Zeit nach dem Muster, das man von ihm kennt: Er ist ungemein dribbelstark, allerdings auch in der eigenen Hälfte, inklusive Ballverlusten, die dem Gegner aus Bielefeld ein paar Gelegenheiten ermöglichte. Diaby war beizeiten gar etwas unsichtbar, die erste Halbzeit bestimmte vielmehr Spielmacher Florian Wirtz, der mit seinen Zuspielen auf Paulinho und Stürmer Lucas Alario - für den verletzten Patrik Schick in der Mannschaft - beste Gelegenheiten organisierte, die seine Kollegen allerdings ungenutzt ließen. In der 30. Minute verwertete der argentinische Stürmer Alario dann doch aus kurzer Distanz noch einen Wirtz-Abschluss zum 1:0, es war die Bestätigung der Leverkusener Dominanz.

Das 2:0 und 3:0 erzielte dann jeweils Diaby in der Rolle, die ihm am besten passt: Mit viel Tempo zog er jeweils in den Bielefelder Strafraum, ein Doppelpass mit Wirtz reichte vor dem vorentscheidenden zweiten Treffer in der 57. Minute aus, um die Arminia-Abwehr zu düpieren. Das 3:0 neun Minuten vor Schluss besorgte er ganz allein, diesmal reichte eine Körpertäuschung und ein Abschluss aus spitzem Winkel.

Trainer Gerardo Seoane sah in den Disziplinen Dribbeln und Abschluss ebenfalls nicht die größten Weiterentwicklungen beim umworbenen Franzosen. "Es ist beeindruckend, welche Disziplin und Bereitschaft er inzwischen zeigt, gewisse Arbeiten zu erledigen, die vielleicht nicht unbedingt seine Stärken sind", sagte Seonae stattdessen. Und Jonathan Tah ergänzte schmunzelnd aus Sicht des Abwehrchefs, dass Diabys Defensivarbeit in der Winterpause Thema gewesen sei. Zuvor nämlich habe es "das ein oder andere Spiel" gegeben, "in dem wir das angesprochen haben", erklärte Tah. Die Verbesserung helfe nicht nur der Mannschaft, sondern auch Diaby selbst: "Er belohnt sich, weil er sich nicht nur auf sein Talent verlässt", urteilte Tah.

Leverkusen sieht sich nach dem Erfolg gegen zu ungefährliche Bielefelder in einer guten Ausgangsposition für die kommenden Wochen, in denen etwas größere Herausforderungen als der Tabellen-Vierzehnte warten. Am kommenden Woche geht es zum FC Bayern, danach wartet Atalanta Bergamo in der Europa League und der 1. FC Köln gastiert zum Derby. Wieviel der gute Rückrundenstart wert war und ob die Abwesenheit von Torjäger Schick wirklich so wenig auffällt wie am Samstag, dürfte sich in diesen Begegnungen entscheiden. Torwart Hradecky - auch deshalb so zufrieden, weil Leverkusen zum ersten Mal seit November zu Null gespielt hatte - fasste den derzeitigen Optimismus bei Bayer mit einem kleinen Anglizismus zusammen: "Mit Diaby on top of his form wird das schon."

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