Finale der Conference League:Bei Mourinho kullern die Tränen

Finale der Conference League: Ein gerührter, gelöster José Mourinho - kein Wunder, denn er gewann mit AS Rom wieder mal einen Cup.

Ein gerührter, gelöster José Mourinho - kein Wunder, denn er gewann mit AS Rom wieder mal einen Cup.

(Foto: Justin Setterfield/Getty Images)

Feyenoord spielt modern und frisch, den Pokal gewinnt aber AS Rom. Beim international ewig erfolglosen Klub dreht sich im Siegestaumel alles um den Trainer - und um die Vergangenheit.

Von Ulrich Hartmann

Als sich Trainer José Mourinho im Freudentaumel wieder einmal die feuchten Augen rieb, schallte die römische Hymne "Grazie Roma" durch das Nationalstadion von Tirana. Die 4000 Fans von AS Rom sangen berauscht mit, einige in vorderster Reihe des Fanblocks bekamen sogar kurz den Pokal zu fassen, den die Fußballer ihnen hinhielten. "Wir geben unseren Fans etwas zurück", krächzte der Mannschaftskapitän Lorenzo Pellegrini in ein TV-Mikrofon. Die respektable Trophäe meinte er damit allerdings nicht. Die benötigt der Klub selbst für eine ziemlich leere Pokal-Vitrine.

Es ist der erste europäische Pokal der Roma, seit man 1961 etwas gewonnen hatte, das damals "Messe-Pokal" hieß und heute keinerlei Relevanz mehr besitzt. Für diesen großen italienischen Klub bedeutete der 1:0-Endspiel-Sieg gegen Feyenoord gefühlt den ersten Europapokal-Triumph der Vereinsgeschichte.

"Die Roma ist ein großer Klub, dem die großen Trophäen fehlen", hatte Mourinho vor dem Finale gesagt und hinterher wohl auch deshalb geweint, weil ihn der Gedanke rührt, dass er es ist, der diesem Verein, dieser Stadt, diesen Menschen das Langersehnte schenken durfte. Für ihn persönlich war es der fünfte Europapokal-Triumph und er war gewillt, diese Bilanz rhetorisch noch aufzuwerten. "Es ist eine Sache, mit einer Mannschaft zu gewinnen, die zum Siegen gemacht ist", sagte er, "aber es ist eine andere, dies mit Mannschaften wie Porto, Inter und Roma zu schaffen - das gibt dir das Gefühl, etwas Besonderes zu sein." Mit seinem fünften Europapokal-Titel holte er in der ewigen Bestenliste den italienischen Trainer Giovanni Trapattoni ein.

Niemand hatte sich besonders gefreut auf diesen neuen Wettbewerb namens Conference League

Als dieser neue Wettbewerb namens "Conference League" zu Beginn der Saison eingeführt worden war als dritter europäischer Wettbewerb unterhalb von Champions League und Europa League, da hätte niemand gedacht, dass die Sieger später sogar weinen vor Rührung. Dieser Cup war bloß ein Zugeständnis an die vielen kleinen Vereine, die nie Europa League oder Champions League gewinnen können.

Das Endspiel hatte man darum in demütiger Erwartung in ein Kleinststadion (21.690 Zuschauer) nach Albanien vergeben, dabei hätten die mitgereisten Fans aus Rom und Rotterdam auch das vier Mal so große Stadion Camp Nou in Barcelona füllen können. In der Nacht vor dem Finale hat es Tumulte gegeben in Tirana.

Das Spiel dominierte ein frisch und modern spielendes Feyenoord, doch den einzigen Treffer erzielten ausgebuffte Römer, als Nicolo Zaniolo in der 32. Minute davon profitierte, dass Rotterdams Österreicher Gernot Trauner eine Flanke unterlief. Feyenoord hatte in der Gruppenphase mit dafür gesorgt, dass der deutsche Repräsentant Union Berlin die K.o.-Phase verpasste. In der kommenden Saison darf der 1. FC Köln in der Conference League mitspielen. Rom und Rotterdam werden dann nicht mehr dabei sein. Sie haben sich über ihre Ligen für die Europa League qualifiziert. Mehr gönnt man auch dem Sieger der Conference League nicht. Ein Ticket für die Champions League ist hier nicht zu holen.

Als Sieger dürfte sich trotz Niederlage Rotterdams Trainer entpuppen. Arne Slot, 43, ist international kaum bekannt, aber seinen frechen Fußball muss man einfach mögen. Die Niederlande sind Trainer-Export-Nation. Erik ten Hag vom Meister Ajax geht zu Manchester United, Roger Schmidt vom Zweiten Eindhoven wechselt zu Benfica, Arne Slot vom Dritten Feyenoord scheint noch zu haben zu sein. Er hat das offensivste Team der Conference League geformt mit den Stürmern Luis Sinisterra (Transfer-Tipp!), Reiss Nelsson (war mal in Hoffenheim) und Cyriel Dessers (zehn Tore, Schützenkönig des Wettbewerbs). Ausgerechnet im Finale nun haben sie kein Tor mehr geschossen, dabei hätte der Klub 20 Jahre nach dem Uefa-Pokalsieg gegen Borussia Dortmund gerne mal wieder einen Pokal bekommen.

Umso erbaulicher war der Triumph für Rom. 1984 hatte man das Landesmeister-Finale gegen Liverpool verloren, 1991 mit Rudi Völler und Thomas Berthold das Uefa-Cup-Finale gegen ein Inter mit Jürgen Klinsmann, Lothar Matthäus, Andreas Brehme - und dem Trainer Trapattoni. Es war seine vierte Europatrophäe, die fünfte folgte 1993 im Uefa-Cup mit Juventus Turin.

Finale der Conference League: Jose Mourinho hatte gut zu tun, auch wirklich alle zu umarmen, nach diesem Finale gegen Feyenoord.

Jose Mourinho hatte gut zu tun, auch wirklich alle zu umarmen, nach diesem Finale gegen Feyenoord.

(Foto: Antonio Calanni/AP)

29 Jahre später nun wurde Trapattoni eingeholt vom "Mister Tituli" Mourinho. Der 59 Jahre alte Portugiese krönte seine internationale Bilanz nach Uefa-Cup (2003) und Champions League (2004) mit dem FC Porto, der Champions League mit Inter (2010 gegen Bayern) und der Europa League mit Manchester United (2017) vorerst mit einem Titel, von dem man nicht gedacht hätte, dass er ihn zu Tränen rührt. Sie kullern freilich immer dann, wenn den Maestro der eigene Erfolg rührt. Jetzt ist er der erste Trainer, der die drei aktuellen Wettbewerbe Champions, Europa und Conference League gewinnen konnte.

Weil er sich seiner Exklusivität bewusst ist, kletterte er nach dem Triumph als Erster aufs Podium, um sich vom Uefa-Chef Aleksander Ceferin die Medaille umhängen zu lassen. Rom verzeiht ihm, dass er den Klub in der Serie A nur auf Platz sechs hieven konnte. "Dieser Titel geht in die Geschichte der Roma ein", schwelgte Mourinho - "und in meine!"

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