Süddeutsche Zeitung

Zlatan Ibrahimovic in der MLS:Schnell raus aus der Witzliga

  • Zlatan Ibrahimovic scheitert mit LA Galaxy im Playoff-Viertelfinale und dürfte nun als Spieler nach Europa zurückkehren.
  • Bei seiner Verpflichtung hatte er Galaxy Titel versprochen, doch daraus wurde nichts.
  • Immer wieder war der Schwede über das Niveau in der US-Profifußball-Liga MLS entsetzt.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Am Ende dieser Playoff-Partie, die Los Angeles Galaxy beim Stadtrivalen LAFC mit 3:5 verlor, präsentierte Zlatan Ibrahimovic noch einmal sein Markenzeichen: das ungläubige Starren. Er war ja auch bei seinen vielen Stationen in Europa nicht gerade für Bescheidenheit oder Zurückhaltung bekannt gewesen, in den USA mischte sich die Begeisterung über eigene Fähigkeiten mit Fassungslosigkeit darüber, dass die MLS tatsächlich als Profiliga durchgeht. Ibrahimovic zeigte das Mitspielern, Gegnern und Liga-Verantwortlichen am liebsten mit diesem Gesichtsausdruck, am Donnerstagabend starrte er Kollege Jonathan dos Santos wegen einer misslungenen Ecke an. Kurz danach pfiff der Schiedsrichter ab, und das Ende dieser Saison dürfte auch das Ende dieses Gastspiels gewesen sein.

Es begann vor eineinhalb Jahren mit einer ganzseitigen Anzeige in der Los Angeles Times: ein weißes Blatt, links unten unterschrieben von Ibrahimovic, oben stand in kleinen Buchstaben: "Dear Los Angeles. You're welcome." Liebes Los Angeles, bitteschön. Die Sportstadt, die derzeit Akteure wie Kawhi Leonard und LeBron James (Basketball), Clayton Kershaw und Mike Trout (Baseball), Jeff Carter (Eishockey), Todd Gurley (Football) und Conor McGregor (Kampfsport) beheimatet, sie konnte sich nun wirklich nicht daran erinnern, "Danke" gesagt zu haben.

Man kann Ibrahimovic nicht vorwerfen, diese Liga nicht mit spektakulären Toren verwöhnt zu haben, in dieser Saison waren es 31 in ebenso vielen Partien, insgesamt schoss er 54 Treffer in 58 Spielen. Nur: Sagt das mehr über die Qualitäten des mittlerweile 38 Jahre alten Angreifers aus oder über das Niveau der Liga? Ibrahimovic sprach von sich in der dritten Person und von der MLS als Witzliga, deren System aus regulärer Spielzeit und Playoffs seiner Einschätzung zufolge für mangelnden Ehrgeiz und schlechte Leistungen sorgen würde. Er ließ die Leute immer wieder mal wissen, dass er bei Vereinen gespielt hat, bei denen der Spitzname reicht, um sie zu identifizieren: Ajax. Juve. Inter. Barça. Milan. PSG. ManUnited.

Ibrahimovic verdient in dieser Spielzeit 7,2 Millionen Dollar

Seine Mannschaft jedoch verpasste in der vergangenen Spielzeit die Playoffs, nun scheiterte sie in der zweiten Runde beim Derby - und es wird problematisch: In Los Angeles darf jeder selbstbewusst und gerne auch arrogant sein, solange er dieser Stadt Titel beschert. Wenn er allerdings permanent motzt, jeden ungläubig anstarrt und dann keine Trophäe präsentiert, dann fragen sich die Leute tatsächlich, wofür sie denn nun "Danke" gesagt haben sollen.

Ibrahimovic verdient in dieser Spielzeit 7,2 Millionen Dollar. Sie respektieren ihn in Los Angeles, sie lieben ihn jedoch nicht, so wie die Bewohner von Chicago das mit Bastian Schweinsteiger tun. Der hat zwar ebenfalls keinen Titel gewonnen hat, ist jedoch durch Teamgeist, Bescheidenheit und Besuchen bei anderen Sportvereinen der Stadt zum Liebling geworden. Ibrahimovic ist eine Attraktion geblieben, die sich nach Auftritten indes nicht beim Publikum fürs Kommen bedankte, sondern stets betonte: "Bitteschön!"

Der Vertrag von Ibrahimovic läuft noch bis Jahresende, er hatte vor den Playoffs immer wieder betont, keine spontane Entscheidung treffen zu wollen. Es heißt nun, dass mindestens drei seiner früheren Vereine (Inter, Milan, ManUnited) zumindest an einem kurzfristigen Engagement interessiert seien, und in einem Nagelstudio, in dem Ibrahimovic Stammkunde ist, erzählen sie, dass er doch ein bisschen enttäuscht darüber sei, dass ihn Hollywood noch nicht als idealen Bösewicht für einen Actionfilm entdeckt habe.

Direkt nach dem Spiel wollte sich Ibrahimovic nicht äußern. Er dürfte noch einmal nach Europa wechseln, und vielleicht gibt es bald eine Anzeige in der Los Angeles Times. Ibrahimovic hat freilich nicht "Danke" gesagt, er war ja mit ungläubigem Starren beschäftigt, aber vielleicht teilt ihm Galaxy angesichts der vielen Millionen und der kompletten Unterwerfung des Vereins ihrem Star gegenüber dann doch mit: "Dear Zlatan. You're welcome."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4655617
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/ebc/tbr
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.