Kurioserweise durch einen verwandelten Elfmeter zum späten Ausgleich und 2:2-Endstand bei Werder Bremen sind bei Borussia Mönchengladbach mitten im Abstiegskampf Spannungen deutlich geworden. Der eingewechselte Florian Neuhaus hatte sich entgegen interner Absprachen in der Nachspielzeit den Ball einfach geschnappt und einen Handelfmeter zum freilich bedeutsamen Punktgewinn verwandelt. Das hat Mitspielern und besonders dem Trainer Gerardo Seoane allerdings überhaupt nicht gefallen, denn Neuhaus war als Schütze nicht vorgesehen gewesen und hätte der Borussia einen erheblichen Schlag verpasst, wenn er verschossen hätte.
Neuhaus ist derzeit unzufrieden, weil er kaum Einsatzzeit bekommt. Dass er sich den Elfmeter frech stibitzt hat, obwohl dafür eigentlich Julian Weigl oder Tomas Cvancara vorgesehen gewesen wären, kann man als Provokation betrachten. Entsprechend geladen war Seoane, als er sagte: "Flo hat sich nicht an die Vorgaben gehalten - gut, dass er ihn rein gemacht hat, sonst wäre es für ihn ungemütlich geworden." Neuhaus selbst sagte mit durchaus provokantem Unterton, weil nämlich in lakonischer Fußballerfloskel: "Es geht jetzt nur darum, Gladbach in der Liga zu halten, egal wie - es geht nicht um mich."
Der 27-Jährige, seit sechs Jahren bei der Borussia und zwischen 2020 und 2022 sogar zehn Mal Nationalspieler, bekommt momentan kaum Einsätze, obwohl er vergangenen Sommer seinen Vertrag bis 2027 verlängert hatte und in Gladbach eigentlich als Führungsspieler vorgesehen ist. In dieser Saison stand er in der Bundesliga bloß 15 Mal in der Startelf und spielte nur zwei Partien von Anpfiff bis Abpfiff durch, zuletzt hatte er dreimal nacheinander sogar nur auf der Bank gesessen.
Nach der Partie in Bremen sagte Seoane erkennbar angesäuert: "Ob Florian Neuhaus bei uns Spielzeit bekommt, hat vor allem damit zu tun, wie seine Trainingsleistung ist - aber die kann ich nur bewerten, wenn er trainiert, und er hat seit Wochen Probleme und hat heute nach dem Spiel auch die Kompensationsläufe nicht machen können wegen seiner Schmerzen." Derweil sagte Neuhaus in der Interview-Zone des Weserstadions: "Ich fühle mich fit, ich fühle mich gut - ich bin nicht verletzt."
Sportvorstand Roland Virkus mochte den Spannungen keine zusätzliche Nahrung geben und sagte bloß: "Dass ein Spieler, der nicht spielt, sauer ist, ist doch völlig normal." Fraglich ist, inwieweit sich der Disput zwischen Seoane und Neuhaus auf die Stimmung im Kader auswirkt. Die Borussia hat von den vergangenen neun Bundesligaspielen nur eines gewonnen und in Bremen zum zwölften Mal in dieser Saison eine Führung (1:0 Robin Hack, 8. Minute) nicht zum Sieg nutzen können (Ausgleich und Bremer Führung durch Nick Woltemade, 45. und 65.). Die nach Führungen noch verspielten Punkte summieren sich damit auf 29.
"Wir müssen diese Saison aber so was von überstehen, und danach arbeiten wir alles auf", sagte bei Sky Gladbachs Präsident Rainer Bonhof - und fügte mit Blick auf Seoane an: "Wir haben volles Vertrauen in die handelnden Personen." Mit Neuhaus könnte es unter diesen Umständen bereits im Sommer womöglich zur Trennung kommen.