Mönchengladbach in der Champions League:Zu naiv für die große Bühne

War's das schon? Borussia Mönchengladbach verliert das Hinspiel der Champions-League-Qualifikation gegen Dynamo Kiew mit 1:3 und ärgert sich über sich selbst. Besonders Stürmer de Jong gibt Anlass zur Sorge. Der teuerste Zugang der Vereinshistorie verkörpert die erste Enttäuschung dieser Saison.

Hendrik Buchheister, Mönchengladbach

Alexander Ring hat ein schönes Tor geschossen am Dienstagabend im Champions-League-Qualifikationsspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und Dynamo Kiew. Er nahm einen Pass entgegen, den Juan Arango geschlagen hatte. Bestimmt 40 Meter segelte der Ball durch die Luft. Dann umspielte Ring einen Kiewer Verteidiger und vollendete aus rund elf Metern ins kurze Eck.

Borussia Moenchengladbach - Dynamo Kiew

So teuer und so unglücklich: Gladbachs Luuk de Jong ist über die Pleite gegen Kiew frustriert. 

(Foto: dapd)

Man kann sagen, dass in dieser Situation Passgenauigkeit und Durchschlagskraft in vollem Umfang vorhanden waren. Und doch erklärte Ring nach dem Spiel: "Uns fehlte alles ein bisschen, die Passgenauigkeit und die Durchschlagskraft." Es ging ja nicht so weiter für die Gladbacher wie in dieser 13. Minute, in der das 1:0 fiel. In dem Moment sah es aus, als würde Borussia Mönchengladbach dort weitermachen, wo die Mannschaft aufgehört hat in der vergangenen Saison.

Die Fans malten sich schon aus, wie es sein würde, wenn der FC Barcelona oder Manchester United mit tiefer Ehrfurcht die Reise an den Niederrhein antreten. Doch wenn nicht alles täuscht, haben die Mönchengladbacher ihre Chance auf die Teilnahme am lukrativen europäischen Großgeschäft am Dienstag fast schon vertan.

1:3 stand es am Ende gegen Kiew. Die Lage ist damit zwar nicht völlig aussichtslos vor dem Rückspiel am kommenden Mittwoch. Doch es scheint wahrscheinlicher, dass alle Mönchengladbacher Kneipen auf den Ausschank von Altbier verzichten, als dass der Borussia VfL 1900 diese Nummer noch umbiegt.

Nicht nur das Ergebnis spricht ja gegen die Gladbacher. Vor allem ist es ihre naive Herangehensweise an diesem Abend. Relativ einstimmig machten sie mangelnde Erfahrung im Europapokal und sorgloses Auftreten verantwortlich für ihre Niederlage. Am grundsätzlichsten formulierte Torhüter Marc-André ter Stegen die Kritik an seiner Mannschaft: "Wir machen das 1:0 und wollen immer mehr, mehr", sagte er, "aber das klappt nicht gegen einen Gegner, der so Champions-League-erfahren ist. Du kannst nach dem 1:0 nicht einfach aufmachen."

Trainer Lucien Favre - selbst ein entschiedener Gegner jeglicher übertriebener Offensive - ging detaillierter vor, als er die Verfehlungen seiner Spieler rezitierte. Wie schon nach dem 2:0 im Pokal gegen Alemannia Aachen monierte er mangelnde Präzision im Passspiel und einfache Ballverluste. Und natürlich sei auch Pech dabei gewesen.

Erinnerungen an Dortmund

Ein bisschen erinnert das alles an Borussia Dortmund in der vergangenen Champions-League-Saison. Die Ansätze des Gladbacher Spiels waren ja vielversprechend, gerade in der ersten halben Stunde, als Favres Männer 1:0 führten und ihren Vorsprung beinahe erweitert hätten. "1000 Chancen" will Granit Xhaka nach eigenen Angaben gezählt haben. Kiew reichten dagegen zwei Gelegenheiten, um noch vor der Pause 2:1 in Führung zu gehen.

Nach einer Ecke köpfte Borussias Kapitän Filip Daems den Ball in die Mitte, dort schoss Taras Michalik, Daems fälschte ab; es stand 1:1 (28. Minute). Das zweite Gegentor leiteten die Zugänge Xhaka und Luuk de Jong ein; Xhakas Pass kam ungenau, de Jong bekam den Ball nicht unter Kontrolle, und schon war Andrej Jarmolenko durchgebrochen. Dem 1:3 ging ein Foul im Halbfeld voraus. Luuk de Jong verlängerte Miguel Velosos Freistoß ins eigene Tor - dabei hätten die Männer vom Niederrhein doch gewarnt sein müssen. "Wir wussten, dass die Freistöße gefährlich sind", sagte Favre, "trotzdem machen wir das Foul."

Für den aus Enschede übernommenen de Jong ging mit diesem Eigentor ein unglücklicher Arbeitstag zu Ende. Die Gladbacher hatten ihn verpflichtet, damit er ihnen vorne mehr Potenz verschafft, aber sie hätten selbstredend lieber, wenn er ins Tor der Gegner treffen würde anstatt ins eigene. Lucien Favre sieht im Angriff sogar ein grundsätzliches Problem: "Ich denke, dass sich unsere Stürmer zu ähnlich sind", bilanzierte der Schweizer; sie würden eher im Angriffszentrum verharren, weswegen es schwierig sei, Lücken zu finden.

Dabei ist es schon ein wenig erstaunlich, dass Favre ausgerechnet die Besetzung im Angriff beklagt. Nach de Jongs Verpflichtung waren die Gladbacher eigentlich der Meinung, ausreichend variabel zu sein - und genügend Geld hat der teuerste Einkauf der Klubgeschichte mit angeblich 14 Millionen Euro ja auch gekostet.

Vielleicht gelingt dem Mann aus den Niederlanden jetzt beim Bundesligastart sein erstes Pflichtspieltor. Der Gegner dort verfügt zumindest über deutlich weniger internationales Renommee und Durchschlagskraft als Dynamo Kiew. Am Samstag ist Hoffenheim zu Gast in Mönchengladbach. Die TSG verlor unlängst 0:4 gegen einen Viertligisten im Pokal.

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