Süddeutsche Zeitung

DFB-Pokal:Leverkusen tut Gladbach gnadenlos weh

  • Im DFB-Pokal erlebt Borussia Mönchengladbach beim 0:5 gegen Leverkusen einen ganz schlimmen Abend.
  • Die Borussia hadert mit sich selbst, während Bayer nach vielen Problemen in der Liga plötzlich wieder obenauf ist.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Aus der Historie schöpfen Fußballer selten Trost. Historie ist alt, Fußball ist immer gegenwärtig. Es hat die Spieler von Borussia Mönchengladbach folglich nicht beschwichtigt, dass ihr Klub vor 20 Jahren in der Bundesliga sogar mal mit 2:8 gegen Bayer Leverkusen verloren hatte, und es hat sie auch nicht besänftigt, dass der VfB Knielingen am 13. Juli 1941 mit 0:17 bei den Stuttgarter Kickers unterlegen war - die bis dato höchste Pokalniederlage überhaupt. Das ist 77 Jahre her und war 420 Kilometer entfernt.

Für die 0:5-Niederlage der Gladbacher am Mittwochabend in der zweiten Pokalrunde gegen Leverkusen gab es keine örtliche Betäubung. Sie tat weh, sie war eine Demütigung. "Bis zum 0:3 war's ja sogar noch ganz ordentlich", sagte der Trainer Dieter Hecking, "aber das 0:4 und das 0:5 kann ich nicht akzeptieren." Wirkungslose Gladbacher wurden gnadenlos ausgekontert von einer Mannschaft, die drei Tage zuvor bereits mit 6:2 bei Werder Bremen gewonnen hatte. Bayer Leverkusen, der angeschlagene Boxer, teilt gerade mächtig aus.

Zwei Trainer, deren Vertrag in sieben Monaten ausläuft, trafen da am Mittwochabend aufeinander, und nach diesem Spiel ist man sich nicht mehr so sicher wie noch eine Woche zuvor, dass Heiko Herrlichs Zeit in Leverkusen abläuft und dass Hecking in Gladbach gewiss eine Bonuszeit erhält. Auf genau diese Entscheidungen schien sehr klar alles hinauszulaufen bei florierenden Borussen und bei stockenden Leverkusenern.

Doch dann dann schoss Bayer elf Tore in zwei Spielen und deklassierte zwei Klassenkonkurrenten, während Gladbach 1:3 in Freiburg verlor und nun zum vierten Mal hintereinander in einem Heimspiel aus dem DFB-Pokal ausschied: vor drei Jahren gegen Bremen, vor zweien gegen Frankfurt und zuletzt zwei Mal gegen Leverkusen. Gladbach krankt an einer Pokalallergie im heimischen Borussenpark. Plötzlich wirkt Hecking wieder angreifbar und Herrlich könnte die Kurve kriegen.

Die leidenden Leverkusener - in dieser Bundesliga-Saison daheim schon mehrfach etwa beim 1:3 gegen Wolfsburg, beim 2:4 gegen Dortmund und beim 2:2 gegen Hannover gedemütigt - spielen seit Sonntag (6:2 in Bremen) plötzlich wie aus einem Guss. Mit zehn defensiven Feldspielern vernagelten sie den Gladbachern den Weg zum Tor und nutzten nach Balleroberungen ihre Freiräume selbst äußerst geschickt. Julian Brandt (5.), Tin Jedvaj (45.), Karim Bellarabi (67. und 74.) sowie Kevin Volland (90.) schossen für Bayer Leverkusen zum sechsten Mal binnen 16 Jahren gegen Gladbach einen Sieg mit fünf Toren heraus: zwei Mal 5:1, vier Mal 5:0 - nicht mal gegen die Bayern haben die Borussen so oft so hoch verloren.

"Wir haben den Schwung aus Bremen mit hergenommen", sagte Herrlich erleichtert. "Wir haben jetzt zwei Mannschaften geschlagen, die bislang eine überragende Hinrunde gespielt hatten - und das auch noch zwei Mal auswärts", freute er sich. Daraus konnte man aber auch einen gewissen Respekt vor der nächsten Aufgabe heraushören: am kommenden Samstag daheim gegen Hoffenheim.

Daheim, oje. Mit vier Punkten aus vier Spielen hat Leverkusen eine der schlechtesten Heimbilanzen der Bundesliga in dieser Saison. "Aber wir wollen unseren neuen Schwung jetzt auch in dieses Spiel mitnehmen", sagt Herrlich. Für Gladbach scheint die nächste Aufgabe dagegen dankbarer zu sein: Heimspiel am Sonntag gegen Schlusslicht Fortuna Düsseldorf. Dankbar oder verhängnisvoll? Die Gefahren lauern im Fußball überall.

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