Motorsport:Formel E, die stille Alternative

Lesezeit: 2 min

Bisher sorgen vor allem Fahrer mit Formel-1-Vergangenheit für die sportliche Güte der Formel E: Nick Heidfeld fährt für Mahindra Racing. (Foto: Wu Hong/dpa)

Die elektrische Rennserie sucht im großen Motorsport-Geschäft ihren Platz: Kann sie eine Konkurrenz zur Formel 1 werden?

Von Elmar Brümmer, Suzuka

Die Akzeptanz im Motorsport fängt erst an, wenn die Rennwagen ein Rennen durchhalten können. Eine Erfahrung, die die Formel E, deren dritte Saison am Sonntag in Hongkong beginnt, noch nicht machen konnte. Für ein einstündiges Stadtrennen mit Spitzengeschwindigkeiten von 225 km/h reicht die Batteriekraft noch nicht. Aber 2018, so wollen es die Veranstalter und der Automobilweltverband FIA, müssen sich die 20 Piloten nicht mehr der Umsteigeprozedur unterziehen: McLaren liefert dann kräftigere Akkus als die Konkurrenz von Williams bisher. Dann soll es mit der Popularität der "stillen" Alternative zur Formel 1 aufwärts gehen.

Dafür sorgen könnte ein Mehrkampf der großen Automobilmarken: Renault ist als Erstausrüster beim Elektrosport dabei, Jaguar steigt an diesem Wochenende ein, Audi meldet von der kommenden Saison an ein Werksteam, BMW hat sich schon mal als Antriebsentwickler mit dem Andretti-Team verbündet - und Mercedes hat eine Option für den Start im übernächsten Jahr.

Mercedes will den Fortgang der Dinge beobachten

Insbesondere die Unterschrift von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff und das Belegfoto mit dem spanischen Formel-E-Promoter Alejandro Agag nähren Fantasien. Sollten Supermächte der Rennszene in der Formel E andocken, wäre es auch mit dem Kostendeckel von derzeit drei Millionen Euro für die zehn Rennen vorbei. Das könnte, vergleicht man es mit den Materialschlachten in der Formel 1, der Aufschwung der Formel E sein - oder der Ruin.

Rennserie
:Formel E - Hipster des Rennsports

Grün, leise, nachhaltig und der prominenteste Fan heißt auch noch Leonardo DiCaprio. Am Wochenende startet die Formel E in ihre dritte Saison - aber passen Autorennen und Umweltschutz zusammen?

Von Dominik Fürst

Ohnehin kommen sich die Rennserien näher, haben sie doch mit Liberty Media neuerdings den selben Vermarktungsherrn. Das Grundkonzept, die Rennen zu den Menschen zu bringen statt die Menschen zu den Rennen, bleibt attraktiv. Zehn Metropolen auf vier Kontinenten, darunter am 10. Juni 2017 wieder Berlin und am Saisonende New York, wollen Motorsport mit gutem Gewissen beherbergen. Die Kulissen für das Straßenspektakel waren bisher übersichtlich, weshalb die Hälfte der Austragungsorte in dieser Saison neu im Programm sind. Die Serie sucht ihren Platz, geografisch, sportlich.

Mercedes will vorerst den Fortgang der Dinge beobachten, bevor man Pläne schmiedet. Die Produktpaletten der großen Hersteller orientieren sich, das war beim Pariser Automobilsalon zu besichtigen, an anderen Energien als dem reinen Verbrennungsmotor. Für Audi gilt Elektromobilität als "eines der Schlüsselthemen der Branche". Auch BMW will mit der Partnerschaft seine Kompetenz beweisen. Wolff sieht "eine Forschungs- und Entwicklungsplattform für die Industrie".

Die Formel E könnte auf Sicht vor allem eine Konkurrenz für das Deutsche Tourenwagen-Masters werden. In der Formel 1 ist Daimler mindestens bis 2020 gebunden; dort wird mit Hybridmotoren gefahren.

Bisher sorgen vor allem Fahrer mit Formel-1-Vergangenheit für die sportliche Güte. Titelverteidiger ist der Schweizer Sébastien Buemi (ehemals Toro Rosso), nach einem Duell mit dem Brasilianer Lucas di Grassi (Virgin Racing). Zu denen, die aus der Königsklasse kommen, gehören der Belgier Jerome d'Ambrosio (Lotus), Nelson Piquet jr. (Renault), Jean-Eric Vergne (Toro Rosso) und Nick Heidfeld (BMW-Sauber). Heidfeld ist neben Rennstallbesitzer-Sohn Daniel Abt einer von zwei Deutschen im Feld. Dazu kommen zehn Test- und Reservepiloten aus Formel-1-Rennställen.

Das Grand-Prix-Prädikat ist auch in anderen Serien ein bewährtes Mittel, die Popularität zu steigern. Die Formel E geht noch weiter. Neue Fangruppen will man mit Marketing-Ideen wie jener anlocken, dass die Publikumsfavoriten per Internetabstimmung einen Boost bekommen. Das einmalige Freischalten von 100 kJ Energie macht aber je nach Ausgang der Publikumswahl schon mal Ärger. Das künstliche Spannungselement sehen Traditionalisten als Wettbewerbsverzerrung.

Monisha Kaltenborn, Sauber-Teamchefin, sprach beim Großen Preis von Japan davon, den Formel-E-Einsatz zu prüfen, man habe vor der eigenen Finanzkrise vor einem Einstieg gestanden: "Da müssen wir definitiv ein Auge drauf werfen. Es bedeutet die Zukunft." Vielleicht ist das der richtige Weg: Die Formel E ist für die Formel 1 kein Konkurrent, aber eine Ergänzung.

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Formel E
:Wie Serienautos von Formel-E-Rennwagen profitieren

Bisher müssen auf halber Strecke die Autos gewechselt werden, weil die Batterien leer sind: Seit zwei Jahren gibt es eine Rennserie für Elektroautos. Nun wollen auch Audi, BMW und Jaguar einsteigen.

Von Thomas Harloff

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: