Mountainbikerin Sabine Spitz:Weltranglistenerste - mit 41 Jahren

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In London 2012 gewann sie Silber: Sabine Spitz. (Foto: Robert Ghement/dpa)

Karriereende? Sorry, nicht in Sicht. Die Weltranglistenerste Sabine Spitz hat noch so viel Lust auf Mountainbike-Rennen, dass sie auch in dieser Weltcupsaison wieder mitfährt. Wie sie es schafft, mit 41 noch die Beste zu sein.

Von Thomas Becker

Den Auftakt der Mountainbike-Weltcupsaison hatte sich der Jugendleiter der SG Rheinfelden anders vorgestellt, in etwa so: Wenn sich die weltbesten Cross-Country-Bikerinnen am Sonntag im schwäbischen Albstadt an der Startlinie aufstellten, würde Sabine Spitz neben ihm im Publikum stehen und den jungen Nachwuchsfahrern des Vereins erklären, worauf beim Start zu achten ist, wie man unauffällig die Ellbogen ausfährt und welches Ritzel am günstigsten ist. Solche Sachen. So wird es nicht kommen.

Wenn am Sonntag die Weltcupsaison beginnt, wird Sabine Spitz in der ersten Startreihe stehen, mit Startnummer eins, als Führende der Weltrangliste - und das in ihrer 20. Wettkampfsaison, mit 41 Jahren. "Unser Jugendleiter hatte gehofft, dass ich nach meiner Silbermedaille in London den Verein mehr unterstützen würde", erzählt Spitz. Doch die SG Rheinfelden wird sich gedulden müssen: Frau Spitz hat noch viel zu viel Lust auf Mountainbike-Rennen. Karriereende? Sorry, nicht in Sicht.

Unlängst wurde der Tennis-Profi Tommy Haas nicht nur wegen seines Turniersieges in München gefeiert, sondern auch für seine Platzierung in der Weltrangliste: Rang 13, und das mit 35 Jahren - gab es noch nie, Respekt. Aber wie bitteschön schafft man es, mit 41 noch die Weltbeste zu sein? Was ist Ihr Geheimnis, Frau Spitz? "Kontinuität", heißt die simple Antwort, "und natürlich Passion, Herzblut, Hingabe, volle Fokussierung. Das lässt einen das Maximale rausholen. Aber das gilt ja für alle Lebensbereiche."

Sabine Spitz ist ein eher stiller Champion. Keine Lautsprecherin, die es ins Scheinwerferlicht drängt. Nach ihrem Olympiasieg 2008 in Peking saß sie fast unerkannt bei der Feier im Deutschen Haus und staunte still über den wilden Party-Zinnober, den die Kollegen von der Hockeyabteilung veranstalteten.

Verstecken muss sie sich mit ihrer Erfolgsbilanz beileibe nicht: Gold, Silber und Bronze bei Olympia, zwei Siege bei Welt-, drei bei Europameisterschaften und elf deutsche Meister-Titel. Die Bronze-Medaille bei der Mountainbike-Marathon-EM am vergangenen Wochenende in Singen war ihre 26. internationale Medaille - eine beispiellose Bilanz.

Dass sie nun als Weltranglisten-Erste in ihre Jubiläumssaison geht, findet sie "natürlich super", war aber nicht so geplant: "Das war nicht der Fokus bei der Rennplanung", sagt Spitz, "und Julie hat halt durch ihren Sturz zuletzt viele Punkte verloren." Julie, das ist die Konkurrentin Bresset, die Olympiasiegerin aus der Bretagne, 23 Jahre jung. Sie könnte die Tochter von Spitz sein. Doch die ficht ihr Alter nicht an: "Radsport kann man bis ins hohe Alter betreiben. Mountainbiken hat einen so hohen Erlebniswert! Daraus schöpfe ich wieder Energie für andere Dinge." Es sei eben ein Outdoor-Sport, eine wunderschöne Freizeitbeschäftigung.

Spitz sagt: "Ein Hochspringer oder ein Zehnkämpfer wird nach der Karriere sicher nicht mehr hochspringen oder zehnkämpfen. Aber ich werde immer radfahren und in der Natur entspannen." Ausnahmeschwimmer Michael Groß habe ihr mal erzählt, dass er aufgehört habe, bevor er beim immergleichen Training an den Punkt kam, im Schwimmbecken die Kacheln zu zählen. Spitz sagt: "Solange ich mich motivieren kann, fahre ich weiter. Klar, die kurzen, harten Trainingseinheiten kosten viel Überwindung. Aber das wird durch die schönen langen Fahrten im Wald ausgeglichen."

Der sehr kraftorientierte Weltcup-Kurs in Albstadt kommt ihr nicht entgegen: "Ich mag es profilierter." Vorteile sieht sie für Mannschaftskollegin Adelheid Morath: "Sie ist ein Bergfloh. Die wirft ihren Moped-Gang ein und schießt da hoch." Rund zehn deutsche Starterinnen gehen im Weltcup an den Start, doch außer Morath kann keine vorne mitfahren. "Wir haben zwar seit Jahren im weiblichen Nachwuchs immer Medaillen, aber ganz oben ist noch keine angekommen", sagt Spitz.

Trotz all ihrer Erfolge hat ihr Sport in Deutschland noch keinen wirklichen Schub erhalten - anders als zum Beispiel in der Schweiz: "Da hat Mountainbike einen ganz anderen Stellenwert. Da gibt es viel Eigeninitiative und Ex-Athleten, die sich verpflichtet fühlen, etwas von ihrem Erfolg zurückzugeben."

Darauf hofft auch der Jugendleiter der SG Rheinfelden immer noch. Sechs Weltcuprennen sowie EM und WM hat sich Sabine Spitz für dieses Jahr vorgenommen. In der heimischen Dachgeschosswohnung mit offenem Gebälk ist jedenfalls noch Raum für weitere Trophäen, sagt die Schwarzwälderin: "In der WM-Vitrine ist noch ein Platz frei und in der EM-Vitrine sind es sogar noch zwei." Na dann.

© SZ vom 18.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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