Missbrauch im Sport:13 Vorfälle

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Im österreichischen Skisport ist es laut einer offiziellen Untersuchung zu Missbrauch gekommen. Eine Kommission unter dem Vorsitz einer Familienrichterin bestätigt 13 Fälle, unter anderem auch am Skigymnasium Stams.

Von Johannes Knuth, München

Es war eine kleine Lawine, die Nicola Werdenigg lostrat, als die ehemalige Skirennläuferin aus Österreich im November 2017 erstmals über sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch im Skisport sprach. In der Folge meldeten sich weitere mutmaßliche Opfer, die von Übergriffen an Internaten und im Österreichischen Skiverband (ÖSV) in den 1960er und 70er-Jahren sprachen, worüber auch die Süddeutsche Zeitung berichtete. Das Bundesland Tirol setzte damals eine Kommission ein, um jene 13 gemeldeten Vorfälle zu untersuchen, die sich am Skigymnasium Stams und in der Skihauptschule Neustift ereignet haben sollen. In dem finalen Bericht, den die Kommission jetzt vorlegte, wurden diese Vorwürfe nun bestätigt.

Andrea Wibmer-Stern leitete das unabhängige Gremium, dem Experten aus Justiz, Bildung und Sport angehörten. Sie steht dem Bezirksgericht Kufstein vor, arbeitet seit mehr als 30 Jahren als Familienrichterin und hat über viele Missbrauchsfälle geurteilt. "Wir sind bei unserer Arbeit auf eine doppelte Abhängigkeit der Schüler gestoßen", sagt Wibmer-Stern auf Anfrage. Da manche Lehrer damals auch Trainer waren, sei die Abhängigkeit damals noch intensiver gewesen. Ansonsten habe es zwischen beiden Systemen, dem Sport und der Schule, nur eine geringe Kooperation gegeben. "Ich muss aber auch betonen, dass das mittlerweile ganz anders ist. In der Gegenwart gibt es seit Jahren einen regen Austausch", so Wibmer-Stern. Ob in den untersuchten Fällen weiter ermittelt wird, entscheiden nun Staatsanwaltschaft und Justizministerium.

Im Fall der ehemaligen Skihauptschule Neustift stehen zwei einstige Lehrkräfte im Fokus. Ein ehemaliger Heimleiter soll in den 1970er-Jahren Jungen sexuell missbraucht haben. Bei einer Sitzung, in der ein Vorfall damals offenbar thematisiert wurde, war laut einem Protokoll auch ein hochrangiger ÖSV-Funktionär anwesend (was der Betroffene abstreitet). Das hatte der Standard berichtet, der auch Werdeniggs Aussagen veröffentlicht hatte. Ein zweiter Lehrer machte nach Übergriffen Ende der 1990er-Jahre weiter Karriere im Schuldienst. In Stams kam es damals zu Vorfällen unter Schülern. Der ÖSV, der sich gerne für die Nachwuchsarbeit an den Schulen gerühmt hatte, stritt eine "institutionelle Mitverantwortung" stets ab. Eine Schnittmenge habe es aber natürlich schon gegeben, sagt Wibmer-Stern, "der Verband kooperiert ja mit den Skischulen."

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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