Mönchengladbachs Talent:Entscheidende Feiertage für Marco Reus

Nach SZ-Informationen soll der FC Bayern für Mönchengladbachs Nationalspieler Marco Reus ein Angebot hinterlegt haben. Das Bieterduell mit dem BVB wird damit immer konkreter. Gute Argumente für einen Wechsel haben beide Klubs - wer am Ende das Rennen macht, entscheidet der Jungprofi wohl in den Weihnachtsferien.

Andreas Burkert

Ob Marco Reus spielen kann im Hinrunden-Finale gegen Mainz, das kann Max Eberl noch nicht sagen. Reus hat sich vor gut zwei Wochen einen Zehenbruch zugezogen, seitdem fehlt der offensive Mittelfeldspieler den Mönchengladbachern im Endspurt ihres märchenhaften Fußballjahres, in dem erstaunlicherweise nicht der Abstieg aus der ersten Liga vorkam und das den Traditionsklub vor Weihnachten tatsächlich auf einem Champions-League-Platz notiert.

Marco Reus

Könnte Borussia Mönchengladbach schon bald verlassen: Marco Reus.

(Foto: dpa)

Am Donnerstag hat Reus, 22, dank der Sonderanfertigung eines Schuhmachers erstmals wieder trainiert, "man muss warten, wie der Zeh auf die Belastung reagiert", sagte er hinterher. Wie der Zeh reagiert, das weiß Gladbachs Sportdirektor Eberl natürlich auch nicht. Aber eines wisse er ganz bestimmt: "Marco Reus ist ein wichtiger Spieler für uns."

Eberl, 38, hat das etwas schnippig gesagt, aber man muss ihn verstehen. Nur der junge VfL-Manager Eberl ist es ja gewesen, der Reus 2009 mit viel Überzeugungsarbeit vom damaligen Zweitligisten RW Ahlen zur Borussia holte, für 800.000 Euro Ablöse (über Prämien kamen noch 250.000 hinzu). Und nun wird Eberl ständig gefragt, ob man den Nationalspieler halten könne nach der herausragenden Vorrunde, in der dieser freche Blondschopf zehn Tore erzielte.

Nun muss Eberl kommentieren, dass Reus sich offenbar entschieden habe, schon im Sommer zu gehen, entweder nach Dortmund oder zum Favoriten FC Bayern. Eberl nervt das. Er verweist auf Aussagen von Bayern-Vorstand Rummenigge ("Manchmal ist es für junge Spieler keine schlechte Entscheidung, noch ein Jahr zu bleiben") und fügt hinzu: "Es gibt keinen neuen Stand und kein Angebot."

Nach SZ-Informationen haben die Bayern allerdings - wenn nicht beim VfL, dann bei Reus' Maklern - "ein Angebot hinterlegt", wie eine in die Sache involvierte Person versichert. Ihr Duell mit den Dortmundern um die Dienste des noch bis 2015 gebundenen Talents träte demnach in die entscheidende Phase. Der 22-Jährige soll schon für 2012 zum nächsten Karriere-Schritt tendieren, der über einen bis Ende Mai zu erklärenden Ausstieg aus dem Vertrag und gegen 18 Millionen Euro Ablöse möglich ist: Über die Feiertage, heißt es aus verlässlicher Quelle, wolle Reus mit seiner Familie klären, ob und wo er diesen Schritt wagen möchte. In München. Oder in Dortmund.

Aufklärende Stellungnahmen braucht man in dieser Angelegenheit so rasch nicht zu erwarten. Die Sache ist schon heiß genug. Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagt offiziell nur dies: "Zu Namen von Spielern, die noch bei anderen Vereinen unter Vertrag stehen, äußern wir uns nicht."

Die Freundin lebt in Dortmund

Das Interesse des Meisters am gebürtigen Dortmunder und BVB-Eigengewächs, das in der A-Jugend wegen angeblicher körperlicher Defizite nach Ahlen fortgeschickt wurde, ist jedoch verbrieft. Die Bayern haben ihre Begeisterung für Reus nie verhehlt, zwischendurch aber auch mal zurückhaltend geklungen. Wie Rummenigge oder auch Sportchef Christian Nerlinger, der mitteilte, man habe sich "mit dem Thema Reus noch gar nicht beschäftigt".

Aber die Dinge liegen nun anders. In einer Strategiesitzung über die beabsichtigen Transfers zum nächsten Sommer kam man offenbar überein, das Werben um den Wunschspieler des Trainers mit Macht intensivieren zu wollen.

Jupp Heynckes hat Reus schon zu seiner Leverkusener Zeit auf dem Zettel gehabt, und ein Vorteil im Fernduell mit dem BVB dürfte aus Münchner Sicht sein, dass Reus' Beratungsagentur gute Erfahrungen mit dem 66-jährigen Fußballlehrer machte: Auch der Klient Toni Kroos reifte unter ihm trotz eines vermeintlichen Überangebots zum Stammspieler: Heynckes brachte seinen Wunschspieler durch, und auch bei Reus, so ist aus dessen direktem Umfeld zu hören, wird ihm das zugetraut - trotz der Müller, Ribéry oder eines Robben, der in den nächsten Monaten vorzeitig seinen Vertrag verlängern wird.

Die Dortmunder, die das bisweilen offensive Werben der Münchner auch als taktisches Mittel gegen einen erstarkten Rivalen verstehen, wähnen sich keineswegs im Nachteil. Reus ist in ihrer Stadt verwurzelt, seine Eltern leben im Ortsteil Wickede; der Sohn hat dort noch eine Wohnung, sein Pkw ziert ein DO-Kennzeichen, die Freundin ist Dortmunderin. Und nachtragend ist Reus wegen der einstigen Geringschätzung durch die örtlichen Ausbilder angeblich nicht.

Ob sein Heimatklub in der Lage und gewillt ist, 18 Millionen Euro Ablöse zu zahlen und Reus seinerseits das mutmaßlich um ein Vielfaches höhere Gehalt der Bayern ausschlüge, das sind zwei andere Komponenten in dem Millionenspiel. "Bei den Summen, die Bayern zahlen würde, können wir nicht mithalten", sagt der Manager eines Topklubs, der ebenfalls Interesse an Reus signalisiert hat. "Und das kann Dortmund auch nicht."

Am Ende entscheidet Reus. Zuletzt hatte er erklärt, er wolle noch ein wenig die Gladbacher Entwicklung abwarten, dort fühlt er sich "schon sehr wohl". Ob er doch noch ein Jahr VfLler bleibt? Das würde Dortmunds Chancen nicht verschlechtern, denn 2013 wäre dort vielleicht tatsächlich ein Abschied von Mario Götze ein Thema - Geld für Reus gäbe es dann reichlich. Gladbacher wird er nicht mehr lange bleiben, das dürfte auch Eberl wissen. Den Wechsel ins Ausland hat Reus ausgeschlossen, ihn locken die zwei größten Bühnen der Bundesliga. Er hat jetzt die Wahl.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: