Möglicher Dopingfall bei der Tour de France:Fränk Schleck spricht von "Vergiftung"

Hat die Tour de France 2012 ihren ersten offiziellen Dopingfall? Der Luxemburger Fränk Schleck bestreitet vehement die Einnahme des Mittels, das in seinem Urin nachgewiesen wurde. Ist auch die B-Probe positiv, will er Anzeige erstatten. Schleck sagt, in diesem Fall müsse er vergiftet worden sein.

In der Nacht zum Mittwoch hat Fränk Schleck die Polizeiwache in der südfranzösischen Stadt Pau wieder verlassen. Zuvor war er verhört worden - freiwillig, wie das Lager des luxemburgischen Radprofis verbreitet. Schleck sei zur Polizei gegangen, heißt es, er wolle mit den Beamten kooperieren.

Der 32 Jahre alte Schleck, Teamkollege der deutschen Profis Jens Voigt und Andreas Klöden, ist am 14. Juli positiv getestet worden. Wie der Radsport-Weltverband UCI am Dienstagabend mitteilte, wurde bei ihm das Mittel "Diuretikum Xipamide" nachgewiesen, das als Verschleierungssubstanz für Doping angewendet werden kann. Sein Team RadioShack-Nissan nahm Schleck umgehend aus der derzeit laufenden Tour de France.

Schleck wäre der erste offizielle Dopingfall der diesjährigen Tour. Diesen Eindruck will er tunlichst vermeiden. In einem Statement, das der Luxemburger noch Dienstagnacht veröffentlichte, heißt es: "Ich schließe kategorisch aus, dass ich eine verbotene Substanz genommen habe. Ich kann mir das Testergebnis nicht erklären und beantrage deshalb die Öffnung der B-Probe." Weiter schreibt Schleck: "Sollte die Analyse das erste Ergebnis bestätigen, werde ich Anzeige gegen unbekannt wegen Vergiftung erstatten."

Eine Vergiftung. Hat Schleck tatsächlich gedopt, reiht er sich in die Liste derjenigen Radprofis ein, die bei der Tour in den vergangenen Jahren mit ausgefallenen Ausreden versucht haben, ihre Unschuld zu beteuern. Alberto Contador hatte 2010 Clenbuterol im Blut, der Spanier erklärt jenen Umstand mit einem Stück Fleisch: "Ich bin das Opfer einer Nahrungsmittelverunreinigung." Floyd Landis fiel indes mit hohen Testosteronwerten auf. Seine Erklärung: Ein kräftiger Suff am Vortag. Der Whisky sei schuld gewesen.

So weit ist es noch nicht. Schleck wurde zunächst eine positive A-Probe nachgewiesen. Erst wenn die B-Probe auch positiv ist, darf von Doping gesprochen werden. Diese Probe hat Schleck bereits angefordert.

Unterstützung vom Bruder

Dopingexperte Wilhelm Schänzer zeigt sich über die Doping-Vermutungen indes verwundert. "Ich habe die Meldung mit Unverständnis zur Kenntnis genommen. Ich hatte nicht erwartet, dass ein Sportler noch Diuretika einsetzt, da diese ziemlich leicht nachzuweisen sind", sagte der Leiter des Instituts für Biochemie der Sporthochschule Köln am Mittwoch auf Anfrage des sid.

Unterstützung bekommt Fränk Schleck von seinem prominenten Bruder. Andy Schleck, der im Jahr 2010 die Tour gewann - nachdem der Sieg Contador wegen Dopings aberkannt wurde -, sagte dem Parisien: "Bei meinem Leben und bei meiner Familie, bin ich sicher, dass er nichts genommen hat."

Auch sein früherer Teamchef Bjarne Riis sagt: "Ich bin geschockt. Ich kenne ihn so viele Jahre. Ich hatte damals nie einen Verdacht." Teamkollege Jens Voigt erklärt: "Das ist kein leichter Moment für mich. Aber Fränk ist mein Freund und bleibt mein Freund. "Ich glaube ihm."

Indes hat Tourchef Christian Prudhomme den Ausstieg begrüßt: "Das ist eine weise Entscheidung, die einzig mögliche. Wir haben erfahren, dass die Kontrolle von Schleck einen abnormalen Wert aufwies. Das öffnet die Tür für viele Möglichkeiten, von einer Verwarnung bis zu einer Sperre. Das ist ein breites Spektrum."

Fränk Schleck ist den Dopingermittlern kein Unbekannter. Der Luxemburger musste 2008 nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zugeben, dem spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes Geld überwiesen zu haben. Weil ihm die Luxemburger Anti-Doping-Agentur glaubte, dass er den Skandal-Mediziner nur für Trainingspläne und nicht für Doping bezahlt hatte, wurde er nicht gesperrt.

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